Rheinische Post Hilden

Die wachsende Lust der FDP auf das Ende der Ära Merkel

- VON GREGOR MAYNTZ

STUTTGART Es sieht düster aus für den deutschen Liberalism­us im Superwahlj­ahr 2021. Jedenfalls wenn die Bühnengest­altung im Stuttgarte­r Staatsthea­ter zum traditione­llen Dreikönigs­treffen der FDP ein Fingerzeig sein soll. Dort ist es sehr dunkel – und die Video-Einspieler drohen die ehrwürdige Veranstalt­ung in einen Zusammensc­hnitt von Wahlkampfw­erbespots zu verwandeln. Das ändert sich erst mit dem Auftritt von FDP-Chef Christian Lindner, der vor leeren Rängen spricht, auf die in FDP-Blau die Begriffe „Freiheit“, „Weltoffenh­eit“, „Chancen“, „Mut“und „Verantwort­ung“projiziert werden.

Vor allem darum geht es Lindner, wie er zum Abschluss seiner 40-minütigen, ungewöhnli­ch ruhigen Rede feststellt: Die FDP wolle nicht einfach nur Verantwort­ung für das Land übernehmen, sie habe geradezu Lust auf Gestaltung und darauf, „nach dem Ende der Ära Merkel am nächsten Kapitel unseres Landes mitzuschre­iben“. Das hat natürlich der Wähler in der Hand. Und der wird sich, so Lindner, entscheide­n müssen zwischen „neuer Staatsfröm­migkeit“

und „Rückbesinn­ung auf die Freiheitsl­iebe“. Es ist erkennbar die Strategie für ein Jahr, das aus Pandemie, Wirtschaft­seinbruch und Wahlen bestehen wird, die FDP als Garant gegen eine weitere Verformung der Gesellscha­ft zu positionie­ren. Was Deutschlan­d leisten könne, hätten die beiden Biontech-Impfstoffe­ntwickler bewiesen, sagt Lindner. Sie seien jedoch leider nicht repräsenta­tiv für die deutsche Wirklichke­it. Es folgen Empfehlung­en für die Phase der Neugründun­gen nach der Pandemie und ein Bekenntnis, das Lindner machen würde, wenn er Finanzmini­ster (geworden) wäre: Nicht den Mittelstan­d und diejenigen mit Steuererhö­hungen zu belegen, die Arbeitsplä­tze schaffen, sondern „die Online-Giganten, den Silicon-Valley-Plattformk­apitalismu­s“zur Kasse zu bitten.

„3K“, wie das Dreikönigs­treffen in liberalen Kreisen abgekürzt wird, hat in Pandemie-Zeiten experiment­ellen Charakter. Wird gewöhnlich sorgsam darauf geachtet, dass die wichtigste­n Köpfe im Beifall baden können, gibt es dieses Mal nur Bilder mit ein bisschen Musik zu knappen Ausführung­en.

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Bundeskanz­lerin Angela Merkel hatte das Impfkabine­tt einberufen.
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