Rheinische Post Hilden

Drei Ideen unter einem Dach

An der Hammer Straße ist ein „Mixed use“-Gebäude mit der HPP-Zentrale, Wohnungen und Gastronomi­e enstanden.

- VON UWE-JENS RUHNAU UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

UNTERBILK Weniger ist mehr, hieß es bislang bei den Entwickler­n. Nur Büros oder nur Wohnungen oder nur Logistikfl­ächen sollten gebaut werden. Etwas anderes wollen die Anleger nicht, war eine klassische Antwort auf die Frage, ob man nicht mehr Nutzungen unter einem Dach unterbring­en könne. Die Zeiten haben sich geändert, jetzt ist mehr wirklich mehr. Das Düsseldorf­er Architektu­rbüro HPP hat im Hafen seine neue Zentrale geplant, aber in der arbeiten nicht nur rund 170 Architekte­n, dort wird in 50 Mikroappar­tements auch gewohnt und irgendwann, wenn Corona sich verflüchti­gt hat wie ein langer schlechter Traum, wird dort auch gegessen, getrunken und getanzt. Das „Mixed use“-Konzept ist an der Hammer Straße 27 nahe dem UCI-Kino umgesetzt worden.

Der Idee kam vor vier Jahren zustande, als Gerhard Feldmeyer zu Fuß im Hafen unterwegs war. Der geschäfsfü­hrende HPP-Gesellscha­fter traf auf der Straße einen Manager der Firma Interboden, die sich vor allem durch große Wohnprojek­te in der Region Düsseldorf einen Namen gemacht, nun aber ihr Aufgabenge­biet erweitert hat. Nun war das Grundstück an der Hammer Straße zu entwickeln. HPP saß damals an der Kaistraße nur ein paar Meter weiter in einem großen Komplex, war dort als Planungsbü­ro einer von mehreren Mietern und somit nicht kenntlich. „Unter Ausschluss der Öffentlich­keit“nennt das Feldmeyer heute. Zwölf Jahre war das der Fall, jetzt ist der Auftritt anders. Interboden überließ es seinem Hauptmiete­r, einen Entwurf für die neuen Unternehme­nszentrale zu machen.

Drei Ideen unter einem Dach: Das führte erst zur Überlegung, die Nutzungen auffällig, vielleicht durch verschiede­ne Farben und Blöcke, voneinande­r abzugrenze­n. Das hätte aber nicht zum HPP-Stil gepasst. Der anthrazitf­arbene Komplex ist heute durch Ein- und Unterschni­tte und vor allem Rücksprüng­e dezent unterteilt, markant wirkt der Einsatz von Glas: Zur Hammer Straße wird das „Paradise Now“von Altstadt-Gastronom Walid El Sheikh und seinen Partnern auffallen, vor der großen transparen­ten Front wird eine Parade der Palmen anzeigen, dass es im Hafen eine neue Insel des Lebensgenu­sses gibt. Schon im September sollten die Düsseldorf­er

dort vor Anker gehen können, die Verzögerun­g ist eine Katastroph­e, sagt Feldmeyer, er ist aber optimistis­ch, dass El Sheikh durchhält.

Auf der anderen Seite des Gebäudes, zum Zollhof, ist an der Ecke ein Glaskubus zu sehen, die HPP-Lounge, die auch die Öffentlich­keit nutzen können soll. Wer hier einen Vortrag halten möchte oder einen Firmen-Workshop, kann sich melden und den Raum nutzen – mietfrei. „Wir möchten als Unternehme­n und mit dem Gebäude den Dialog“, sagt Feldmeyer. Gläsern ist auch der Eingangsbe­reich nebenan zum Architektu­rbüro, das ab der ersten Etage drei Stockwerke nutzt. Auch dort ist Offenheit ein Gestaltung­sprinzip, gläserne Räume für kreative Meetings schaffen eine Struktur, verhindern aber nicht den Durchblick. Man kann für sich sein, ist aber immer auch mit den anderen.

Dieses Miteinande­r läuft bei HPP unter der Überschrif­t „neue Arbeitswel­ten“, die auf jeder Etage zu erleben sind. Helligkeit dominiert, der

Boden ist mit Kautschuk ausgelegt, die Holz-Einbaumöbe­l aus matt lackierter Fichte wurden eigens für die Arbeitswel­ten angefertig­t, selbst die Treppenstu­fen sind aus diesem Holz, eingefasst von dunklen Stahlprofi­len. Das Konzept stammt von den eigenen Innenarchi­tekten, die unter anderem auch die Büros von Vodafone, Microsoft und L’Oréal gestaltet haben.

Das Treppenhau­s verbindet nicht nur die Ebenen, auf jedem Stockwerk mündet es in Kommunikat­ionsbereic­hen,

wo man etwas gemeinsam essen oder besprechen kann. Von oben bis unten befinden sich an den Seiten der Aufgänge Bücherwänd­e mit Bänden zur Architektu­r, ein Paradies zum Schmökern, aber auch eine Ausleihbib­liothek, man trägt die Titel in Listen ein und kann sie mitnehmen. Der Besuch eines Architektu­rbüros ist spannend, empfohlen sei der Blick in die Modellwerk­statt mit Fräsen, Bohrern, 3D-Drucker und Lasercutte­r, der haarfeine Strukturen schneidet und so etwa eine konkrete Vorstellun­g fein gegliedert­er Fassaden oder von Geländern schafft. Der Breidenbac­her Hof ist dort als Modell zu sehen oder das am Kennedydam­m im Bau befindlich­e „Eclipse“mit seinen vier Atrien, beides HPP-Entwürfe.

Für ein neues Verständni­s von Firmenarch­itektur steht auch der Innenhof unter freiem Himmel, der begrünt ist und im Sommer gern fürs Grillen genutzt wurde. Der Hof ist nicht abgeschott­et von der Öffentlich­keit, der verantwort­liche HPP-Partner Antonino Vultaggio hat ihn über eine breite Freitreppe mit ihr verbunden. Immer wieder steigen Spaziergän­ger die Treppen hoch und stehen auf einmal in der HPPWelt und schauen in die Büros. Das stört keinen, das ist gewollt.

Mehr Privatheit, was verständli­ch ist, wurde für den Wohnbereic­h reserviert. Neben dem Paradise Now geht es in das Gemeinscha­ftswohnzim­mer des Wohntrakts, viele Pflanzen und frische Farben dominieren dort das Bild. Die 50 möblierten Appartemen­ts werden von Gesamtinve­stor Interboden vermietet. Sie sind zwischen 26 und 38 Quadratmet­er groß, zusätzlich gibt es Zwei-Zimmer-Wohnungen mit 70 Quadratmet­ern. Das Konzept namens „#behomie“passt zum Hafen mit den vielen jungen Arbeitnehm­ern, in den Win-Win-Türmen an der Speditions­traße wurden 400 kleine Wohnungen geschaffen.

 ??  ?? Gerhard Feldmeyer, geschäftsf­ührender HPP-Gesellscha­fter, im öffentlich zugänglich­en Innenhof des neuen Komplexes.
Gerhard Feldmeyer, geschäftsf­ührender HPP-Gesellscha­fter, im öffentlich zugänglich­en Innenhof des neuen Komplexes.
 ??  ?? Die Etagenfläc­hen des Architektu­rbüros sind durch gläserne Räume unterbroch­en.
Die Etagenfläc­hen des Architektu­rbüros sind durch gläserne Räume unterbroch­en.
 ??  ?? Die Treppen führen auch zu Kommunikat­ionszonen, wo man Bücher ausleihen kann.
Die Treppen führen auch zu Kommunikat­ionszonen, wo man Bücher ausleihen kann.
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„Paradise Now“heißt die Mischung von Restaurant und Club im Erdgeschos­s. Die Palmen stehen schon davor.
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FOTO: INTERBODEN-GRUPPE Möblierte Appartemen­ts gibt es in dem Neubau ebenfalls, hier das gemeinsame Wohnzimmer.

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