Die Reaktionen auf den Bündnisvertrag
CDU und Grüne in Düsseldorf haben ihr Regierungsprogramm vorgelegt. Opposition und Interessenverbände bewerten das Papier ganz unterschiedlich – und weisen auf mögliche Probleme in den nächsten Jahren hin.
DÜSSELDORF Das Bündnis aus CDU und Grünen hat sein Programm vorgelegt, am Montag sollen die Mitglieder der Zusammenarbeit zustimmen. Inzwischen gibt es viele Reaktionen auf das 92 Seiten lange Papier, das festlegt, wie sich Düsseldorf bis ins Jahr 2025 entwickeln soll.
Die Opposition im Stadtrat hat naturgemäß viele Schwachpunkte ausgemacht – und ganz unterschiedliche. Die Spitzen der SPD-Fraktion, Markus Raub und Marina Spillner, sehen einen „Minimalkonsens“und viele „Formelkompromisse“. Nach ihrer Lesart haben CDU und Grüne so verhandelt, dass beide gleich viele „Kröten schlucken“mussten. „Zu entscheidenden Zukunftsfragen für das künftige Leben der Düsseldorfer*innen bleiben sie konkrete Antworten schuldig.“
In der Wohnungspolitik vermisst die SPD mehr Engagement für bezahlbaren Wohnraum, etwa durch einen höheren Anteil geförderten Wohnraums oder soziale Erhaltungssatzungen. Beim Verkehr beklagen die Sozialdemokraten das Fehlen einer „messbaren Zielgröße“für den Radwegebau. Die SPD kritisiert außerdem, dass die Beitragsfreiheit für U3-Kinder nur für Einkommen von bis zu 40.000 Euro gelten soll. Damit breche Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) ein zentrales Wahlversprechen.
Auch die FDP hält den Vertrag für zu vage, aus Sicht von Fraktionschef Manfred Neuenhaus ist er in zentralen Punkten „nicht ausverhandelt“. Die Liberalen haben vor allem drei Kritikpunkte. Sie werfen SchwarzGrün zu viel „Staatsgläubigkeit“vor und befürchten, dass das Bündnis mit der angekündigten Besetzung von 1500 freien Stellen den Verwaltungsapparat aufbläht und dadurch den Haushalt hoch belastet. Die FDP würde sich mehr Vertrauen in das Handeln der Bürger wünschen.
Aus Sicht von Neuenhaus bleibt der Vertrag außerdem die Antwort auf zwei brennende Fragen schuldig. Es fehlten Aussagen dazu, wie Düsseldorf konkret den lokalen Unternehmen in der Corona-Krise helfen wolle. „Dazu gibt es nur warme Worte.“Außerdem lasse der Vertrag eine Festlegung dazu vermissen, wie die vielen Vorhaben finanziert werden sollen. Neuenhaus befürchtet, dass Schwarz-Grün die Corona-Krise als „Feigenblatt“für eine massive Neuverschuldung nimmt.
Die Linkspartei macht unterdessen zwar „wenige Lichtblicke“bei der Kinder-, Jugend- und Kulturpolitik aus und lobt „ein paar halbwegs vernünftige Ansätze“beim Klimaschutz, befürchtet aber Stillstand in den wichtigen Politikfeldern Wohnen und Verkehr. Fraktionssprecherin Julia Marmulla kritisiert, für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen sei „die Verabredung eine Nullnummer“. Der Kampf gegen die Wohnungsnot komme zum Stillstand. Co-Sprecherin Anja Vorspel meint, die Grünen hätten sich „und ihre Wählerschaft durch die Koalition mit den Konservativen getäuscht“. Es bleibe beim Vorrang fürs Auto. Die Linke kritisiert zudem, dass CDU und Grüne nicht eine offene Gesellschaft verteidigen wollten, sondern „die verstärkte Gängelung der Bevölkerung durch den Ordnungs- und Servicedienst“planten. Hintergrund ist der Plan, 150 neue Stellen in den Außendiensten des Ordnungsamts zu schaffen.
Begeistert zeigt sich derweil der Fahrradclub ADFC. „Mobilität, Klima und Umwelt an die erste Stelle zu setzen, ist bemerkenswert und ambitioniert“, sagt Lerke Tyra, stellvertretende Vorsitzende. „Das weckt hohe Erwartungen an eine deutlich schnellere Umsetzung guter Radwege in der Landeshauptstadt.“Der
ADFC begrüßt besonders, dass Straßen gerechter geplant und Flächen anders aufgeteilt werden sollen. „Da werden wir die neue Stadtregierung beim Wort nehmen“, so Lerke Tyra.
Dirk Jansen von der Umweltorganisation BUND zieht ein gemischtes Fazit. „Unterm Strich wird Düsseldorf mit der Vereinbarung deutlich grüner“, ist sein erster Eindruck. „Vor allem bei der Verkehrspolitik haben sich aber die konservativen Beharrungskräfte durchgesetzt.“
Jansen lobt die Anstrengungen für den Klimaschutz, die Absage an neue Baugebiete auf der grünen Wiese und das Programm zur Pflanzung von 5000 Bäumen. Er macht aber einige Schwachstellen aus. In der Verkehrspolitik vermisst er trotz guter Ansätze eine „konsequente Abkehr vom Leitbild der autogerechten Stadt“. Bei zwei umstrittenen Infrastrukturprojekten sieht er keine gute Lösung aus Sicht der Umweltschützer: Die Absage an den Bau eines Containerterminals am Hafen Reisholz bewertet er als „zu vage“, die Kapazitätserweiterung des Flughafens werde gar nicht ausgeschlossen. „Wie das mit den Klimaschutzzielen in Einklang zu bringen ist, erschließt sich mir nicht.“
Wie berichtet, hatte es aus der Wirtschaft Lob gegeben. Industrieund Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer kündigten an, die Kooperation zu unterstützen. Von einem „guten Fundament für die Wirtschaft“sprach IHK-Präsident Andreas Schmitz. Er lobte, dass der Gewerbesteuer-Hebesatz konstant bleibe. Auch die Pläne für eine Verkehrswende bewertet er positiv. Aus Sicht von Handwerkskammer und Kreishandwerkerschaft wurden die Schwerpunkte richtig gesetzt.