Behinderten zu Überfall gedrängt
Weil er zwei Jugendlichen gefallen wollte, wurde der 26-Jährige zum Räuber.
GERRESHEIM (wuk) Weil er unbedingt Freunde finden wollte, war ein 26-Jähriger zu allem bereit – sogar zu einem Raubüberfall. So hieß es am Montag in einer Anklage vor dem Jugendgericht gegen den geistig Behinderten und zwei 18-Jährige.
Diese beiden Jugendlichen sollen ihn im Juli 2019 losgeschickt haben, um mit einer Sturmmaske und einer echt wirkenden Softair-Pistole einen Kiosk in Gerresheim auszurauben. Mit einem 20-Euro-Schein ließ sich der 26-Jährige damals vom Büdchen-Betreiber abspeisen, gab die Beute sofort seinen neuen „Freunden“. Das Amtsgericht sprach alle drei Angeklagten schuldig. Es behielt sich eine Bestrafung der Jugendlichen noch vor und verurteilte den Behinderten zu einem Jahr Bewährungsstrafe.
Wie leicht der 26-Jährige damals anzustiften war, beschrieb seine Betreuerin in der Verhandlung. Sie bezeichnete ihren „geistig schwer behinderten“Schützling als „unglaublich freundlich, schüchtern, höflich und ehrgeizig. Er will immer einen guten Eindruck hinterlassen, will unbedingt Freunde haben und ist sehr leicht zu beeinflussen.“Dabei könne der formell erwachsene Mann, der inzwischen im betreuten Wohnen lebt, „nicht lesen, nicht schreiben und nicht rechnen“, so die Betreuerin weiter. Auch habe der 26-Jährige keinerlei Vorstellung von Geldwerten, könne also nicht unterscheiden, ob es sich um 20 oder um 300 Euro handele: „Er wäre aus dem Kiosk auch mit einem Euro gegangen.“
Andererseits nutze der 26-Jährige sein großes Kommunikationstalent dazu, sich seine Defizite möglichst nicht anmerken zu lassen. Doch die Behinderung des Mannes sollen die Mitangeklagten gezielt ausgenutzt, ihn mit Maske und Spielzeugpistole ausgestattet zum Kiosk-Überfall geschickt haben. Schon kurz nach dem Raub fasste die Polizei das Trio noch in Tatortnähe. Alle drei haben die Vorwürfe eingeräumt. Ob die Jugendlichen wegen schädlicher Neigungen mit Freiheitsstrafen belegt werden müssen, will das Gericht noch abwarten und ihre weitere Entwicklung beobachten. Da der 26-Jährige wegen der Behinderung nur eingeschränkt schuldfähig ist, aber doch Recht von Unrecht unterscheiden kann, hielten die Richter eine Bewährungsstrafe für ausreichend. Nicht geistig behinderten Erwachsenen droht für bewaffneten Raub eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft.