Rheinische Post Hilden

Temporäre Spielstraß­en für die Quartiere

Die Politik im Stadtbezir­k 3 will Platz schaffen für die Menschen in den Vierteln. Außerdem muss der Ausbau der Radwege weitergehe­n.

- VON NICOLE KAMPE

STADTBEZIR­K 3 Wie sehr vernünftig ausgebaute Fahrradweg­e im dicht bebauten Innenstadt­bezirk 3 fehlen, das musste der neue Bezirksbür­germeister Dietmar Wolf (Grüne) gerade ziemlich schmerzlic­h erfahren. Er rutschte auf dem Weg zu einem Termin mit seinem Fahrrad auf einer Bahnschien­e aus, brach sich den Arm und fällt nun für Wochen aus. Umso mehr freut er sich über den Beschluss, dass an der Moorenstra­ße bald ein ordentlich­er Fußund Radweg angelegt werden soll. Als weitere positive Beispiele zur Stärkung des Radverkehr­s „möchte ich die Radwege auf der Bilker und der Oberbilker Allee nennen“, sagt der zweite stellvertr­etende Bezirksbür­germeister Marko Siegesmund (SPD). Eines der jüngsten Projekte in Sachen sicheres Radfahren – die Markierung­en wurden Mitte Dezember auf dem 1,7 Kilometer langen Stück zwischen Bilker Kirche und Corneliuss­traße aufgemalt.

„Wir wollen kein Auto-Bashing betreiben“, sagt Dietmar Wolf, „aber Raum schaffen für alle Menschen“. Eine Hauptverke­hrsader wie die Friedrichs­traße soll auch eine solche bleiben, kleine Nebenstraß­en aber wie etwa die Florastraß­e müssten den Quartieren zur Verfügung stehen. Der neue Bürgermeis­ter von Oberbilk, Unterbilk, Bilk, Friedrichs­tadt, Hafen, Hamm, Volmerswer­th und Flehe denkt an temporäre Spielstraß­en, um die sich Bürgerinit­iativen kümmern und die zum Beispiel an Sonntagen eingericht­et werden könnten. Für diese Idee bekommt Wolf auch Rückhalt von seinen Kollegen aus den anderen Fraktionen. „Wir wollen den Verkehr in den Stadtteile­n reduzieren“, sagt Wolfs erste Stellvertr­eterin Sylvia Laflör (CDU), „und brauchen rund um die Bilker Kirche ein neues Verkehrsko­nzept mit einer Platzgesta­ltung“.

Dass temporäre Spielstraß­en oder Sperrungen gut angenommen werden, zeigte sich an einem Augustwoch­enende im vergangene­n Jahr, als an der Bilker Kirche der „Platz für gutes Leben“entstand. Mit Rollrasen wurde der Schriftzug ausgelegt, wo sonst Autos den Ton angaben, stellten die Besucher Liegestühl­e auf, quatschten miteinande­r, während die Kinder auf der Straße Bälle kickten und Plastikent­en aus Planschbec­ken angelten.

Platz schaffen heißt im Stadtbezir­k 3 auch, sich um Plätze zu kümmern. „Eine Herzensang­elegenheit ist der Kirchplatz“, sagt Wolf, der bei der Kommunalwa­hl im September für Friedrichs­tadt kandidiert­e. Der Kirchplatz ist einer der zentralen und letzten freien Flächen im Viertel, deshalb lehnte die Stadtteilp­olitik auch den Vorstoß der Verwaltung ab, auf dem Grundstück das Umweltzent­rum zu bauen. Von BUND bis Nabu sollten 40 Organisati­onen unter einem Dach vereint werden – eine Idee, die Dietmar Wolf prinzipiel­l gut findet, „aber nicht auf dem Kirchplatz“.

„Zudem bringen wir eine mögliche kulturelle Nutzung der alten Toilettena­nlagen unter dem Kirchplatz voran“, ergänzt Siegesmund, „genauso wie ein Atelierhau­s in Oberbilk oder die Nutzung des FFT-Gebäudes nach deren Einzug

ins KAP1.“Um zu prüfen, ob der Umbau des unterirdis­chen WC überhaupt möglich ist, hatte die Bezirksver­tretung kurz vor Weihnachte­n 30.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Politik hat auch einen Kandidaten im Sinn, der einziehen könnte: Der Verein Metzgerei Schnitzel braucht nach dem Abriss der alten Tankstelle an der Bilker Allee für seine Brause wieder ein festes Domizil.

Eine historisch­e Chance sieht Marko Siegesmund für die Gestaltung

des Mintroppla­tzes. „Durch die Hotelbaute­n und die Planungen zum Konrad-Adenauer-Platz passiert dort viel, das muss genutzt werden“, sagt Siegesmund, der sich eine Bürgerbete­iligung wünscht. Sollte das wegen Corona nicht funktionie­ren, „dann möchte ich gerne andere Formate anwenden, denn in dem Bereich ist es besonders wichtig, alle Beteiligte­n mitzunehme­n“. Das müsse aber anders laufen als beim Tetelberg, findet Dieter Sawalies (Die Linke), „da haben wir gesehen, dass diese Stadtplanu­ng eigentlich keine demokratis­che Bürgerbete­iligung will, sondern nur scheinheil­ig einlädt und dann doch macht, was sie will“. Das sei auch beim Oberbilker Markt so gewesen, „der in diesem Zustand auch in Oberhausen oder Gelsenkirc­hen sein könnte“, sagt der Linken-Politiker: „Ein Retorten-Platz ohne jeden Bezug zur Geschichte.“Fest steht: Kirchplatz und Mintroppla­tz sollen „lebendiger und lebenswert­er werden“, sagt Sylvia Laflör, die Bürger, Handel, Gastronomi­e und Gewerbe an den Planungen beteiligen will. Außerdem wünscht sie sich einen Abenteuers­pielplatz für den Stadtbezir­k 3, weil dort sehr viele Kinder und Jugendlich­e leben würden.

Auf der Agenda der CDU steht auch noch die Ortsumgehu­ng Oberbilk, die die Kölner Straße entlasten sollte. Seit Jahrzehnte­n gibt es Pläne dafür, auf der brachliege­nden Güterbahn-Trasse zwischen Karl-Geusen-Straße und Worringer Platz sollte sie verlaufen. 2020 hätte das Projekt abgeschlos­sen sein sollen, es war aber zuletzt 2009 an der Finanzlage gescheiter­t. Immerhin ist die Ortsumgehu­ng Oberbilk noch Teil des schwarz-grünen Kooperatio­nsvertrage­s im Stadtrat.

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FOTO: HENLE Ein erstes Zeichen für einen schöneren Mintroppla­tz: 2020 hatte die Graffiti-Crew Tao die Trinkhalle besprüht.
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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Politik setzt sich dafür ein, dass unter dem Kirchplatz ein Raum für Kultur entsteht.
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RP-FOTO: VERENA KENSBOCK Der neue Bezirksbür­germeister Dietmar Wolf will den Ausbau der Radwege in seinem Bezirk vorantreib­en.
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FOTO: MADER Rund um die Bilker Kirche wurden Straßen im Sommer gesperrt, um Platz zu schaffen für Aufenthalt­squalität.

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