Temporäre Spielstraßen für die Quartiere
Die Politik im Stadtbezirk 3 will Platz schaffen für die Menschen in den Vierteln. Außerdem muss der Ausbau der Radwege weitergehen.
STADTBEZIRK 3 Wie sehr vernünftig ausgebaute Fahrradwege im dicht bebauten Innenstadtbezirk 3 fehlen, das musste der neue Bezirksbürgermeister Dietmar Wolf (Grüne) gerade ziemlich schmerzlich erfahren. Er rutschte auf dem Weg zu einem Termin mit seinem Fahrrad auf einer Bahnschiene aus, brach sich den Arm und fällt nun für Wochen aus. Umso mehr freut er sich über den Beschluss, dass an der Moorenstraße bald ein ordentlicher Fußund Radweg angelegt werden soll. Als weitere positive Beispiele zur Stärkung des Radverkehrs „möchte ich die Radwege auf der Bilker und der Oberbilker Allee nennen“, sagt der zweite stellvertretende Bezirksbürgermeister Marko Siegesmund (SPD). Eines der jüngsten Projekte in Sachen sicheres Radfahren – die Markierungen wurden Mitte Dezember auf dem 1,7 Kilometer langen Stück zwischen Bilker Kirche und Corneliusstraße aufgemalt.
„Wir wollen kein Auto-Bashing betreiben“, sagt Dietmar Wolf, „aber Raum schaffen für alle Menschen“. Eine Hauptverkehrsader wie die Friedrichstraße soll auch eine solche bleiben, kleine Nebenstraßen aber wie etwa die Florastraße müssten den Quartieren zur Verfügung stehen. Der neue Bürgermeister von Oberbilk, Unterbilk, Bilk, Friedrichstadt, Hafen, Hamm, Volmerswerth und Flehe denkt an temporäre Spielstraßen, um die sich Bürgerinitiativen kümmern und die zum Beispiel an Sonntagen eingerichtet werden könnten. Für diese Idee bekommt Wolf auch Rückhalt von seinen Kollegen aus den anderen Fraktionen. „Wir wollen den Verkehr in den Stadtteilen reduzieren“, sagt Wolfs erste Stellvertreterin Sylvia Laflör (CDU), „und brauchen rund um die Bilker Kirche ein neues Verkehrskonzept mit einer Platzgestaltung“.
Dass temporäre Spielstraßen oder Sperrungen gut angenommen werden, zeigte sich an einem Augustwochenende im vergangenen Jahr, als an der Bilker Kirche der „Platz für gutes Leben“entstand. Mit Rollrasen wurde der Schriftzug ausgelegt, wo sonst Autos den Ton angaben, stellten die Besucher Liegestühle auf, quatschten miteinander, während die Kinder auf der Straße Bälle kickten und Plastikenten aus Planschbecken angelten.
Platz schaffen heißt im Stadtbezirk 3 auch, sich um Plätze zu kümmern. „Eine Herzensangelegenheit ist der Kirchplatz“, sagt Wolf, der bei der Kommunalwahl im September für Friedrichstadt kandidierte. Der Kirchplatz ist einer der zentralen und letzten freien Flächen im Viertel, deshalb lehnte die Stadtteilpolitik auch den Vorstoß der Verwaltung ab, auf dem Grundstück das Umweltzentrum zu bauen. Von BUND bis Nabu sollten 40 Organisationen unter einem Dach vereint werden – eine Idee, die Dietmar Wolf prinzipiell gut findet, „aber nicht auf dem Kirchplatz“.
„Zudem bringen wir eine mögliche kulturelle Nutzung der alten Toilettenanlagen unter dem Kirchplatz voran“, ergänzt Siegesmund, „genauso wie ein Atelierhaus in Oberbilk oder die Nutzung des FFT-Gebäudes nach deren Einzug
ins KAP1.“Um zu prüfen, ob der Umbau des unterirdischen WC überhaupt möglich ist, hatte die Bezirksvertretung kurz vor Weihnachten 30.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Politik hat auch einen Kandidaten im Sinn, der einziehen könnte: Der Verein Metzgerei Schnitzel braucht nach dem Abriss der alten Tankstelle an der Bilker Allee für seine Brause wieder ein festes Domizil.
Eine historische Chance sieht Marko Siegesmund für die Gestaltung
des Mintropplatzes. „Durch die Hotelbauten und die Planungen zum Konrad-Adenauer-Platz passiert dort viel, das muss genutzt werden“, sagt Siegesmund, der sich eine Bürgerbeteiligung wünscht. Sollte das wegen Corona nicht funktionieren, „dann möchte ich gerne andere Formate anwenden, denn in dem Bereich ist es besonders wichtig, alle Beteiligten mitzunehmen“. Das müsse aber anders laufen als beim Tetelberg, findet Dieter Sawalies (Die Linke), „da haben wir gesehen, dass diese Stadtplanung eigentlich keine demokratische Bürgerbeteiligung will, sondern nur scheinheilig einlädt und dann doch macht, was sie will“. Das sei auch beim Oberbilker Markt so gewesen, „der in diesem Zustand auch in Oberhausen oder Gelsenkirchen sein könnte“, sagt der Linken-Politiker: „Ein Retorten-Platz ohne jeden Bezug zur Geschichte.“Fest steht: Kirchplatz und Mintropplatz sollen „lebendiger und lebenswerter werden“, sagt Sylvia Laflör, die Bürger, Handel, Gastronomie und Gewerbe an den Planungen beteiligen will. Außerdem wünscht sie sich einen Abenteuerspielplatz für den Stadtbezirk 3, weil dort sehr viele Kinder und Jugendliche leben würden.
Auf der Agenda der CDU steht auch noch die Ortsumgehung Oberbilk, die die Kölner Straße entlasten sollte. Seit Jahrzehnten gibt es Pläne dafür, auf der brachliegenden Güterbahn-Trasse zwischen Karl-Geusen-Straße und Worringer Platz sollte sie verlaufen. 2020 hätte das Projekt abgeschlossen sein sollen, es war aber zuletzt 2009 an der Finanzlage gescheitert. Immerhin ist die Ortsumgehung Oberbilk noch Teil des schwarz-grünen Kooperationsvertrages im Stadtrat.