„Covid-Tote sind fast an der Tagesordnung“
Bestatter bekommen die steigende Zahl der Corona-Toten zu spüren. Sie beklagen, dass der Berufsstand nicht als systemrelevant gilt.
DÜSSELDORF Die Corona-Krise wird für die Bestatter zunehmend zur Herausforderung. In Düsseldorf stieg die Zahl der Toten, die mit Covid-19 infiziert waren, am Freitag auf 159. Damit starben alleine 27 Menschen seit Beginn des Jahres an oder mit Corona, 37 Tote verzeichnete die Stadt im Dezember. Die Zahl der Verstorbenen ist mit Beginn der zweiten Corona-Welle im Herbst rapide gestiegen. Zum Vergleich: Von Mai bis September starben in Summe ebenfalls 27 Menschen, die zuvor positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.
Den Anstieg bekommen auch die Bestatter in Düsseldorf deutlich zu spüren, sagt Claus Frankenheim, der ein Bestattungshaus mit acht Standorten in Düsseldorf, Mettmann und Krefeld führt. „Im ersten Lockdown hatten wir vielleicht einen Corona-Fall in zwei Wochen. Jetzt sind Corona-Tote fast an der Tagesordnung“, sagt Frankenheim. Etwa drei Menschen, die mit dem Virus infiziert waren, bestattet er jede Woche, in der Spitze seien es auch bis zu fünf Tote wöchentlich.
Für die Bestatter bedeuten die Beerdigungen von Corona-Toten vor allem einen erhöhten Aufwand. So liegt die Organisation der Beerdigungen und die Einhaltung der Corona-Regeln auf den Friedhöfen auch in ihren Händen. Sie müssen Listen mit den Beerdigungsgästen führen und Einlasskontrollen am Friedhof durchführen. Hinzu komme, dass etwa das Krematorium in Düsseldorf derzeit keine Leichenschau bei Covid-Toten durchführt, die vor der Einäscherung aber notwendig ist. Die Stadt hat sich dazu entschlossen, die Leichenschau in die Gerichtsmedizin zu verlegen – auch, um den Schutz des Krematoriumpersonals zu gewährleisten, sagt ein Stadtsprecher. Darum fahren die Bestatter die Leichname in die Rechtsmedizin zur Untersuchung, betten sie danach wieder in den Sarg und fahren dann erst zur Einäscherung ins Krematorium.
Dort seien die Abläufe trotz der Pandemie und der steigenden Todeszahlen unverändert, so der
Stadtsprecher. Die Corona-Toten würden lediglich von den anderen Verstorbenen getrennt. Zudem empfiehlt das Robert-Koch-Institut, den Sarg stets geschlossen zu halten. Eine offene Aufbahrung ist darum derzeit nicht möglich. Auch Beisetzungen im Leichentuch für muslimische Beerdigungen auf dem Friedhof Itter bietet die Verwaltung derzeit nicht an.
Die Bestatter und ihre Mitarbeiter setzen sich bei ihrer Arbeit dennoch einem Infektionsrisiko aus.
Das NRW-Gesundheitsministerium warnt, dass beim Anheben und Umlagern, beim Waschen und Fönen eines Toten mit Corona-Infektion Aerosole austreten könnten. Die Verstorbenen bekommen darum eine Maske, sagt Frankenheim. Und auch die Bestatter müssen während der Arbeit Schutzkleidung tragen. Das Gesundheitsministerium des Landes empfiehlt den Bestattern im Umgang mit Corona-Toten Schutzmaßnahmen, die für Risikogruppen gelten. Dazu zählen neben der Schutzkleidung auch Hygienekonzepte, die die Bestatter aufstellen müssen. Sie müssen Abfälle, die kontaminiert sein könnten, nach besonderen Regeln entsorgen, ebenso wie Krankenhäuser. Claus Frankenheim spricht von einem deutlich erhöhten Aufwand. „Ich will nicht von einem Müllproblem reden“, sagt er. „Aber wir brauchen deutlich mehr Materialien.“Der Leichnam selbst sollte dem Gesundheitsministerium zufolge zur Bestattung in einen Leichensack verpackt werden, der anschließend von außen desinfiziert und dann eingesargt wird.
Der Bundesverband Deutscher Bestatter, der seinen Sitz in Düsseldorf hat, fordert bereits seit Beginn der Pandemie die Anerkennung des Bestatterhandwerks als systemrelevant. In einigen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und auch Thüringen ist das bereits der Fall. In Nordrhein-Westfalen bislang aber nicht.
Die Systemrelevanz hätte große Vorteile für die Arbeit der Handwerksbetriebe. Sie würden wie andere unverzichtbare Berufsstände leichter an derzeit knappes Arbeitsmaterial wie Masken, Schutzbrillen und Desinfektionsmittel kommen. Ohne die Schutzkleidung könne die Sicherheit der Bestatter nicht gewährleistet werden. Sie müssten vor Infektionen geschützt werden, um das Bestattungswesen aufrecht zu erhalten, Verstorbene zu bestatten und den Angehörigen zur Seite zu stehen, heißt es von dem Verband. Bestatter und deren Personal hätten mit dem Status „systemrelevant“zudem Zugang zu regionaler Notbetreuung ihrer Kinder. Und: Sie
würden in der Reihenfolge der Corona-Impfungen nach oben rutschen.
Die Immunisierung sei Claus Frankenheim besonders wichtig. „Ich will meine Mitarbeiter schützen“, sagt er. Darum würde er sein Team auch dazu ermutigen, sich impfen zu lassen, sobald das möglich ist. Auch, damit sie im Extremfall mit einer steigenden Zahl von Corona-Toten den Betrieb aufrecht erhalten können. Wann er und seine Mitarbeiter beim Impfen an der Reihe sind, wisse er aber noch nicht, sagt der Bestatter.