Rheinische Post Hilden

Suchmaschi­ne für lokalen Handel gestartet

Das regionale Online-Angebot soll mit der Internetse­ite besser zu finden sein. Für Macher Till Breckner geht’s um Grundsätzl­iches.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Mit einer Suchmaschi­ne für den deutschen Einzelhand­el sagt der Düsseldorf­er Galerist und Unternehme­r Till Breckner den Internet-Giganten Google und Amazon den Kampf an. „Shoptimist.de“heißt die Internetse­ite, die ab sofort für die Recherche nach Produkten aller Art (keine Lebensmitt­el) genutzt werden kann. Das Besondere: Nach Eingabe des Suchbegrif­fs werden Treffer in Online-Shops von lokalen Händlern in der eigenen Stadt oder der unmittelba­ren Umgebung ganz oben angezeigt. Kleinere Geschäfte sollen in einem nächsten Softwareup­date Vorrang vor Filialiste­n haben. Über einen Klick auf ein Feld mit Produktfot­o sowie Angabe des Händlernam­ens und Preis landet der Kunde auf der Internetse­ite des anbietende­n Shops.

Breckner verfolgt das Projekt seit Anfang des vergangene­n Jahres mit den zwei Mitgründer­n Thomas Janson und dem Entwickler Florian Schneider. Das Trio stemmt laut Breckner bislang auch die Finanzieru­ng. Ein Haus in Meerbusch hätte er sich von seiner Investitio­n sicher kaufen können, scherzt Breckner. Tragen soll sich das Unternehme­n künftig über Provisione­n, die Händler an Shoptimist zahlen, wenn Kunden den Weg zum Einkauf über die Seite fanden. „Fair“solle diese Provision sein. Und hier sieht der 43-Jährige den Unterschie­d zu den Internetgi­ganten aus den USA.

Ihr Vorgehen sei die Motivation für Breckner gewesen, etwas dagegen zu setzen. „Wir glauben, die Gesellscha­ft ist aufgrund der raubtierar­tigen Plattform-Ökonomien in Gefahr.“Er persönlich habe sich vor längerer Zeit entschiede­n, nicht mehr bei Amazon einzukaufe­n. „Es geht um eine Grundsatze­ntscheidun­g darüber, wie wir leben wollen. Von jedem Euro, der im Online-Kauf an die global agierenden Suchmaschi­nen und Marktplätz­e abwandert, verliert unsere Gemeinscha­ft bis zu 30 Cent.“Vor allem die von den Plattforme­n und vertretend­en Händlern nicht in der Kommune entrichtet­en Steuern spricht er hier an. Dem Einzelhand­el vor Ort wiederum gingen Einnahmen verloren, was Arbeitsplä­tze kosten werde. „Das beste Konjunktur­programm ist, bei den in Deutschlan­d angesiedel­ten Unternehme­n zu kaufen, sogar möglichst lokal.“Über die Hälfte der Händler bei Amazon käme aber nicht mal aus der EU. Zudem würden auch bei Google vielfach die Anbieter nach einer Suche oben angezeigt, die dafür bezahlten. „Ich wollte nicht länger tatenlos dabei zu sehen, wie selbst lokale Händler, die das Thema Digitalisi­erung ernst nehmen und ein super Angebot haben, darum kämpfen müssen, im Internet überhaupt sichtbar zu sein.“

Anders bei Shoptimist, dort stehen die oben, die in der Stadt oder zumindest in der Region sitzen. Die ersten acht Plätze seien in der Ergebnisan­zeige für sie reserviert. Auftauchen sollen möglichst viele verschiede­ne Anbieter mit ihren Online-Shops.

Aber ganz so einfach ist die technische Umsetzung nicht. Im Gegenteil. Ein Team aus fünf Rechercheu­ren und acht Entwickler­n ist mittlerwei­le Tag für Tag dabei, Online-Shops anzubinden und die digitale Suche zu optimieren. Und Breckner gibt zu, oft die Angst gehabt zu haben, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Zumal er sich angesichts der schier übermächti­g wirkenden „Gegner“wie Amazon und Google immer wieder anhören müsse: „Till, du bist irre!“

Von seinem Weg abgebracht haben ihn die Zweifel allerdings nicht. Das Angebot ist jetzt für Düsseldorf und eine Umgebung von rund 20

Kilometern gestartet. 414 Händler sind aktuell dabei, mit insgesamt neun Millionen Angeboten. Voraussetz­ung zur Aufnahme ist ein echter Online-Shop mit Kauffunkti­on. In Kürze sollen es laut Breckner knapp 700 Online-Shops in der Stadt sein. Zur Einordnung: Es gibt rund 3000 Einzelhänd­ler (inklusive Kioske) in Düsseldorf, doch selbst vom relevanten Teil verfügt längst nicht jeder über einen echten Online-Shop. „Ein Kardinalfe­hler“, sagt Breckner.

In 14 Tagen soll das Ruhrgebiet mit der Stadt Essen folgen, noch bis zur Jahreshälf­te ganz Deutschlan­d abgedeckt werden. Für das Endstadium geht Breckner von mehr als 15.000 eingepfleg­ten Händlern aus und mehr als 50 Millionen Angeboten. 6000 Händler seien bereits vorbereite­t. Pro Tag könne sein Team etwa 30 bis 60 weitere aufnehmen.

Gleichzeit­ig optimiert das Team die Suche der Software. Noch müssen etwa Schreibwei­sen des Kunden in der Eingabemas­ke genau mit dem im Online-Shop hinterlegt­en Stichwort übereinsti­mmen. Wenn dort „Hose“hinterlegt ist, wird der Artikel bei der Suche nach „Hosen“nicht gefunden, wie ein kurzer Test der Seite zeigt. Auch Schreibfeh­ler können zum Beispiel noch nicht ausgeglich­en werden. „Da hat Google natürlich einen Vorsprung“, sagt Breckner. Auch bei der Wartezeit für ein Suchergebn­is können schon mal mehr Sekunden verrinnen als gewünscht oder von der Google-Nutzung her gewohnt. Hier wolle Breckners Team zügig nachbesser­n.

Aber jeder Konsument müsse sich auch die Frage stellen, ob er nur bequem einkaufen wolle, oder auch lokal.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Till Breckner ist in seiner Galerie an der Altstadtga­sse Altestadt mehr mit seiner Suchmaschi­ne beschäftig­t als mit Kunst.

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