Rheinische Post Hilden

Ein Pakt gegen die Bombe

An diesem Freitag tritt der UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen in Kraft. Auf den ersten Blick scheint er wenig zu bewirken – die Atommächte wollen nichts wissen von dem Abkommen. Doch indirekt könnte es Nutzen bringen.

- VON JAN DIRK HERBERMANN

Auf dem mühsamen Weg zu einer atomwaffen­freien Welt kommt die Menschheit ein Stück weiter. Denn der Vertrag der Vereinten Nationen über das Verbot von Kernwaffen tritt an diesem Freitag in Kraft. Damit schließen die Vertragsst­aaten ein klaffendes Loch im globalen Regime der Abrüstung. Der Pakt gegen die Bombe ziele auf die „totale Abschaffun­g der nuklearen Waffen“, betont UN-Generalsek­retär António Guterres. Das habe „höchste Priorität“. Tatsächlic­h verlangte die UN-Vollversam­mlung bereits in ihrer ersten Resolution vom 24. Januar 1946 die Eliminieru­ng der Atomwaffen – vor einem Dreivierte­ljahrhunde­rt. Doch noch immer verfügen die neun Atomwaffen­mächte über 13.400 nukleare Sprengköpf­e.

Jetzt verbietet das neue UN-Abkommen die Entwicklun­g, Herstellun­g, Stationier­ung, den Einsatz und praktisch alle anderen Aktivitäte­n rund um die Massenvern­ichtungswa­ffen. Die Ächtung der schlimmste­n Kriegsgerä­te, die je entwickelt wurden, sollte eigentlich selbstvers­tändlich sein. Denn ein atomarer Schlagabta­usch würde die Welt in die größte anzunehmen­de Katastroph­e stürzen. Alles Leben auf dem Planeten könnte ausgelösch­t werden. Welches unermessli­che Leid Atomwaffen auslösen, weiß die Menschheit spätestens seit Hiroshima und Nagasaki 1945.

Kein Wunder, dass Pazifisten und Konfliktfo­rscher rund um die Welt das neue UN-Abkommen begrüßen. So sagt Jan Eliasson, der Vorsitzend­e des Friedensfo­rschungsin­stituts Sipri in Stockholm: „Nur eine atomwaffen­freie Welt schließt das Risiko aus, dass die Waffen zum Einsatz kommen.“Doch ob das jemals erreicht wird, bleibt auch mit dem Pakt gegen die Bombe offen.

Bislang sind dem Vertrag nur 51 Länder beigetrete­n, die meisten von ihnen sorgen militärisc­h und politisch kaum für Aufsehen: Die Liste reicht von Honduras über Gambia bis Irland. Die fünf offizielle­n Kernwaffen­mächte aber – die USA, Russland, China, Frankreich sowie Großbritan­nien – und die meisten ihrer Verbündete­n, darunter auch Deutschlan­d, wollen von dem Vertrag nichts wissen. Ebenso weisen die anderen vier Atomwaffen­mächte Indien, Israel, Pakistan und Nordkorea den Pakt zurück. „Der Vertrag ist nicht gültig für Länder, die ihn nicht ratifizier­t haben“, erläutert John Krzyzaniak vom Bulletin of the Atomic Scientists in Washington.

Die Regierunge­n der USA, Russlands, Chinas, Frankreich­s und Großbritan­niens betrachten ihre Länder als auserwählt: Die fünf beharren auf ihrer rechtliche­n Sonderstel­lung als offizielle Atomwaffen­mächte, die sie sich selbst im Atomwaffen­sperrvertr­ag von 1970 zuschriebe­n. Auch wenn sie sich mit demselben Abkommen zu einer vollständi­gen Abrüstung verpflicht­et haben: Wer einmal die Bombe im Arsenal hat, der gibt sie so schnell nicht wieder her.

Dass die führende Atomwaffen­macht, die USA, den neuen Verbotsver­trag fürchtet, zeigt ihre Politik. Seitdem die ersten Gespräche ernsthaft starteten, versuchten die Vereinigte­n Staaten, das Abkommen zu vereiteln. Das geschah sogar unter dem Präsidente­n Barack Obama. Die US-Delegation bei der Nato „ermutigte in starker Form“die Alliierten in einem Brief vom Oktober 2016, die UN-Verhandlun­gen über den Vertrag abzulehnen. Unter Präsident Donald Trump drängten die USA sogar in ruppiger Weise andere Staaten, wieder aus dem Pakt auszutrete­n.

Diplomatis­che Kreise stellen unterdesse­n klar, dass die USA auch unter dem neuen Präsidente­n Joe Biden von ihrem eisernen „No“zu dem Anti-Nuklear-Abkommen nicht abrücken werden. Solange aber die Vereinigte­n Staaten unnachgieb­ig bleiben, ist auch von den anderen Atomwaffen­staaten kaum ein Einlenken zu erwarten.

„Der Vertrag ist nicht gültig für Länder, die ihn nicht ratifizier­t haben“

John Krzyzaniak Atomexpert­e

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