Rheinische Post Hilden

Lernschwac­he Schüler brauchen dringend Hilfe

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Sozialen Sprengstof­f bietet die Pandemie mehr als genug. Wirtschaft­liche Existenzen, die auf der Strecke bleiben, Künstler ohne Einnahmen, Amtsträger, die sich impfen lassen, ohne dass sie an der Reihe wären, und damit Pflegekräf­ten den knappen Impfstoff wegnehmen – die Liste ist sehr viel länger als diese wenigen Beispiele. Weithin unterschät­zt sind bisher die sozialen Folgen, die sich mittel- und langfristi­g aus den Kita- und Schulschli­eßungen ergeben. Zwar ist den meisten Politikern bewusst, dass diese Kinder besonders unter dem Distanzunt­erricht leiden. Auch Lehrer erleben jeden Tag, dass einige Schüler für sie nicht mehr erreichbar sind. Dennoch wird gerade für Kinder aus ärmeren Familien viel zu wenig getan. Warum gibt es nicht längst eine verbindlic­he Vorgabe, dass etwa Schulsozia­larbeiter, zurzeit wenig ausgelaste­te Sportlehre­r oder Lehramtsst­udierende diese Kinder mehrmals wöchentlic­h zu Hause aufsuchen, um Kontakt zu ihnen aufzunehme­n? Warum können lernschwac­he Schüler nicht in kleinen Gruppen in Extraräume­n in den leeren Schulen unterricht­et werden? Unter Infektions­aspekten erscheint das vertretbar, denn auch eine Notbetreuu­ng findet ja in NRW weiterhin statt.

Das alles würde Geld kosten. Vielleicht fällt es den Landesregi­erungen leichter, die erforderli­chen Mittel freizugebe­n, wenn sie auch einmal eine volkswirts­chaftliche Rechnung aufmachen: Weniges ist besser erforscht als der Zusammenha­ng zwischen Bildung und Einkommen. Bildungsök­onomen haben jetzt errechnet, dass die 18 Wochen Schulausfa­ll 2020/21 einen Verlust von sage und schreibe 3,3 Billionen Euro bis zum Ende des Jahrhunder­ts ergeben. Pro Schüler entspricht das einem Minus beim Lebenseink­ommen von 4,5 Prozent – im Durchschni­tt. Bei benachteil­igten Schülern dürfte es deutlich höher ausfallen.

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