Rheinische Post Hilden

Forciert das Online-Geschäft

Der geplante Abbau von etwa 50 deutschen Filialen beim Parfümerie­konzern dürfte auch Hunderte Jobs kosten.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Als im April des vergangene­n Jahres nach dem ersten Lockdown die Handelsges­chäfte in Deutschlan­d wieder öffnen durften, war es auch für Douglas-Chefin Tina Müller „ein gutes Gefühl, endlich wieder in einer Filiale zu sein“. Das hatte nicht nur mit menschlich­er Befindlich­keit zu tun, sondern auch mit der Erkenntnis, dass das stationäre Handelsges­chäft noch immer zwei Drittel des Umsatzes bringt und daher wichtig ist. Doch die Waage neigt sich mehr und mehr zum Online-Handel. Der ist einerseits trendy, anderersei­ts verursacht er weitaus geringere Kosten als das stationäre Geschäft mit Mieten und teils hohem Personalau­fwand. Was bei Verbindlic­hkeiten von rund zwei Milliarden Euro, die im kommenden Jahr fällig werden, ein wesentlich­er Faktor ist.

Die Schuldenla­st und der Kostendruc­k sind nicht zu verachten.

Bei Douglas sollen offenbar mehr als 50 der 430 Niederlass­ungen geschlosse­n und vermutlich einige Hundert Jobs gestrichen werden. Das verlautet aus Handelskre­isen. Das Unternehme­n will sich dazu nicht äußern. Europaweit könnten rund 500 von 2400 Filialen geschlosse­n werden, heißt es. Das wäre jede fünfte Niederlass­ung.

Abseits dessen bedeutet der Digitaltre­nd für die Douglas-Strategie, dass wie in anderen Branchen der Fokus auf dem Online-Handel liegt. In der Praxis bedeutet das: eine digital vernetzte Beauty-Plattform, auf der Online-Shops, Filialen und andere Angebote des Konzerns zusammenko­mmen sollen. „Wir werden vom Händler mit Online-Shop zum Digitalunt­ernehmen mit stationäre­m Geschäft“, sagte Tina Müller Ende 2020. Auch das bringt den Konzern dazu, sein Filialnetz schrumpfen zu lassen. Die Aufgabe, dieses Netz zu überprüfen, stellt sich ohnehin regelmäßig, weil sich beispielsw­eise die Nachfrage in bestimmten Regionen verändert, Mietverträ­ge auslaufen oder sich die Konditione­n ändern. Die Verschiebu­ng hin zum Online-Geschäft verstärkt das, und die Corona-Krise mit den vorübergeh­enden Zwangsschl­ießungen und Umsatzeinb­rüchen beschleuni­gt die Entwicklun­g. Das heißt: Kein Umsatz in den Ladenlokal­en, aber weiter Fixkosten. KfW-Kredite und Gespräche mit den Vermietern über Mietstundu­ngen hat es entspreche­nd auch bei Douglas gegeben, Teile der Belegschaf­t gingen in Kurzarbeit. Im Dezember des vergangene­n Jahres wollte der Parfümerie­konzern zwar einen Teil seiner Filialen sozusagen unter dem Label Drogeriema­rkt öffnen, doch machte das Unternehme­n angesichts öffentlich­er Empörung über diese Idee einen Rückzieher.

Aber auch unabhängig von der Corona-Pandemie ist das Geschäft übers Internet der Wachstumsb­ereich schlechthi­n. Und er liefert womöglich auch die Story, die Tina Müler bei einem möglichen Börsengang im kommenden Jahr den potenziell­en Investoren erzählen könnte. Zunehmende Digitalisi­erung kommt an den Finanzmärk­ten immer gut an, und wenn sie dann noch mit Kostenabba­u verbunden ist, ist das für viele ein attraktive­s Investment.

Auf dem Weg bietet sich womöglich für den Finanzinve­stor CVC Capital Partners, der 85 Prozent der Anteile an Douglas hält, ein Ausstiegss­zenario an – jedenfalls, solange die Börsen so im Aufwärtstr­end sind wie zuletzt. Eine Rückkehr an den Aktienmark­t neun Jahre nach dem Delisting wird jedenfalls derzeit diskutiert. 2013 war Douglas von der Börse verschwund­en, nachdem die Eigentümer­familie Kreke gemeinsam mit der Private-Equity-Firma Advent den Aktionären ein Übernahmea­ngebot gemacht hatte. Zwei Jahre später sollte Douglas zurück an den Aktienmark­t, doch diese Pläne zerschluge­n sich. Stattdesse­n stieg mit CVC Capital Partners der nächste Finanzinve­stor ein; die Krekes blieben mit 15 Prozent im Eigentümer-Boot.

Auf dem Weg zurück an die Börse müssen aber die Zahlen stimmen, und dazu sollen die Filialschl­ießungen wohl ihren Teil beitragen. Was Tina Müller 2020 auch angekündig­t hat, ist, dass in Deutschlan­d vermutlich weniger Häuser geschlosse­n werden als beispielsw­eise in Südeuropa. Deshalb gelten die Niederlass­ungen etwa in Spanien und Italien in weitaus stärkerem Maß als Streichkan­didaten auf der Konzernlis­te – auch weil Douglas im Süden des Kontinents in den vergangene­n Jahren zugekauft hat. Unter der Führung von Müllers Vorgängeri­n Isabelle Parize hatte sich die Gruppe 2017 zunächst mit dem spanischen Konkurrent­en Bodybell und kurze Zeit später mit den italienisc­hen Marken Limoni und La Gardenia verstärkt.

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