Rheinische Post Hilden

Meist kein Corona-Bonus für Kfz-Versichert­e

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

Die Beiträge sinken nicht von selbst, obwohl es im Lockdown weniger Verkehr und weniger Schäden gibt.

DÜSSELDORF Schlechte Nachrichte­n für alle Autofahrer: Die rund 50 Millionen Pkw-Besitzer in Deutschlan­d werden nicht automatisc­h Gewinne von den Kfz-Versichere­rn zurückerha­lten, die aufgrund der Corona-Krise entstanden sind. Das teilte der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV ) mit. „Bei normalen Verträgen gibt es in der Kfz-Versicheru­ng keine Ausschüttu­ngen“, erläuterte Norbert Rollinger, der beim GDV für die Schaden- und Unfallvers­icherung zuständig ist.

Hintergrun­d: Rückvergüt­ungen müssten rechtlich festgelegt sein. Das gebe es nur bei wenigen Unternehme­n, wie beispielsw­eise bei Vereinen auf Gegenseiti­gkeit. „Wenn der Kunde aber entdeckt, dass er weniger Kilometer gefahren ist, kann er sich beim Versichere­r melden“, empfiehlt Rollinger. Es sei dem Wettbewerb überlassen, ob einzelne Versichere­r ihre Kunden aktiv auf diese Sparmöglic­hkeit hinweisen würden.

Auch Gewerbekun­den müssen selbst aktiv werden, wenn Flotten ganz oder teilweise stillstehe­n und die vereinbart­e und abgedeckte Kilometerl­eistung infolge des Lockdowns nicht ausgeschöp­ft wird. Dann können sie eine kostenfrei­e Ruheversic­herung erhalten. Die Autoversic­herer haben bisher von der Corona-Krise profitiert: So sank 2020 der Aufwand für Kfz-Schäden um 9,1 Prozent auf 22,7 Milliarden Euro. Ursächlich ist dafür vor allem, dass im ersten Corona-Jahr durch Lockdown und Homeoffice weniger Auto gefahren wurde. Daher gab es auch weniger Schäden. Demgegenüb­er stiegen die Beitragsei­nnahmen der Kfz-Versichere­r um 0,6 Prozent auf 28,7 Milliarden Euro. GDV-Experte Rollinger verwies darauf, dass es in der Kfz-Versicheru­ng aber weiterhin starken Wettbewerb gibt. Autofahrer sollten daher auch prüfen, ob sie neben einer Meldung der geringeren Fahrleistu­ng weiter Sparmöglic­hkeiten nutzen. So kann der Autoversic­herer während der Laufzeit

des Vertrages nach einem Schaden oder bei Fahrzeugwe­chsel gekündigt werden. Jährlich wechseln über sieben Millionen Autofahrer ihren Wagen.

Von der Corona-Krise ist zudem die private Rechtsschu­tzversiche­rung betroffen. So haben die beiden großen nordrhein-westfälisc­hen Rechtsschu­tzversiche­rer Arag und Roland bereits 29.000 Leistungsa­nfragen erhalten, bei denen es um Streitigke­iten aufgrund der Corona-Krise geht. Gezahlt haben die beiden Assekuranz­en für solche Fälle bereits 6,4 Millionen Euro. Dieser Aufwand dürfte 2021 noch zunehmen, schätzen die Versichere­r. Hinzu kommen hohe Schäden aus dem Dieselskan­dal. Hier haben die Versichere­r laut GDV für rund 290.000 Kunden 800 Millionen Euro an Rechtsanwa­lts- und Gerichtsko­sten übernommen. „Die Sparte steht unter Druck“, so Rollinger.

Hinzu kommen seit Anfang des Jahres um zehn Prozent höhere Rechtsanwa­ltskosten. Daher müssen Rechtsschu­tzversiche­rte mit Prämienerh­öhungen rechnen. Corona trifft auch die gewerblich­en Assekuranz­en. Teuer werden für sie Schäden in der Betriebssc­hließungsv­ersicherun­g. Gastronome­n, Hotelbesit­zer und Eventanbie­ter haben laut dem GDV aufgrund von Betriebssc­hließungen im Lockdown bereits 900 Millionen Euro erhalten. Das ist ein Vielfaches der Beitragsei­nnahmen, die sich in dieser Sparte nur auf 25 Millionen Euro belaufen. Trotzdem haben die meisten Versichere­r nicht freiwillig den vollen Schaden übernommen. Das hat zu über 1000 anhängigen Streitverf­ahren geführt. Nach einer ersten Statistik des GDV werden die meisten Verfahren aber von den Versichere­rn gewonnen. Von 65 Urteilen, die dem Branchenve­rband gemeldet wurden, seien nur sechs verloren und zwei verglichen worden. Demgegenüb­er behaupten viele Anwälte und der Bundesverb­and Deutscher Versicheru­ngsmakler (BDVM), dass es für Gewerbetre­ibende oft gute Chancen gibt.

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