Beiträge: Eltern ärgern sich über Stadt
Die Stadt bucht die Beiträge für Betreuung und Verpflegung in Kita und OGS nach einer Corona-Pause geballt Mitte Februar ab – bei 2300 Fällen im Durchschnitt 421 Euro pro Kind. Eltern kritisieren die Informationspolitik.
HILDEN Smail Sakiri ist entsetzt: Vor kurzem hatten seine Frau und er ein Schreiben der Stadt Hilden im Briefkasten. Darin fordert die Verwaltung eine stattliche Summe: 1640 Euro soll die Familie bis zum 15. Februar für die Betreuung und die Verpflegung der drei Kinder zahlen. Die Stadt hatte im vergangenen Jahr die Abbuchungen gestoppt, da die Berechnung der Beiträge durch die Corona-Krise und den dadurch bedingten Ausfall von Betreuungszeiten erst möglich war, nachdem sich die Politik im Juni dazu entschieden hatte, auf einen Teil der Forderungen zu verzichten. Die Stadt hatte die Elternbeiträge danach erstmals im August wieder abgebucht, ist dann aber von Beschwerden überhäuft worden, da es oft zu Fehlern gekommen sei, erklärt Stadtkämmerin Anja Franke. Daraufhin habe man entschieden, erst einmal „aufzuräumen“, bevor weitere Beiträge abgebucht werden sollten.
Jeder Beitrag musste individuell ausgerechnet werden – bei der angespannter Personallage hat sich diese Arbeit lange hingezogen. „Wir sind ziemlich entsetzt, dass die Stadt wieder einmal nicht in der Lage war, die Forderungen rechtzeitig einzuziehen und sie erst im Nachhinein kommen. Wir sind uns sicher, dass viele Eltern solche Schreiben im Briefkasten hatten und ähnlich wie wir entsetzt über die Praktiken sind“, sagt Smail Sakiri. Rund 2300 neue Bescheide sind in den vergangenen Wochen an Eltern in Hilden verschickt worden.
Die Forderungen belaufen sich auf rund eine Million Euro, im Durchschnitt müssen die Eltern pro Fall 430 Euro zahlen, bei mehreren Kindern summiert sich der Betrag. Diese Gebühren wären sonst monatlich abgebucht worden – nun müssen mehrere Monate, davon zwei beitragsfreie und zwei jeweils mit 50 Prozent berechnet, auf einen Schlag bezahlt werden. Wer sein Konto nicht im Blick und das Geld nicht zurückgelegt hat, dürfte in Schwierigkeiten geraten.
Die Forderungen seien rechtlich gesehen seit der Übersendung der Bescheide fällig. „Wegen des Zeitverzuges zwischen Betreuung und Bescheiderstellung wird bis zum 15. Februar allerdings weder gemahnt, noch werden Nebenforderungen erhoben. Darüber wurden die Eltern in einem Informationsschreiben informiert. Die Eltern sollen damit die Möglichkeit erhalten, in Ruhe zu entscheiden, ob offene Beträge in einer Summe gezahlt werden oder eine andere Zahlungsvereinbarung, zum Beispiel Ratenzahlung, getroffen werden soll“, erklärt Stadtkämmerin Anja Franke. Sollte keine Ratenzahlung vereinbart worden sein und trotzdem nicht gezahlt werden, verschickt die Stadt ab Mitte Februar Mahnungen, einschließlich Nebenforderungen, wie
Franke erklärt.
Die Stadt hatte ihr Vorgehen im April, im Mai und auch darüber hinaus kommuniziert – die Rheinische Post hat mehrfach darüber berichtet. Einen Infobrief an alle Betroffenen habe es aber nicht gegeben. „Das ist nicht koordinierend gelaufen“, sagt Anja Franke. Im Dezember hat die Stadt allen Eltern ein Schreiben geschickt, in dem die Lage und die Forderungen erklärt wurden.
Trotzdem haben viele Eltern bei der Verwaltung angerufen, nachdem sie die Gebührenbescheide nun im Briefkasten entdeckt haben: „Es haben sich circa 350 Eltern gemeldet, meistens um sich noch mal zu vergewissern, ob sie den Inhalt des Schreibens richtig verstanden haben, um abweichende Zahlungsvereinbarungen zu treffen oder um den offenen Betrag noch einmal zu erläutern“, erklärt Anja Franke.
Nicht alle waren freundlich. „Uns habe viele Anfragen der betroffenen Eltern erreicht. Der Großteil der Gespräche verlief sachlich und freundlich. Von einigen wenigen wurden leider unsere Mitarbeiter herabsetzenden und ungerechtfertigten Vorwürfen ausgesetzt. Dies geht natürlich nicht“, erklärt Stadtsprecher Klaus Helmer. Natürlich sei es für einige Eltern ärgerlich gewesen, dass durch die Reduzierung des Beitrags auch eine Verzögerung bei der Zahlungspflicht eingetreten sei. „Einige Eltern glauben fälschlicherweise, dass jeder einen Anspruch auf die Beitragssenkung habe, und treten mit diesem Anspruch an die Stadt Hilden heran. Bei der Beitragssenkung handelt es sich allerdings um eine begünstigende Entscheidung der Stadt Hilden. Einmal, was die Beitragshöhe betrifft, aber auch was den Zahlungszeitpunkt angeht“, so Helmer weiter. Die Stadt sei aktuell in einer „bisher nicht dagewesene Situation, die für uns alle neu ist. Genauere und zeitnähere Informationen wären natürlich besser gewesen. Wir haben uns bemüht, nur die Informationen den Eltern zukommen zu lassen, die die Eltern auch betrifft, ohne dabei für noch mehr Verwirrung zu sorgen.“
Er wirbt um Verständnis: „Zweifelsohne sind durch die Corona-Pandemie auch die Mitarbeitenden der Stadt Hilden stark gefordert. Auf viele Entwicklungen, die unvorhersehbar waren, mussten wir reagieren und uns den Herausforderungen stellen. Grade im Moment ist eine besondere Flexibilität, Improvisationsvermögen, Frustrationstoleranz und die Leistung von Überstunden gefordert.“
Der dreifache Vater Smail Sakiri wollte das Angebot der Verwaltung auf eine individuelle Zahlungsweise annehmen und hatte die Stadt gebeten, Mitte Januar 50 Prozent der nachgeforderten Beiträge abzubuchen, zum 15. Februar die restlichen 50 Prozent. Doch darauf sei die Stadt nicht eingegangen. Er wird die ausstehenden Forderungen natürlich zahlen, wünscht sich für die Zukunft aber vor allem eins: „Dass die Stadt besser kommuniziert, beispielsweise mit einem Infobrief an die betroffenen Eltern.“Das hätte die ganze Situation deutlich entschärft.