Die Katzen-Vorleserin
Auf dem Hellerhofer Tierschutzhof liest eine junge Frau den Katzen vor. Die Tiere gewöhnen sich so an den Umgang mit Menschen.
HELLERHOF Entspannt öffnet die 18-jährige Lisa (Name von der Redaktion geändert) die Tür zum Katzenhaus auf dem Tierschutzhof in Hellerhof. Wenn sie kommt, erwarten die scheuen Katzen sie schon neugierig und begrüßen die junge Studentin. Lisa breitet ihre Jacke auf dem Boden aus, legt den Rucksack beiseite und nimmt ein Buch zur Hand. „Dann fange ich an vorzulesen“, sagt sie. Diesmal hat sie die Geschichte von Peter Pan dabei.
Nach 20 Minuten Lesezeit macht sie manchmal Musik an, singt den Tieren etwas vor und streichelt die Katzen, die schon Vertrauen zu ihr gefasst haben. „Katzen leben mit dem Menschen und Hunde leben für den Menschen“, stellt Lisa fest. Die 18-Jährige liebt den Umgang mit Katzen und hat Erfahrung durch ihre Katze Minka, die sie in ihrer Wohnung im SOS-Kinderdorf hält. „Ich habe Respekt vor den Katzen, bin leise und zurückhaltend, wenn ich dort reingehe und halte Abstand“, sagt sie. Projektleiterin Natascha Karvang, von „Tina macht Schule“, freut sich über das Engagement. Seit einiger Zeit kooperiert der Hof mit dem SOS-Kinderdorf Düsseldorf.
Besonders Kater Ivan erwartet Lisa mittlerweile freudig und genießt die Aufmerksamkeit und die flauschige Jacke der jungen Frau. Ohne Erwachsene, ohne Druck läuft alles ab. Für die Katzen ist es ein Vorteil, dass Lisa sich kümmert. „Sie lernen ganz nebenbei, dass vom Menschen keine Gefahr ausgeht. Wir finden die Kooperation total toll und freuen uns, dass alle etwas davon haben“, sagt Natscha Karvang.
In Hellerhof finden 28 Katzen aus dem Tierschutz einen Platz. „Wir gehören wie auch das Tierheim zum Tierschutzverein. Das sind alles ehemalige Straßenkatzen, die gerettet oder gefunden wurden und teilweise seit Jahren im Tierheim waren und keine Vermittlungschancen haben“, sagt Natascha Karvang. Das große Katzenhaus mit abgesichertem Außengelände wurde auf
Wunsch der Stifterin des Hofes angelegt. Nach dem Vorlesen füttert Lisa die Tiere: „Ich bereite das Futter vor, schiebe den Wagen rein und verteile die Näpfe, die Katzen sind dann schon gierig“stellt sie fest. In die bisweilen scheuen Katzen kann sie sich gut hineinversetzen: „Ich bin auch schreckhaft und mag keine lauten Geräusche. Katzen sind toll, die lassen sich nichts gefallen“, sagt sie.
Lisas Betreuerin Anja Spelsberg ist im SOS-Kinderdorf im Team der ambulanten, flexiblen Hilfen tätig. Sie steht Jugendlichen wie Lisa zur Seite, die dort ihren Weg in die Selbständigkeit starten. Außerdem ist sie Fachkraft für tiergestützte Intervention. Dafür arbeitet sie mit ihrem Hund Lotta. „Wir haben über die Margarete-Breuer-Stiftung den Kontakt zum Tierschutzhof bekommen, und jetzt arbeite ich auch hier mit den Tieren“, sagt sie. Das funktioniert trotz Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. „Wir merken in unserer Arbeit, dass das Zusammensein mit den Tieren den Kindern und Jugendlichen total gut tut“, sagt Spelsberg.
Lisa darf kommen, da sie alleine zu den Katzen geht. Es gibt Ausnahmen für den begleiteten Umgang. Spelsberg: „Mit Eltern, die ein Miteinander mit ihren Kindern erlernen sollen, bin ich an der frischen Luft
und arbeite bei den Schafen und Ziegen.“Dann stehen Ausmisten, Verantwortung übernehmen und sich um die Tiere kümmern auf dem Programm. „Bei den Schafen habe ich immer das Gefühl, die integrieren einen sofort in die Gruppe“, sagt Anja Spelsberg. Tiere erleichtern die Kommunikation, zeigt ihre Erfahrung. „Der Fokus liegt dann weniger auf den Problemen und Schwierigkeiten, die das Kind hat.“