Baltische Länder fordern harte Russland-Sanktionen
BRÜSSEL (dpa) Die Bundesregierung will erst nach dem nächsten Gerichtsverfahren gegen Alexej Nawalny entscheiden, ob sie sich den neuen Sanktionsforderungen gegen Russland anschließt. „Es wird sehr viel davon abhängen, wie dieses Gerichtsurteil ausfällt – ob Alexej Nawalny nach 30 Tagen wieder freikommt oder eben nicht“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas am Montag nach Beratungen mit EU-Amtskollegen in Brüssel. Über die Sanktionsfrage werde man reden, wenn man wisse, wie es weitergehe. Das nächste Gerichtsverfahren gegen Nawalny ist für den 2. Februar angesetzt.
Für eine schnelle und deutliche Reaktion gegen Russland warben bei dem EU-Außenministertreffen vor allem östliche Mitgliedstaaten wie Polen und die baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland. Sie setzen sich dafür ein, erstmals eine 2020 beschlossene Sanktionsregelung zu nutzen. Diese ermöglicht es, Vermögenswerte von Akteuren einzufrieren, die schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begehen oder davon profitieren. Zudem können gegen Personen auch Einreiseverbote verhängt werden.
Nawalny war am Montag vergangener Woche in Russland zunächst zu 30 Tagen Haft verurteilt worden, weil er gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll. Der Oppositionspolitiker hatte sich zuvor zur Rückkehr in seine Heimat entschieden, obwohl er dort im August Opfer eines Anschlags mit dem als Chemiewaffe verbotenen Nervengift Nowitschok geworden war. Bei den in der Corona-Krise nicht genehmigten Demonstrationen für seine Freilassung waren am Samstag nach Angaben von Bürgerrechtlern in mehr als 100 russischen Städten mehr als 3500 Menschen festgenommen worden.
Maas sagte am Montag, die EU-Außenminister forderten eine unverzügliche Freilassung Nawalnys und der Menschen, die friedlich protestiert hatten. „Wir erinnern Russland daran, dass in der eigenen Verfassung Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demonstrationsfreiheit festgelegt sind“, erklärte Maas.
Streitpunkt angesichts dieser politischen Spannungen ist auch der Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2. Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans hat diesen trotz der Inhaftierung Nawalnys verteidigt und zugleich den Kreml kritisiert: „Über das brutale Vorgehen der russischen Regierung gegen Alexej Nawalny dürfen wir nicht zur Tagesordnung übergehen, genauso wenig wie bei den gewaltsamen Übergriffen der Polizei gegen Demonstranten.“