Rheinische Post Hilden

Hanswurst mit Klasse

„Stromberg“machte Bjarne Mädel bekannt. Sein Repertoire umfasst aber mehr: Filme und Serien wie „Tatortrein­iger“zeigen das.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Wer bei Bjarne Mädel immer nur an den liebenswer­t verpeilten Ernie aus „Stromberg“denkt, sollte sich seinen Auftritt als Kleinganov­e Buba in der deutschen Netflix-Serie „How to sell drugs online (fast)“anschauen. Da sieht man ihn übellaunig durch eine Reithalle gehen, eine Schaufel in der Hand, mit der er beiläufig eine Taube aus der Luft auf den Boden hämmert, um sie danach mit dem Stiefel zu zerquetsch­en. Alles ohne innezuhalt­en oder eine Miene zu verziehen, eher angeekelt als unangenehm überrascht. Vielleicht zehn Sekunden braucht Mädel, um seine Figur einzuführe­n, ihr die vom Drehbuch verlangte Aura von Brutalität und Gefährlich­keit zu verleihen, veredelt mit einem Schuss Absurdität. Es macht Spaß, ihm dabei zuzusehen, weil man sicher sein darf, dass es ihm auch Spaß gemacht hat – denn selbst wenn bei seinen Rollen manchmal Schluss mit lustig ist: Ohne Humor läuft bei Mädel nichts. Da siegt der Ernie in ihm.

So erzählte der 52-Jährige, der gerade im ARD-Film „Sörensen hat Angst“die Hauptrolle gespielt und Regie geführt hat, kürzlich ganz trocken in einer Talkshow, dass er als Regisseur eine Szene immer mit dem Hinweis wiederhole­n ließ, dass sein Auftritt okay gewesen sei, die anderen aber gepatzt hätten. Generell neigt Mädel zu britischem, eher schwarz grundierte­m Humor, der möglichst stoisch vorgebrach­t wird – „deadpan“nennen die Engländer diese Art des ausdrucksl­osen Vortrags. Die Wirkung ist dafür umso besser, vor allem wenn es darum geht, in tiefere Erkenntnis­schichten vorzudring­en, die Pointe sozusagen den Kopf freibläst, um Dinge rund um Tod und Leben zu verhandeln. Denn Mädel ist es immer schon um mehr gegangen, als nur der witzige Typ von nebenan zu sein.

Wobei ihm das komische Talent wohl einfach mitgegeben ist. Beim ersten Theaterauf­tritt, so will es die Legende, sollen die Zuschauer schon gelacht haben, bevor er den Mund aufgemacht hatte. Mädel hat eine Art, mit stummem Spiel die Menschen zu erreichen, da ist er mit seinem verdruckst­en Understate­ment großen Komikern wie Buster Keaton oder Oliver Hardy ähnlich. Zu vermuten war das alles bei der Vita des Schauspiel­ers nicht. Weil sein Vater als Bauingenie­ur in Nigeria arbeitete, lebte Mädel als Junge dort sieben Jahre in einer internatio­nalen, aber abgeschott­eten Nachbarsch­aft. Später verließ er die geschützte Umgebung, reiste als Jugendlich­er durch die Sahara, arbeitete auf dem Bau und im Hamburger

 ?? FOTO: RAINER COORDES/IMAGO IMAGES ?? Bjarne Mädel als „Schotty“in der Serie „Der Tatortrein­iger“.
FOTO: RAINER COORDES/IMAGO IMAGES Bjarne Mädel als „Schotty“in der Serie „Der Tatortrein­iger“.

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