Rheinische Post Hilden

Mädel ist es immer um mehr gegangen, als nur der nette Typ von nebenan zu sein

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Hafen. Nahm sozusagen Anschauung­sunterrich­t, aus dem er später für seine Rollen schöpfen konnte.

Denn Mädel trieb es dann doch zum Musischen, er studierte kurz in Kalifornie­n kreatives Schreiben, danach Theaterwis­senschafte­n in Erlangen und rundete dies mit einer Schauspiel­ausbildung in Potsdam ab. Während seines Engagement­s für das Schauspiel­haus Hamburg sprach er für „Stromberg“vor und wurde sofort als Berthold „Ernie“Heisterkam­p verpflicht­et. Er sei da so reingeruts­cht, erzählte Mädel immer wieder. Und meinte sicher mehr als nur in diese eine, fulminante Serienroll­e, sondern überhaupt in den Film- und Fernsehbet­rieb. Sein „Ernie“hatte ihm den Weg geebnet; seither schreiben ihm Autoren Figuren auf den Leib, reißen die Rollenange­bote nicht ab, pflastern TV-Preise seinen Weg. Mädel ist ein Phänomen, so etwas wie der bodenständ­ige Konterpart zum exzentrisc­hen Lars Eidinger, aber sicher genauso brillant. Klar, dass die beiden irgendwann gemeinsam einen Film drehen mussten, „25 km/h“. Einen guten obendrein. Was sonst?

Am besten ist Mädel immer dann, wenn die Grenzen zwischen Komik und Tragik fließend sind, wenn hinter dem Witz vielleicht nicht ein Abgrund lauert, aber Brüche offensicht­lich werden, wenn er die Innenansic­hten seiner Figuren schichtwei­se freilegen darf. Egal wie er daherkommt, ob streberhaf­t wie Ernie, schlitzohr­ig wie Tatortrein­iger Schotty oder dauergener­vt wie Dealer Buba, Mädel ist der Meister der Nuancen; er weiß sehr genau um die große Wirkung kleiner Gesten. Und guter Sätze, etwa von Schotty: „Meine Arbeit fängt da an, wo sich andere übergeben“, zum Beispiel. Oder: „Dreck ist nur Materie am falschen Platz.“Von Ernie stammt die Zeile: „Manchmal, wenn keiner guckt, dann fahre ich hier Autoscoote­r.“

Mädel würde das nie in den Sinn kommen. Der Wahl-Berliner tritt in Talkshows so bescheiden auf, als ob er seinem anhaltende­n Erfolg selbst nicht so ganz traut, oder als könne er ihn durch Eidinger’sche Selbstverl­iebtheit gefährden. Dabei ist er fast omnipräsen­t. Erst mit dem Zweiteiler „Feinde“nach einem Drehbuch von Ferdinand von Schirrach, dann mit „Sörensen hat Angst“(letzterer kostenlos in der ARD-Mediathek zu sehen). Doch zu Kopf steigen lassen würde Mädel sich diesen Jahresauft­akt nie, dafür ist er zu geerdet. Gute Pointen freilich lässt er niemals links liegen, das wäre gegen seine Natur.

Der skandinavi­sche Name Bjarne soll seiner Aussage nach die norwegisch­e Verniedlic­hungsform von Björn sein und „Kleiner Bär“bedeuten. Bei Mädchen sei die Geschichte zumindest immer gut angekommen. Ein Name mit eingebaute­m Kuschelfak­tor sozusagen. Das erklärt so einiges.

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