Bundestrainer hat Alternativen
Für die Olympia-Qualifikation der Handballer im März in Berlin sind allerdings keine großen Experimente zu erwarten.
DÜSSELDORF Der Deutsche Handball-Bund nennt auch nach dem frühen WM-Aus die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Tokio (23. Juli bis 8. August) als ein Ziel. Allerdings muss sich die Nationalmannschaft für das Turnier in Japan erst noch qualifizieren. Mitte März geht es in Berlin gegen Schweden, Slowenien und Algerien – das ist kein Selbstläufer. Schweden steht im WM-Viertelfinale, Slowenien hat es nur knapp verpasst.
Normalerweise ist die Olympia-Qualifikation ein Muss, insbesondere bei einem Heimturnier. Doch normal ist in der Pandemie relativ wenig. Fans wird es in der Max-Schmeling-Halle wohl nicht geben, und dann stellt sich die Frage: Wie entscheiden die Spieler, die aufgrund der Pandemie ihre WM-Teilnahme absagten, nun? Ist Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler, Steffen Weinhold und Finn Lemke das Risiko auch dann noch zu hoch, oder schätzen sie es mit vier Nationen in Berlin als geringer ein als mit 32 in Ägypten? Bundestrainer Alfred Gislason hat klargemacht, dass er auf das Trio Wiencek, Pekeler und Weinhold bauen will, so die Kieler denn wollen.
Sollte das so sein, wäre der etatmäßige Innenblock zurück. Dort hat in Ägypten Johannes Golla einen guten Job gemacht, sein Nebenmann Sebastian Firnhaber aber (zu) viel Lehrgeld zahlen müssen. Gegen Ungarn und Spanien kassierte der Erlanger je früh zwei Zeitstrafen und musste von Fabian Böhm ersetzt werden. Der bildete mit Golla einen ordentlichen Innenblock gegen Brasilien, das aber auch nicht internationales Top-Niveau
hat. Es bleibt eine Alternative, die Ideallösung heißt – wenig überraschend – Pekeler/Wiencek.
Sollte auch Weinhold zurückkommen, gäbe es eine Alternative zu Kai Häfner im rechten Rückraum. Der Melsunger machte das bei der WM gut, war aber sehr auf sich allein gestellt, weil Franz Semper (Flensburg) verletzt ist und weder David Schmidt noch Antonio Metzner als Stellvertreter überzeugten. Für beide dürfte es eng werden, wenn neben Weinhold auch Fabian Wiede zurückkehrt: Der Berliner hatte auf die WM verzichtet, weil er die Belastung nach einer Schulter-OP als zu hoch einstufte. Man darf aber davon ausgehen, dass er gerne in seiner Heimatstadt die Olympia-Quali spielen würde.
Das gilt auch für Paul Drux, der bei der WM im linken Rückraum immer dann Akzente setzte, wenn der wurfgewaltige Julius Kühn nicht zurechtkam – wie gegen die offensiven Spanier. Lukas Stutzke (Bergischer HC) kann hier einer für die Zukunft sein, zur WM hat es der 23-Jährige bereits geschafft – als Nachrücker für Christian Dissinger. Sebastian Heymann (Göppingen), Simon Ernst (Berlin) und die WM-Fahrer Juri Knorr (Minden) und Marian Michalczik (Berlin) sind weitere Alternativen für den Rückraum, den der Leipziger Philipp Weber als Spielmacher steuert.
Am Kreis hat sich Golla bewährt – sollte Jannik Kohlbacher, der wegen einer erneuten Ellbogen-Verletzung absagen musste, zurückkehren, wäre dieser Mannschaftsteil mit Pekeler und Wiencek üppig und hochwertig besetzt. Rechtsaußen hat sich Timo Kastening nach vorne gespielt, Tobias Reichmann reiste verletzt ab, Patrick Groetzki rückte nach. Aus dem Trio wird sich wohl auch die Olympia-Quali-Besetzung finden: Trotz guter Wurfquoten sind Spieler wie Marius Steinhauser (Flensburg) oder Lucas Krzikalla (Leipzig) noch kein großes Thema.
Linksaußen blieb Uwe Gensheimer unter den Erwartungen und verspielte zudem Kredit mit öffentlicher Kritik an seinen Mitspielern. Marcel Schiller hat ihm den Rang als Siebenmeterschütze Nummer eins abgelaufen und dürfte im Team gesetzt sein. Alternativen sind Patrick Zieker (Stuttgart) und vielleicht noch Rune Dahmke (Kiel). Matthias Musche (Magdeburg) fehlt noch länger aufgrund einer Knieverletzung.
Im Tor hat nur Johannes Bitter überzeugt, die eigentliche „Nummer 1a“, Andreas Wolff, hielt wenig, Silvio Heinevetter hatte vor allem Kurzeinsätze. Nicht ausgeschlossen, dass sich hier etwas tut, wenngleich Dario Quenstedt in Kiel relativ wenig Spielanteile hat und Till Klimpke ( Wetzlar) eher als Mann für die Zukunft gilt. Im Olympia-Jahr wird Gislason sicher keine großen Experimente machen – Alternativen hat er aber.