BC Hilden: Renovieren statt Billard spielen
Der Spielbetrieb in der 2. Dreiband-Bundesliga ruht. In der Zwangspause suchen sich die Sportler eine neue Herausforderung.
HILDEN Für die Billard-Spezialisten des BC Hilden war das Jahr 2019 sportlich ein Höhepunkt. In der Mehrkampf-Bundesliga beendete das Quartett des BCH, das sich über viele Jahre einen hartnäckigen Kampf mit dem Erzrivalen und Seriensieger DBC Bochum lieferte, eine lange Durststrecke. Zwölf Jahre nach dem letzten Titelgewinn nutzten die Hildener den Heimvorteil in der Finalrunde und feierten an den Tischen im Vereinsheim an der Richrather Straße 186 erneut die Deutsche Meisterschaft. Es war zugleich ein historischer Erfolg, denn wenige Wochen später löste die Deutsche Billard-Union die Mehrkampf-Bundesliga auf, weil sich zu wenig Mannschaften anmeldeten.
Eine Entscheidung, die von kontroversen Diskussionen begleitet war, denn die Top-Teams sollten nun in der Oberliga antreten und in einer Finalrunde der beiden Erstplatzierten der Gruppen Niederrhein und Westfalen den Deutschen Meister ermitteln. Letztlich scheiterte der Plan im ersten Anlauf, da die Corona-Pandemie im März 2020 auch den Billard-Spielbetrieb zum Stillstand brachte.
Das Team des BC Hilden durfte zumindest noch die Früchte seines Titelgewinns 2019 ernten, denn der Deutsche Meister trat im Europapokal der Landesmeister an. Im spanischen Vuc qualifizierte sich der BCH mit Siegen über Frankreich und Belgien für die Runde der letzten Sechs. Das Finale stieg vom 13. bis 15. März 2020 im französischen Douarnenez – just zu dem Zeitpunkt, als die Corona-Krise begann.
„Es war das allerletzte Wochenende, an dem noch gespielt wurde“, erinnert sich Thomas Wildförster und stellt fest: „Alles war sehr wackelig. Es war nicht klar, wieviel Zuschauer noch dabei sein durften. Auf der Rückreise von der Bretagne mussten wir durch Belgien durch, wussten nicht, ob wir überhaupt noch über die Grenze kommen – das war eine heikle Geschichte.“Sportlich vermochte die Mannschaft nicht an die glänzenden Leistungen in Spanien anzuknüpfen, belegte in ihrer Gruppe mit Ausrichter Douarnenez und dem BC Oissel den dritten Platz und verpasste damit den Einzug ins Halbfinale. Seinerzeit war das für die Sportler aber eher eine Randnotiz. „Die anderen Mannschaften hatten ein unglaublich hohes Niveau, und für uns stand das Corona-Problem im Vordergrund“, erzählt Wildförster.
Inzwischen steht die 2. Dreiband-Bundesliga im Fokus der BCH-Mitglieder. Eine Billard-Variante, die sich in den letzten Jahren in Deutschland durchsetzte. Was ist die größere Herausforderung: Mehrkampf oder Dreiband? „Das kann man nicht vergleichen, ähnlich wie in der Leichtathletik den Hürdenlauf nicht mit dem Marathonlauf“, erklärt Wildförster und fügt hinzu: „Beide Arten haben ihre Schwierigkeit – es gibt keine richtige Antwort darauf. Jede Disziplin hat ihre Besonderheit. Selbst in der Freien Partie, der einfachsten Disziplin, steckt soviel Taktik drin, dass der Gegner jederzeit in der Lage ist, die Partie schnell auszumachen.“
In der vergangenen Saison erfolgte in der 2. Dreiband-Bundesliga wegen des Corona-Lockdowns die Wertung nach den neun Partien der Hinrunde. Mit vier Siegen, zwei
Thomas Wildförster BC Hilden
Unentschieden und drei Niederlagen belegten die Hildener in der Gruppe Süd der zweigeteilten Liga den vierten Platz. Mitte September begann dann die Spielzeit 2020/21. Doch auch diesmal hat die Corona-Pandemie den Sport fest im Griff. Aktuell steht der BCH nach den Siegen bei der TSG Heilbronn und gegen den BC Frintrop sowie dem Unentschieden beim ATSV Erlangen auf dem dritten Rang.
Nach den ersten drei Partien war der Spielbetrieb jedoch Anfang Oktober schon wieder unterbrochen. Seither befindet sich die Mannschaft
wieder im Pausenmodus. Zur Stammbesetzung zählen Dieter Großjung, Thomas Wildförster, Torsten Rütten, Tobias Schramm und Michael Ramge. Im Kader stehen außerdem die beiden Niederländer René Dericks und Frank Martens. Im rotierenden System sollen alle Akteure zum Einsatz kommen.
In einer Videokonferenz diskutierten Vertreter von 14 Landesverbänden mit dem Präsidium der Deutschen Billard-Union Vor- und Nachteile eines Abbruchs oder einer Verlängerung der Saison. Die nächste Konferenz ist für den 13. Februar
geplant. Dabei schwingt die Hoffnung mit, dass nach Ostern der Spielbetrieb fortgeführt werden kann. „Es gibt keine Möglichkeit, eine konkrete Planung zu erarbeiten“, konstatiert Thomas Wildförster.
Den sportlichen Stillstand nutzen die BCH-Sportler nun, um das Vereinsheim zu renovieren. „Für einige, die wegen Corona arbeitsmäßig in der Luft hängen, ist das die richtige Beschäftigung“, berichtet Wildförster mit einem Schmunzeln. Bei den Renovierungsarbeiten mit von der Partie ist auch Dieter Großjung. „Wir hübschen die Holzfassade im Gelsenkirchener Barock etwas auf“, erzählt er lachend und erklärt: „Im Laufe der Jahre hat sich einiges angesammelt, das aus verschiedenen Hausständen hier gelandet ist.“Frische Farbe und ein hellgrauer Teppichboden sollen die Räumlichkeiten heller wirken lassen.
Nichts verändert wird hingegen an den vereinseigenen Billardtischen, die mit ihrer individuellen Art schon so manchen Gegner zur Verzweiflung getrieben haben. Aktuell darf an ihnen wegen des aktuellen Lockdowns allerdings weder gespielt noch trainiert werden. Haben die Topkräfte des BCH einen eigenen Tisch in ihrer Wohnung? „Früher hatte ich einen, als ich noch Weltmeister werden wollte, aber das ist lange her. Da war ich 30 und noch Junggeselle“, plaudert Dieter Großjung aus dem Nähkästchen.
Was bedeutet das fehlende Training an den Tischen für den Re-Start in der Meisterschaft? Großjung bleibt da ganz gelassen. „Wenn man ein gewisses Level hat, verlässt man das so leicht nicht mehr. Wenn man etwas Substanz mitbringt, kommt man ohne Training sicher noch auf 80 Prozent Leistungsfähigkeit“, sagt der Dreiband-Spitzenspieler.
„Mehrkampf und Dreiband kann man nicht vergleichen. Jede Disziplin hat ihre Besonderheit“
„Wenn man etwas Substanz mitbringt, kommt man ohne Training noch auf 80 Prozent Leistungsfähigkeit“
Dieter Großjung BC Hilden