„Die Eitelkeiten hinten anstellen“
Er galt für viele als großer Unsicherheitsfaktor. Mittlerweile ist der 23-Jährige der große Rückhalt der Fortuna.
Wir sind etwas spät dran, dennoch: Wie würden Sie das berufliche Jahr 2020 persönlich bewerten? KASTENMEIER Es war ein schwieriges Jahr. In der Retrospektive glaube ich, dass ich in diesem Jahr mehr gelernt habe als andere in 20 Jahren. Da sind so viele Dinge passiert, aus denen ich sehr viel lernen konnte. Das wird mir in Zukunft weiterhelfen.
Neben Corona und dem Abstieg hielt das Jahr für Sie persönlich aber noch etwas sehr Positives bereit. Sie sind Vater geworden. Hat Sie das als Person reifen lassen? KASTENMEIER Auf alle Fälle. Das gibt einem einen besonderen Kick. Egal, was im Verein passiert: Wenn ich nach Hause komme, habe ich keine Zeit mehr, mir darüber Gedanken zu machen. Da merkt man richtig, dass es auch noch wichtigere Dinge im Leben gibt als den Fußball. Verantwortung für mein Kind zu übernehmen – das hat mich definitiv auch noch einmal in meiner Persönlichkeit reifen lassen.
Nun haben Sie sich als Torwart eine besondere Position ausgesucht. Wenn Sie einen Fehler machen, sind Sie automatisch der Depp der Nation. Wie schaffen Sie es, da cool zu bleiben und sich nicht auf dem Konzept bringen zu lassen? Trainiert man das gesondert? KASTENMEIER (lacht) Ich dachte schon, Sie wollen fragen, ob wir Fehler im Training üben.
Das wäre sicherlich auch eine Schlagzeile wert. Wir meinten aber eher, ob man es trainiert, den Druck in die richtigen Bahnen lenken zu können.
KASTENMEIER Es ist ja so, dass ich mir die Position damals bewusst ausgesucht habe. Klar steht man extrem im Fokus, aber ich kann das mittlerweile ganz gut ab. Ich habe zu Hause vollste Unterstützung. Meiner
Familie ist es egal, ob ich einen Fehler gemacht habe oder nicht. Da kann ich ganz gut abschalten und vergessen.
Im Spiel kann man diesen Druck auch ganz gut auf die gegnerischen Stürmer übertragen. Nehmen Sie uns mal mit: Wie ist das eigentlich, wenn ein Stürmer ganz allein auf Sie zu rennt?
KASTENMEIER In dem Moment denke ich gar nicht groß nach – das gibt mir auch nicht viel. Erst am Tag danach, wenn das Adrenalin etwas runtergefahren ist, merkt man, dass die Parade wichtig war.
In den vergangenen Spielen kam es selten vor, dass Sie sich auszeichnen konnten. Wünschen Sie sich da sogar ab und an, etwas mehr gefordert zu werden?
KASTENMEIER Vorausgesetzt, am Ende steht die Null, habe ich es ganz gern, auch mal was auf den Kasten zu bekommen. Ich habe aber auch nichts dagegen, wenn wir gewinnen, ich nichts zu tun habe und deshalb etwas friere.
Klaus Allofs hat gesagt, dass Fortuna sehr gerne mit Ihnen verlängern würde. Sie auch bei der Fortuna?
KASTENMEIER Das ehrt mich. Ich fühle mich sehr wohl bei der Fortuna und spüre das Vertrauen der Verantwortlichen in meine Person. Es gab schon das eine oder andere Gespräch – aber ich lasse das alles in Ruhe auf mich zukommen. Wir haben keinen Zeitdruck. Ich konzentriere mich völlig auf die nächsten Spiele. Alles andere hat noch Zeit.
Sind Sie denn zufrieden mit sich selbst?
KASTENMEIER Ich habe mich gut entwickelt. In den vergangenen Spielen war ich aber nicht ganz so mit mir zufrieden. Ich bin da schon selbstkritisch. Ich bin auf einem guten Weg.
Nun folgt gegen den Hamburger SV das zweite Spiel einer englischen Woche. Wie bereitet man sich darauf vor?
KASTENMEIER Das ist ja nichts Neues für uns – im Dezember hatten wir das auch. Das ist zu Zeiten von Corona und dem eng getakteten Spielplan nun mal so. Man hat weniger Zeit zum Trainieren und zum Einüben von taktischen Dingen. Da steht Regeneration im Vordergrund. Wir werden aber auch gegen den HSV gut eingestellt ins Spiel gehen.
Auch gegen Hamburg werden keine Fans im Stadion sein. Spürt man als Spieler dennoch einen Extrakick an Vorfreude auf so ein Spitzenspiel?
KASTENMEIER Klar, das Spiel gegen den HSV ist ein Traditionsduell. Da spielt der Dino gegen die Diva.
Was für eine Überschrift! KASTENMEIER (lacht) Ich helfe gerne. Im Ernst: Das Spiel ist natürlich etwas Besonderes.