Der Sternekoch aus dem Supermarkt
Anton Pahl betreibt das Restaurant Setzkasten bei Zurheide. Für den 33-Jährigen war 2020 trotz Corona ein erfolgreiches Jahr: Er bekam einen Michelin-Stern verliehen und erhielt 16 Punkte im Gault Millau.
STADTMITTE Schon als kleiner Junge fand es Anton Pahl spannend, wie sich Lebensmittel in der Pfanne veränderten. Sein Lieblingsbeispiel: Die Metamorphose des Spiegeleis. Der heute 33-Jährige stand als Knirps schon am Herd, und dass er Koch werden wollte, war für ihn bereits ziemlich früh klar. Dass er ein Sternekoch sein würde, damit hatte er damals bestimmt nicht gerechnet – und auch noch nicht vor ein paar Monaten.
Der Ritterschlag kam im März vergangenen Jahres. Für ihn und sein Team des Restaurants Setzkasten im Supermarkt Zurheide an der Berliner Allee war es überraschend. Anton Pahl konnte es lange nicht so richtig fassen, dass er einen Michelin-Stern besitzt. Und dann hatte ihn das Magazin „Feinschmecker“auch noch zum Aufsteiger 2020 nominiert. Er ist einer von sechs jungen Köchen im Alter von 26 bis 34 Jahren, die in die Auswahl gekommen sind. Ein großer Erfolg, auch wenn er nicht gewonnen hat. Dazu kommen 16 Punkte vom Restaurantführer Gault Millau und zwei Hauben. Dabei gibt es das Restaurant erst seit 2018. Pahl ist kreativ, auch in Corona-Zeiten: Denn solange er vor Ort keine Gäste bewirten darf, gibt es eine Box mit 16 Kleinigkeiten, die die Aromenwelt des Setzkastens repräsentieren sollen.
Als 15-Jähriger – damals mit einer Ausnahmegenehmigung – begann er seine Kochlehre nahe seiner Heimat Schwäbisch-Gmünd in Waldstetten im Sonnenhof bei Helmut Hilse. Dort lernte er nicht nur die schwäbische Küche, sondern auch die gehobene. Nach der Ausbildung folgten mehrere Stationen, ehe es ihn ins Rheinland zog. Er arbeitete kurz im damaligen Fehrenbach in Düsseldorf und in der Schote in Essen bei Nelson Müller. Doch eigentlich ist er ein Zurheide-Kind. Schon vor zwölf Jahren startete er in
Reisholz. Und einer seiner größten Fans ist der Seniorchef Heinz Zurheide, der früh sein Talent erkannte: Und so stieg er vom Küchenchef in Reisholz mit der Eröffnung des größten Supermarkts in Deutschland vor zwei Jahren zum Küchenchef des Edelrestaurants Setzkasten auf, wo er sich richtig austoben kann. Zurheide ist ein gern gesehener Gast in seinem Restaurant und kommt dort normalerweise mindestens einmal die Woche hin.
50 Plätze hat der Gourmettempel im Supermarkt, plus acht bis zehn am sogenannten Cheftable in der Küche – unweit des Geschehens der sieben Köche. Und wer als Gast dort schon mal gegessen hat, der stellt sofort fest, dass es ruhig, besonnen, fast schon leise zugeht. Dabei herrscht doch normalerweise in der Küche Hektik, und es ist laut. Aber Anton Pahl hat die Ruhe weg. Bei Stress wird er ganz ruhig. „Einer muss ja einen klaren Kopf behalten“, sagt er. „Denn wenn du laut wirst, hast du verloren.“
Es gibt feste Arbeitszeiten, denn um 22 Uhr schließt nicht nur der Supermarkt, sondern auch das Restaurant. Die Zeit zwischen Mittagund Abendgeschäft nutzt das Team für Kreatives, Momentan bastelt Pahl mit seinen Köchen an etwas ganz Besonderem. „Mit Aha-Effekt“, sagt er und hüllt sich dann in Schweigen, denn das Ganze sei noch nicht ausgewogen. Regionales und Internationales mit Fernöstlichem verbinden, Pahl hat eine Schwäche für Asiatisches, „aber auch für Mexikanisches und gutes Fleisch aus Nebraska. Eigentlich für alles mit guten Lebensmitteln.“Das Repertoire ist groß. Seine Gazpacho mit Taschenkrebs ist aromatisiert mit Kirschblüten – teils süß, teils salzig eingelegt. Nicht ohne Stolz berichtet Pahl, dass die Kirschblüten direkt aus Japan kommen. „Hiroki, einer meiner Köche, bestellt sie bei seiner Mutter in Osaka“, sagt er. Phantasievoll, innovativ, immer auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen ist er.
Zum Dessert gibt es Lego-Männchen als Beilage, mit Earl-Grey-Geschmack, oder eine Art Reiskuchen mit Kokosmilch und Kardamom in
Form eines Buddhas – auch in der Setzkasten-Box.
Kreativ und mutig will Anton Pahl auch weiter bleiben. Und der Vater von zwei kleinen Kindern weiß, dass seine erfolgreiche Arbeit ohne seine Frau Claudia gar nicht möglich wäre. „Sie ist vom Fach. Deshalb kennt sie meine Arbeitszeiten“, sagt er. Obwohl: „Sonntags hab ich frei. Denn ich arbeite ja in einem Supermarkt, in dem ich auch wunderbar einkaufen kann.“
Info Setzkasten to go gibt es Donnerstag bis Samstag von 17 bis 20 Uhr. Die Box kostet 116 Euro und ist für zwei Personen. Vorbestellung: Tel. 200 57 16 und per E-Mail setzkasten@zurheide-feine-kost.de. Nur Selbstabholung.