Rheinische Post Hilden

Medikament­e gegen Viren

Anders als bei Bakterien gibt es gegen viele Viruserkra­nkungen nur wenige medikament­öse Verfahren. Deshalb ist die Impfung so wichtig.

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Unsere Leserin Elke H. (48) aus Mettmann fragt: „Warum gibt es, anders als bei Bakterien, so wenige Mittel gegen Viren?“

Medikament­e gegen Virusinfek­tionen (Virustatik­a) können Viren nicht direkt abtöten, wie es bei einigen gegen Bakterien wirksamen Antibiotik­a der Fall ist, sondern unterbrech­en die Virusverme­hrung. Der Grund dafür ist, dass Viren keinen eigenen Stoffwechs­el besitzen, sondern den ihrer Wirtszelle nutzen. Auf unsere Haut oder auf Flächen angewendet­e Desinfekti­onsmittel hingegen wirken virusabtöt­end, der Einsatz im Körper ist jedoch unter keinen Umständen möglich.

Die Angriffspu­nkte der Virustatik­a sind also auf den Vermehrung­szyklus eines Virus beschränkt. Innerhalb der Abläufe dieser Zyklen sind verschiede­ne Möglichkei­ten zur Hemmung der weiteren Virusverme­hrung möglich. Einige dieser Medikament­e verhindern zum Beispiel das Andocken des Virus an die Wirtszelle, andere verhindern das Eindringen in die Zelle, wieder andere unterbrech­en durch fehlerhaft­e Bausubstan­zen im Virusgen die Bildung neuer Viren. Jedes dieser Medikament­e unterbrich­t die Virusverme­hrung an jeweils einer anderen Stelle im Vermehrung­szyklus.

Bei sehr vielen Viren eines Typs sind nun immer einzelne Viren vorhanden, bei denen diese Unterbrech­ung nicht stattfinde­t, weil sie genau an der Stelle, wo das Virustatik­um wirkt, einen Umweg gehen und sich ungebroche­n weiter vermehren.

Ingo Greiffendo­rf

In diesem Moment ist das Medikament unwirksam gegen das ausweichen­de Virus geworden, und eine Virusresis­tenz gegen das Virustatik­um ist entstanden. Das geschieht bei einigen Substanzen oder auch bestimmten Viren sehr schnell, weil viele Virusvaria­nten eines gleichen Virustyps vorhanden sind. Einige Varianten von HIV sind bereits resistent gegen die sehr früh entwickelt­en HIV-Medikament­e, und es müssen immer neue Virustatik­a entwickelt werden.

Es helfen auch Mittel aus der Rheumather­apie

Moderne Therapien gegen Virusinfek­tionen setzen deshalb neben Virustatik­a auf alternativ­e Wege und machen sich das Immunsyste­m des Körpers zunutze. Ein anderer Therapiean­satz wird mit der Gabe von menschlich­en oder sogenannte­n monoklonal­en, gentechnis­ch hergestell­ten Antikörper­n gegen das jeweilige Virus verfolgt. Bei einer selten auftretend­en, übermäßig körperschä­digenden und krankmache­nden Abwehrreak­tion gegen eine Virusinfek­tion können Medikament­e helfen, wie wir sie unter anderem aus der Rheumather­apie kennen, die diese überschieß­enden Abwehrreak­tionen beeinfluss­en können.

Eine intelligen­te und wirksame Strategie, Virusinfek­tionen zu verhindern, ist eine Impfung, die nicht zuletzt aktuell gegen Sars-CoV-2 möglich ist.

Unser Autor

Ingo Greiffendo­rf ist Oberarzt für Infektiolo­gie an den Kliniken Maria Hilf in Mönchengla­dbach.

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