„Extremistische Strukturen noch stärker in den Blick nehmen“
BERLIN (may-) Die lebenslange Haftstrafe gegen Stephan Ernst für den Mord an Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke ist von der Politik nachdrücklich begrüßt worden. „Unser Rechtsstaat begegnet den Feinden der Demokratie mit Konsequenz, um uns zu schützen“, sagte CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. „Wir haben rechten Terror im Land“, twitterte SPD-Vizekanzler und Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Die Tat habe einmal mehr gezeigt, wohin Hass und Hetze führen.
Für NRW-Innenminister Herbert Reul zeigt das Urteil, dass rechtsextremistischer Terror mit aller Härte bestraft wird. „Die Sicherheitsbehörden müssen weiterhin wachsam sein und alles daransetzen, möglichst früh Hinweise auf solche Taten zu erlangen“, sagte Reul unserer Redaktion. Eine entscheidende Rolle spiele das Internet, wo in rassistischen und rechtsextremistischen
Echoblasen hemmungslos gegen Andersdenkende gehetzt und radikalisiert werde. „Diese Hetze ist der Nährboden für Gewalt bis hin zu terroristischen Straftaten“, warnte Reul.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz begrüßte das Urteil, stellte zugleich jedoch klar, dass dies „kein Schlussstrich“sein könne. Es sei die rechtsstaatliche Verpflichtung, die Netzwerke, die offenkundig hinter diesen Morden stehen, sowohl parlamentarisch mit aller Entschlossenheit weiter aufzuklären als auch juristisch zu verfolgen.
Der SPD-Innenexperte Uli Grötsch verwies darauf, dass der Mord an Lübcke auf erschreckende Weise gezeigt habe, wie gewaltbereit und bis an die Zähne bewaffnet die rechte Szene in Deutschland sei. „In Zeiten der Pandemie ist zudem eine Mischszene aus Corona-Leugnern, Reichsbürgern, Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremisten
entstanden, die die Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste vor große Herausforderungen stellen“, unterstrich Grötsch, der auch Mitglied des geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums ist. Weil diese Mischszene über weite Strecken ihre politische Heimat in der AfD finde, sei es wichtig gewesen, so viel in die Leistungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden zu investieren, dass eine Überwachung durch den Verfassungsschutz möglich geworden sei.
Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter (CDU), nannte das Urteil ein „starkes Zeichen unseres Rechtsstaates im Kampf gegen Rechtsextremismus in Deutschland“. Auch er betonte: „Die Konsequenz für die deutschen Nachrichtendienste insgesamt muss sein, extremistische Strukturen noch stärker und umfassender wie nahtloser in den Blick zu nehmen.“