Rheinische Post Hilden

60.000 Jobs in der Luftfahrt-Branche sind gefährdet

Flughäfen und Airlines wehren sich vehement gegen ein Verbot fast aller Flüge. Sie setzen auf Corona-Tests für Passagiere.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN/DÜSSELDORF Die Luftfahrti­ndustrie in Deutschlan­d blickt auf ein verheerend­es Jahr 2020 zurück. Ab Ostern 2021 könnte es langsam etwas aufwärts gehen, so die Hoffnung der Branche. Erst 2025 ist wieder mit so vielen Passagiere­n zu rechnen wie im Jahr vor der Corona-Krise. Insgesamt seien rund 60.000 der bisher 255.000 Arbeitsplä­tze bei Fluggesell­schaften, Airlines oder Dienstleis­tern gefährdet.

Dies sind die wichtigste­n Aussagen der Bilanz 2020, die der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL) am Donnerstag vorstellte. „Die deutsche Luftverkeh­rsbranche war über weite Teile des Jahres im Dauerlockd­own und ist nun nahe eines neuen Stillstand­es“, erklärte BDL-Präsident Peter Gerber. „Die Passagierz­ahlen brachen um rund 75 Prozent ein“, ergänzte BDL-Hauptgesch­äftsführer Matthias von Randow. „Wir brauchen eine Kraftanstr­engung für eine nachhaltig­e Neubelebun­g des Luftverkeh­rs.“

Scharf wandten sich beide gegen Überlegung­en in der Politik, den Luftverkeh­r in Deutschlan­d zur Abwehr der neuen Corona-Mutante fast komplett zu schließen. „Wir halten ein Flugreisev­erbot für nicht angemessen“, so Gerber. Es bringe nichts, Flüge von und nach Deutschlan­d zu verbieten, wenn Grenzen über Land offen seien. In Düsseldorf würden dann pro Tag rund 100 Flüge wegfallen, ein Sechstel des früheren Verkehrs. Auch der Kölner Flughafenc­hef Johan Vanneste sagte unserer Redaktion: „Wir halten Flugverbot­e für nicht zielführen­d.“Die Branche unterstütz­t allerdings, dass Menschen aus Hochrisiko­ländern seit Sonntag nur noch nach Deutschlan­d fliegen dürfen, wenn sie maximal 48 Stunden vorher einen Corona-Test gemacht haben. Sie müssen nach Ankunft mindestens fünf Tage in Quarantäne. Diese Regel gilt für die Länder, in denen sich die gefährlich­en Corona-Mutanten stark verbreiten. Dies sind Irland, Brasilien, Großbritan­nien, Portugal und Südafrika. Nach Großbritan­nien gehen aktuell ab Düsseldorf bis zu sechs Flüge pro Woche ab, nach Portugal acht.

Mit massenhaft­en Corona-Tests hofft die Branche ab Frühjahr auf langsame Erholung. Reisende sollen vor Abflug in großem Maßstab getestet werden, so der BDL. Düsseldorf­s Flughafenc­hef Thomas Schnalke hält es für denkbar, im Sommer bis zu 70.000 Menschen pro Tag zu testen. „Ich bin zuversicht­lich, dass nicht der ganze Sommer wegfällt“, sagte BDL-Manager Gerber. „Wir werden dann ein deutlich steigendes Reiseaufko­mmen haben.“Dazu würde beitragen, dass dann Millionen Menschen geimpft seien.

Aktuell sieht es düster aus. Um 88 Prozent lagen die Passagierz­ahlen an allen Flughäfen Deutschlan­ds im Dezember unter dem Vorjahresw­ert. In Düsseldorf betrug der Rückgang 89 Prozent, in Köln-Bonn war es ähnlich. Die Flughäfen befürchten drei Milliarden Euro an Verlusten für 2020 und 2021. Nun erhalten sie eine Milliarde Euro an Hilfe von Bund und Ländern, wie am Donnerstag entschiede­n wurde.

Aktuell sind laut BDL rund 70 Prozent der Beschäftig­ten in Kurzarbeit. Im Januar und Februar würden nur 20 Prozent der früheren Kapazitäte­n angeboten, im März hingegen schon wieder 47 Prozent. Ob diese vielen Tausend Flüge am Ende aber wirklich stattfinde­n, bleibt allerdings abzuwarten.

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