Commerzbank auf radikalem Sparkurs
Das Geldinstitut zieht in der Krise die Notbremse. 10.000 Vollzeitstellen in Deutschland fallen weg; das betrifft jeden dritten Arbeitsplatz hierzulande. Außerdem werden 390 Zweigstellen geschlossen. Die Rendite soll deutlich steigen.
FRANKFURT Die Commerzbank hat die Katze aus dem Sack gelassen: Schon zwei Wochen vor der Präsentation der Geschäftszahlen für das vergangenen Jahr verkündet sie ihrer Belegschaft eine Hiobsbotschaft, die es in sich hat: Etwa 10.000 Vollzeitarbeitsplätze sollen in Deutschland wegfallen. Damit ist jede dritte Stelle hierzulande betroffen. Da es auch Teilzeitkräfte im Unternehmen gibt, liegt die Zahl der betroffenen Mitarbeiter über der Marke von 10.000 Menschen. „Die Commerzbank wird alles daransetzen, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern faire und – soweit möglich – sozialverträgliche Lösungen für den Stellenabbau zu vereinbaren. Die Bank strebt eine zügige Einigung mit dem Betriebsrat an, um möglichst schnell in die Umsetzung gehen zu können“, teilte das Unternehmen mit.
Das sind die Aussagen, die man in solchen Fällen immer hört. Sie deuten üblicherweise darauf hin, dass ein Unternehmen versucht, über Vorruhestandsregelungen und Abfindungsangebote einen Teil der Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden aus dem Konzern zu bewegen. Betriebsbedingte Kündigungen sind dann aber meist auch nicht ausgeschlossen. Das Konzept, das die Bank am Donnerstag in Grundzügen vorstellte, soll der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch billigen. Danach müsste es der Vorstand noch offiziell beschließen. Detailliert sollen die Pläne der Öffentlichkeit am 11. Februar bei der Bilanzvorlage vorgestellt werden.
Die Börse reagierte positiv auf die Nachrichten: Der Commerzbank-Kurs stieg bis Handelsschluss um fast sechs Prozent. Die geplante Kostensenkung falle noch viel höher aus, als das manche erwartet hätten, hieß es. Sinkende Kosten, höhere Gewinne, lautet in solchen Fällen die einfache Weisheit der Börsianer.
Der Konzern versucht unter anderem, über den Fillialabbau die Kosten zu senken. „Die Bank stellt künftig konsequent Profitabilität vor Wachstum, zum Beispiel wenn es um den effizienten Einsatz von Eigenkapital oder die leistungsadäquate Bepreisung von Produkten und Dienstleistungen geht“, erklärte das Unternehmen. Das heißt, der Vorstand unter dem seit Jahresbeginn
amtierenden Vorstandsvorsitzenden Manfred Knof wird jedes Investment auf den Prüfstand stellen. Und auch auf höhere Preise bei Dienstleistungen müssen sich die Kunden der Commerzbank offenbar einstellen. Dank des Programms, das zunächst 1,8 Milliarden Euro an Aufwendungen verschlingt, sollen die Kosten ab 2024 um 1,4 Milliarden Euro pro Jahr sinken. 800 Millionen Euro seien bereits 2020 zurückgestellt worden, hieß es.
„Wir wollen uns auf die Stärken der Commerzbank konzentrieren und damit ihre Leistungsfähigkeit nachhaltig sichern. Dafür werden wir mit aller Konsequenz Komplexität reduzieren und Kosten senken“, erklärte Konzernchef Knof. Der Manager hatte schon zu Jahresbeginn in einem internen Brief mitgeteilt, dass es „harte Entscheidungen und weitere Restrukturierungsmaßnahmen“geben werde. Knof ist selbst ein Getriebener, weil die Eigentümer der Bank höhere Erwartungen an die Profitabilität haben. Die Eigenkapitalrendite, die 2019 noch bei 2,4 Prozent lag, soll bis 2024 auf 6,5 bis sieben Prozent steigen.
Ein anspruchsvolles Ziel, das angesichts der schwierigen Ertragssituation nach Ansicht von Finanzexperten vor allem auf der Kostenseite gelöst werden muss. Entsprechend dünnt die Bank wie erwartet auch ihr Filialnetz deutlich aus. Von den
aktuell 790 Niederlassungen sollen 340 gestrichen werden; allein in diesen Filialen dürfte eine vierstellige Zahl von Arbeitsplätzen wegfallen. „Gleichzeitig wird die Bank ihre Geschäftsprozesse konsequent und durchgängig digitalisieren und automatisieren“, heißt es. In Zahlen heißt das: Der Konzern wird in den nächsten Jahren 1,7 Milliarden Euro vor allem in die IT stecken. Ob die Zahl der Zweigstellen danach noch weiter sinken wird, ist nicht bekannt. Sie ist in der Corona-Krise schon dadurch kleiner geworden, dass 200 Niederlassungen, die wegen der Pandemie geschlossen worden waren, nicht mehr geöffnet wurden.