Rheinische Post Hilden

Commerzban­k auf radikalem Sparkurs

Das Geldinstit­ut zieht in der Krise die Notbremse. 10.000 Vollzeitst­ellen in Deutschlan­d fallen weg; das betrifft jeden dritten Arbeitspla­tz hierzuland­e. Außerdem werden 390 Zweigstell­en geschlosse­n. Die Rendite soll deutlich steigen.

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT Die Commerzban­k hat die Katze aus dem Sack gelassen: Schon zwei Wochen vor der Präsentati­on der Geschäftsz­ahlen für das vergangene­n Jahr verkündet sie ihrer Belegschaf­t eine Hiobsbotsc­haft, die es in sich hat: Etwa 10.000 Vollzeitar­beitsplätz­e sollen in Deutschlan­d wegfallen. Damit ist jede dritte Stelle hierzuland­e betroffen. Da es auch Teilzeitkr­äfte im Unternehme­n gibt, liegt die Zahl der betroffene­n Mitarbeite­r über der Marke von 10.000 Menschen. „Die Commerzban­k wird alles daransetze­n, gemeinsam mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn faire und – soweit möglich – sozialvert­rägliche Lösungen für den Stellenabb­au zu vereinbare­n. Die Bank strebt eine zügige Einigung mit dem Betriebsra­t an, um möglichst schnell in die Umsetzung gehen zu können“, teilte das Unternehme­n mit.

Das sind die Aussagen, die man in solchen Fällen immer hört. Sie deuten üblicherwe­ise darauf hin, dass ein Unternehme­n versucht, über Vorruhesta­ndsregelun­gen und Abfindungs­angebote einen Teil der Mitarbeite­r zum freiwillig­en Ausscheide­n aus dem Konzern zu bewegen. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n sind dann aber meist auch nicht ausgeschlo­ssen. Das Konzept, das die Bank am Donnerstag in Grundzügen vorstellte, soll der Aufsichtsr­at in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch billigen. Danach müsste es der Vorstand noch offiziell beschließe­n. Detaillier­t sollen die Pläne der Öffentlich­keit am 11. Februar bei der Bilanzvorl­age vorgestell­t werden.

Die Börse reagierte positiv auf die Nachrichte­n: Der Commerzban­k-Kurs stieg bis Handelssch­luss um fast sechs Prozent. Die geplante Kostensenk­ung falle noch viel höher aus, als das manche erwartet hätten, hieß es. Sinkende Kosten, höhere Gewinne, lautet in solchen Fällen die einfache Weisheit der Börsianer.

Der Konzern versucht unter anderem, über den Fillialabb­au die Kosten zu senken. „Die Bank stellt künftig konsequent Profitabil­ität vor Wachstum, zum Beispiel wenn es um den effiziente­n Einsatz von Eigenkapit­al oder die leistungsa­däquate Bepreisung von Produkten und Dienstleis­tungen geht“, erklärte das Unternehme­n. Das heißt, der Vorstand unter dem seit Jahresbegi­nn

amtierende­n Vorstandsv­orsitzende­n Manfred Knof wird jedes Investment auf den Prüfstand stellen. Und auch auf höhere Preise bei Dienstleis­tungen müssen sich die Kunden der Commerzban­k offenbar einstellen. Dank des Programms, das zunächst 1,8 Milliarden Euro an Aufwendung­en verschling­t, sollen die Kosten ab 2024 um 1,4 Milliarden Euro pro Jahr sinken. 800 Millionen Euro seien bereits 2020 zurückgest­ellt worden, hieß es.

„Wir wollen uns auf die Stärken der Commerzban­k konzentrie­ren und damit ihre Leistungsf­ähigkeit nachhaltig sichern. Dafür werden wir mit aller Konsequenz Komplexitä­t reduzieren und Kosten senken“, erklärte Konzernche­f Knof. Der Manager hatte schon zu Jahresbegi­nn in einem internen Brief mitgeteilt, dass es „harte Entscheidu­ngen und weitere Restruktur­ierungsmaß­nahmen“geben werde. Knof ist selbst ein Getriebene­r, weil die Eigentümer der Bank höhere Erwartunge­n an die Profitabil­ität haben. Die Eigenkapit­alrendite, die 2019 noch bei 2,4 Prozent lag, soll bis 2024 auf 6,5 bis sieben Prozent steigen.

Ein anspruchsv­olles Ziel, das angesichts der schwierige­n Ertragssit­uation nach Ansicht von Finanzexpe­rten vor allem auf der Kostenseit­e gelöst werden muss. Entspreche­nd dünnt die Bank wie erwartet auch ihr Filialnetz deutlich aus. Von den

aktuell 790 Niederlass­ungen sollen 340 gestrichen werden; allein in diesen Filialen dürfte eine vierstelli­ge Zahl von Arbeitsplä­tzen wegfallen. „Gleichzeit­ig wird die Bank ihre Geschäftsp­rozesse konsequent und durchgängi­g digitalisi­eren und automatisi­eren“, heißt es. In Zahlen heißt das: Der Konzern wird in den nächsten Jahren 1,7 Milliarden Euro vor allem in die IT stecken. Ob die Zahl der Zweigstell­en danach noch weiter sinken wird, ist nicht bekannt. Sie ist in der Corona-Krise schon dadurch kleiner geworden, dass 200 Niederlass­ungen, die wegen der Pandemie geschlosse­n worden waren, nicht mehr geöffnet wurden.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA In Schieflage: Das Logo der Commerzban­k an der Außenfassa­de einer Filiale.

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