Schwedens Handballer erleben Renaissance
Die Erben von Jahrhundert-Spieler Magnus Wislander fordern Frankreich im WM-Halbfinale heraus.
KAIRO (dpa) Bundestrainer Alfred Gislason wird vor dem Fernseher ganz genau hinschauen, wenn sich Schwedens Handballer ein Jahr nach dem EM-Trauma den Traum von der ersten WM-Medaille seit Silber 2001 erfüllen wollen. Wie im Endspiel vor 20 Jahren treffen die Skandinavier, die in sechs Wochen einer von drei deutschen Gegnern in der Olympia-Qualifikation sind, im Halbfinale am Freitag (17.30 Uhr) in Kairo auf Rekordchampion Frankreich. „Es ist wunderbar, wenn es so besondere Zeiten gibt“, sagte Torwart Andreas Palicka vom Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen.
Die Euphorie im Drei-KronenTeam ist groß, stand man doch letztmals vor zehn Jahren im eigenen Land in einem WM-Halbfinale. Als Vierter gingen die Schweden damals genauso leer aus wie im Vorjahr bei der Heim-EM, als der sechsmalige Europameister und Rekord-Titelträger in der Hauptrunde kläglich scheiterte.
Entsprechend gering waren die Erwartungen in der Öffentlichkeit vor den Titelkämpfen in Ägypten. Doch die Mannschaft von Trainer Glenn Solberg trumpfte überzeugend auf und blieb im bisherigen Turnierverlauf ungeschlagen. „Es fühlt sich unwirklich an“, sagte Rückraumschütze Lucas Pellas nach dem souveränen 35:23-Sieg im Viertelfinale gegen Katar.
Großen Anteil an der sportlichen Renaissance hat Torwart Palicka. Der 34-Jährige, der von 2008 bis 2015 beim THW Kiel und seit 2016 bei den Löwen aus Mannheim sein Geld in der Bundesliga verdient, präsentiert sich bei der Endrunde in Topform. Das Team um Regisseur
Jim Gottfridsson vom deutschen Vizemeister SG Flensburg-Handewitt kämpft in Ägypten auch gegen die Erinnerungen an die großen Erfolge der Vergangenheit – und will endlich seine eigene Geschichte schreiben. Zwischen 1986 und 2002 standen die
Schweden mit Ausnahme von Olympia 1988 bei allen großen Turnieren unter den besten Vier und gewannen sechs Gold-, fünf Silber- und zwei Bronzemedaillen.
Berühmte Namen wie Magnus Wislander, der zum Welt-Handballer des 20. Jahrhunderts gekürt wurde, Staffan Olsson oder Ola Lindgren prägten die goldene Ära. Keine andere Nation war im Welt-Handball über einen solch langen Zeitraum konstant so erfolgreich wie Schweden – nicht einmal der sechsmalige Weltmeister Frankreich. Die Auswahl der Grande Nation ist für Palicka & Co. nun das letzte Hindernis auf dem Weg zur erhofften Medaille, die bei einem Sieg schon vor dem Finale gegen den Gewinner des Duells zwischen Titelverteidiger Dänemark und Europameister Spanien sicher wäre.