Rheinische Post Hilden

Zoom-Training bringt Ü 80-Senioren auf Trab

Gesundheit­sexpertin Angelika Opgenoorth weiß um die Bedürfniss­e der älteren Generation und bietet ihnen spezielle Online-Kurse.

- VON BIRGIT SICKER

HILDEN Seit nunmehr drei Monaten ruht in der Corona-Pandemie der Sportbetri­eb in Vereinen und Fitnessstu­dios. Ob der aktuelle Lockdown Mitte Februar endet? Darauf gibt es von Bund und Ländern noch keine Antwort. Die Amateurspo­rtler im Kreis Mettmann müssen sich also weiter gedulden.

Während sich Mannschaft­ssportler wie Fußballer, Handballer oder Basketball­er meist nach eigens vom Trainer erstellten Fitnessplä­nen individuel­l fit halten, müssen Breitenspo­rtler, die gemeinhin im Verein oder Fitnessstu­dio etwas für ihre Gesundheit tun, nun allein den inneren Schweinehu­nd überwinden. Ein Unterfange­n, das nicht einfach ist – erst recht nicht für die Generation Ü 80, die am liebsten in geselliger Runde in Maßen aktiv ist.

Weil Angelika Opgenoorth die Senioren-Gruppen in ihrem Studio bereits seit vielen Jahren ans Herz gewachsen sind, sorgt sie nun für Abhilfe und weitete die bereits im ersten Lockdown bewährten Zoom-Kurse aus. „Ich hatte vorher mit einigen gesprochen – die hatten alle keine Lust, allein Übungen zu machen“, erzählt sie. Die versierte Gesundheit­sexpertin nahm die Herausford­erung an und machte intensiv Werbung für ihre Online-Kurse. „Ich habe ihnen gesagt, dass ihre Enkel ihnen doch den Laptop für die Zoom-Übertragun­gen einrichten können. Die Technik ist eben so und dann muss man auch mal ran“, berichtet Opgenoorth.

Die engagierte 73-Jährige leistete überzeugen­d Aufklärung­sarbeit. Statt in den Gymnastikr­äumen an der Nordstraße sind die Senioren jetzt in den eigenen vier Wänden vor dem Computer aktiv. Seien es die Männer in ihrer ganz eigenen Gruppe am Mittwochab­end oder die Teilnehmer an der Seniorengy­mnastik am frühen Morgen. Knapp eine Stunde dauert das Training nicht nur auf dem Boden, sondern halb sitzend, halb stehend. „Wir arbeiten für den ganzen Körper, machen viel für den Rücken aber auch die Beine. Stabilität­sübungen sind wichtig für die Sturzpräve­ntion, Fingerspie­lchen ein gutes Training für die Augen“, gibt Angelika Opgenoorth einen

„Stabilität­sübungen sind wichtig für die Sturzpräve­ntion, Fingerspie­lchen ein gutes Training für die Augen“

kurzen Einblick in ihr Übungsprog­ramm und betont dann lachend: „Die müssen nicht nur die Finger bewegen, sondern richtig aktiv sein.“

Mit von der Partie ist mittwochs auch Lisa Siepmann. Pünktlich um 9.30 Uhr sitzt die 86-Jährige vor ihrem Laptop und freut sich, wenn es losgeht. 2018 zog die Seniorin in die Nähe ihrer Tochter, einer Ärztin, um im Alltag etwas Unterstütz­ung zu haben. „Ich habe in der Wirbelsäul­e einen Nerv eingeklemm­t und konnte den rechten Arm nicht mehr richtig bewegen“, erzählt sie. Nun lebt Lisa Siepmann also in einem kleinen, rund 3000 Einwohner zählenden Ort im Landkreis Fürstenfel­dbruck, 40 Kilometer von München entfernt in der Nähe des Ammersees. „Es

Angelika Opgenoorth war ein schwerer Übergang“, sagt die Rentnerin, die 20 Jahre in Haan wohnte, ehe sie mit ihrem zweiten Ehemann nach Benrath zog und verwurzelt­e. „Dort hat man alle Geschäfte, die man braucht. Hier gibt es gerade einmal zwei Supermärkt­e, eine Poststelle und eine Sparkasse“, charakteri­siert sie ihr neues Umfeld. Dafür sei die Natur wunderschö­n. Im Sommer kann man wandern, im Winter Ski laufen. „Momentan versinken wir im Schnee“, erzählt Siepmann lachend.

Langweilig ist es Lisa Siepmann keineswegs, aber sie stellt fest: „Der Sport hat mir gefehlt. Ich habe jahrelang Gymnastik und auch Tanzkurse bei Angelika gemacht. Nach dem Umzug habe ich geschaut, was ich hier machen kann. Ich habe aber nichts gefunden, was annähernd so ist wie bei Angelika.“Die 86-Jährige probierte Pilates oder Feldenkrei­s-Kurse aus, „aber nichts war so, wie ich es von Angelika gewöhnt bin“, erklärt sie. So machte Lisa Siepmann nur für sich selbst etwas Gymnastik – bis sie Weihnachte­n mit Angelika Opgenoorth telefonier­te.

„Zoom kannte ich noch nicht. Ich habe selbst versucht, meinen Laptop dafür einzuricht­en, kam aber nicht weiter. Meine Enkelin hat mir dann geholfen, damit ich einen

„Das ist eine super Sache, aber vielleicht macht Angelika das ja weiter für Leute, die nicht kommen können“

Zugang bekomme“, berichtet Lisa Siepmann und führt danach aus: „Das sind ein paar einfache Schritte, dann sieht man sich in einer Videokonfe­rnz. Wir sehen Angelika, die im Studio Anweisunge­n gibt und wenn wir das Mikro dazu schalten, können wir auch untereinan­der sprechen. Angelika sieht alle, die mitmachen und kann uns korrigiere­n, wenn wir eine Übung nicht richtig machen, zum Beispiel den Kopf zu sehr nach hinten neigen oder die Schultern hochziehen.“

Lisa Siepmann ist vom Online-Sport in der Heimat angetan, lobt „die persönlich­e Hinwendung der Dozierende­n“und freut sich, die Leute wiederzuse­hen, mit denen sie früher in Kursen war. Und auch die Sitzgymnas­tik gefällt ihr. „Das geht prima. Die Dreivierte­lstunde ist intensiv, danach bin ich total fertig“, erzählt sie begeistert. Schade findet sie nur, dass der Sport-Kontakt mit der Heimat wohl vorbei ist, wenn der Lockdown endet. „Das ist eine super Sache, aber vielleicht macht Angelika das ja weiter für Leute, die nicht kommen können. Als Gymnastikl­ehrerin ist sie einmalig. Ich habe das noch nirgends so erlebt wie mit ihr, weil sie immer den ganzen Körper mitnimmt. Rücken, Arme, Beine – alles ist bei den einzelnen Übungen beteiligt“, sprudelt es aus Lisa Siepmann heraus – und zwischen den Worten schwingt die Hoffnung mit, dass sie auch nach Corona weiter Zoom-Sport in der Heimat machen kann

Lisa Siepmann

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Angelika Opgenoorth macht vor der Kamera die Übungen für die Senioren vor.
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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Lisa Siepmann ist mit viel Freude bei der Sache.

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