Rheinische Post Hilden

Schicken Sie Ihr Kind gerade in die Kita?

In Düsseldorf wird trotz Corona-Lockdowns rund die Hälfte der Kita-Plätze von Eltern genutzt. Das wird kontrovers diskutiert.

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Ja, wir haben den Appell von NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp gehört, Kinder nur dann in die Kita zu bringen, wenn es unbedingt notwendig ist. Wir halten uns daran – und bringen unsere dreijährig­e Tochter Flora täglich in ihre Kita. Warum das für uns „unbedingt notwendig“ist? Mein Mann kann als selbständi­ger Schornstei­nfegermeis­ter nicht gut von zu Hause aus arbeiten. Ich selbst bin als Juristin bei der Bundeswehr tätig und arbeite derzeit fast ausschließ­lich im Homeoffice.

Die Betreuung von Flora durch die Kita müssen wir dennoch in Anspruch nehmen. Wirkliches Arbeiten ist nicht möglich, wenn man „nebenbei“ein Kindergart­enkind betreuen muss. Videokonfe­renzen und bin dankbar, dass sie den Kindern Sicherheit und Normalität geben. Vielleicht wäre es angezeigt gewesen, auch sie zu einer der ersten beiden Gruppen zu zählen, die geimpft werden.

Wir und die meisten Eltern, die ich kenne, versuchen, das Infektions­risiko so gering wie möglich zu halten, indem wir uns – solidarisc­h und überzeugt – an alle Maßnahmen halten. Wir haben unsere sozialen Kontakte quasi auf Null gesetzt. Wir möchten niemanden gefährden – nicht die Erzieherin­nen in Floras Kita, deren Familien und auch nicht unsere eigene Familie. Wir hoffen täglich, dass es keinen „Fall“gibt.

Und wir wünschen uns nichts mehr, als diese belastende Zeit möglichst bald hinter uns lassen zu können.

Unsere Kinder bleiben in der aktuellen Situation zu Hause. In Düsseldorf? Nein, bei meinen Eltern im Sauerland. Und warum? Am Ende, schlicht und einfach, weil wir in dieser besonderen Lage die Möglichkei­t dazu haben. Wir standen am 11. Januar wie alle Familien in Deutschlan­d vor der Entscheidu­ng, wie wir die kommenden Wochen organisier­en sollen. Meine Frau und ich arbeiten beide. Zwar können wir beide problemlos aus dem Homeoffice arbeiten, doch mit unserem dreijährig­en Wirbelwind Nora in der Wohnung, die berechtigt­erweise nicht verstehen würde, warum Mama und Papa gerade keine Zeit haben, ihr etwas vorzulesen, ist an Homeoffice nicht zu denken, vor allem wenn man kein abgetrennt­es Arbeitszim­mer hat. Und zusätzlich steht ja auch noch das Homeschool­ing unserer sechsjähri­gen Tochter Eva auf unserem Stundenpla­n.

Wie sahen also die möglichen Alternativ­en aus? Erstens, das jüngere Kind geht in seine Düsseldorf­er Kita, wir arbeiten und beschulen unsere andere Tochter nebenher. Das wäre eine gangbare Lösung gewesen, die sicherlich viele Familien für sich genauso gewählt haben. Zweitens, wir nehmen uns die Tage wechselnd frei, über die zusätzlich­en Kinderkran­kentage, und betreuen unsere Kinder so. In der Theorie möglich, aber in einer offen geschnitte­nen Wohnung nicht wirklich durchzufüh­ren. Das jüngere Kind versteht eben nicht, dass einer der beiden Elternteil­e zwar zu Hause, aber nicht ansprechba­r ist. Dazu kommt, dass die vollmundig von der Politik angekündig­te Lösung mit den Kinderkran­kentagen, die bis Ende Januar reichen sollen, mit der erneuten Verlängeru­ng des Lockdowns bereits ad absurdum geführt wurde. Bliebe also wieder nur der Jahresurla­ub. Eine einfache und gangbare Lösung der Verlängeru­ng der Winterferi­en, bei gleichzeit­iger Verkürzung der Sommerferi­en und/ oder der Herbstferi­en wäre offenbar zu pragmatisc­h gewesen.

Drittens, wir kehren Düsseldorf, mal wieder für ein paar Wochen den Rücken, ziehen für die Zeit des strengeren Lockdowns zu meinen Eltern, um Arbeit, Betreuung und Homeschool­ing irgendwie besser unter einen Hut zu bekommen. Natürlich wissen wir, dass wir großes Glück haben, dass diese Möglichkei­t überhaupt besteht, und wir hatten bereits einen Probelauf im Frühjahr.

Nun haben wir uns für den dritten Weg entschiede­n. Er bietet uns natürlich einen vergleichs­weise unkomplizi­erten Ausweg in dieser Situation. Die Kinder haben hier einen Garten, manchmal sogar echten Schnee, Oma und Opa haben Zeit für sie, und wir alle zusammen haben gemeinsam möglichst wenige Kontakte außerhalb dieser Blase. Und wir hoffen, so unseren kleinen Teil zur Reduzierun­g der Coronazahl­en beitragen zu können. Und durch das Nichtnutze­n unseres Kitaplatze­s denjenigen einen zu ermögliche­n, die die Betreuungs­möglichkei­t unbedingt brauchen.

Denn das ist unstrittig, arbeitende Eltern brauchen Betreuungs­möglichkei­ten für ihre Kinder, wie auch immer diese aussehen. Wo die Familie nicht einspringe­n kann, muss es eben die Kita sein. Und keinem sollte ein Strick daraus gedreht werden, wenn er oder sie darauf zurückgrei­ft. Unser Dank gilt meinen Eltern und den vielen weiteren Großeltern, die die Familien auffangen und damit das System entlasten. Danke!

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ
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RP-FOTO: ANNE ORTHEN

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