Die erste Kauffrau für den Online-Handel
Ein neuer Ausbildungsberuf entsteht nicht so oft. Lisa Pandza hat ihn als erste in Düsseldorf ergriffen.
DÜSSELDORF Lisa Pandza ist die erste ihres Fachs. Vor ihr hat es weder einen Kaufmann noch eine Kauffrau für den Online-Handel in Düsseldorf gegeben. Denn die Ausbildung zu diesem Beruf gibt es erst seit 2018. Und Lisa Pandza konnte sie aufgrund von Berufserfahrung und einer vorherigen anderen Ausbildung abkürzen. So ließ sie die 40 weiteren Azubis hinter sich, die jetzt erst nach und nach fertig werden.
„Kauffrau im E-Commerce“heißt Pandza jetzt ganz formell. Und als solche ist sie von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen worden. „Das war die perfekte Wahl“, sagt die 36-Jährige über ihren Arbeitgeber Warehouse One, der in Düsseldorf Zubehör rund um Funsport-Arten verkauft. Vor allem die Vielseitigkeit ihres Berufs schätze sie sehr, der sich auch aus der breiten Präsenz des Unternehmens im Internet ergebe, ob in den Sozialen Medien oder bei Plattformen wie Amazon und Ebay. Sie ist dabei mit Buchhaltung befasst, dem Einkauf, Marketing, Projekten, juristischen Fragen oder der Pflege des Online-Shops. Das wichtigste Ziel: „Die Zufriedenheit der Kunden“. Auch wenn sie mit ihnen weniger im direkten Kontakt stehe.
Auch die flachen Hierarchien schätze sie sehr. Das mit den Funsport-Arten verbundene Lebensgefühl strahle auf den Umgang der Mitarbeiter untereinander aus. „Es macht Spaß, dass meine Arbeit so viele Facetten hat und ich mit so vielen unterschiedlichen Abteilungen zu tun habe.“
Pandza hatte zunächst in der Gastronomie gearbeitet und eine Ausbildung absolviert, übrigens im Sterne-Restaurant „Im Schiffchen“. Nach späteren Erfahrungen als Verkäuferin und im Online-Handel sowie nach ihrer Trennung suchte sie als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern etwas anderes. Im neuen Beruf sieht sie deutlich sicherere Perspektiven für die Zukunft als in der Gastronomie. Zudem ließe sich Online-Handel besser mit Teilzeit und Homeoffice vereinbaren.
Der Schritt in einen komplett neuen Ausbildungsberuf war jedoch mit einigen Hindernissen verbunden. Sie erinnert sich, dass es mit dem Internet im Unterricht zunächst etwas haperte. Auch die Lehrer waren offenbar mit den Abläufen nicht immer so vertraut. Und die Bildungsträger waren laut Pandza nicht so gut auf die neue Tätigkeit vorbereitet. Bevor sie allein in einem Raum vor einem Computer gesessen hätte, sei sie froh, dass sie mit Hilfe der IHK schließlich ihren Arbeitgeber mit viel Erfahrung im Metier fand.
Warehouse One sitzt heute mit Showroom und Lager an der Nürnberger Straße und und feiert in diesem Jahr 25-jähriges Bestehen. Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es auch Online-Handel, wie der Geschäftsführer Mark Höpfner erzählt. Damals war der E-Commerce-Anteil des Geschäfts nur gering, bildet aber heute den Schwerpunkt. 25 Festangestellte gibt es. Höpfner sei froh, dass die Ausbildung endlich an die Realität angepasst worden sei. Zwar habe es den Beruf des Kaufmanns für den Online-Handel zuvor faktisch schon gegeben, „aber die Ausbildung, etwa zum Einzelhandelskaufmann, entsprach nicht dem, was bei uns uns in der Praxis gefordert ist.“So musste oft intern nachgeschult oder schlichtweg auf das Prinzip „learning by doing“gesetzt werden. „Das Wissen um die technischen Abläufe fehlte meist, aber auch um die speziellen Ansätze für das Online-Marketing.“
Dass ein ganz neuer Ausbildungsberuf entsteht, ist übrigens recht selten der Fall, wie Eva Scharner sagt, Teamleiterin bei der Berufsberatung im Erwerbsleben bei der Agentur für Arbeit in Düsseldorf. Insgesamt gibt es derzeit 325 Ausbildungsberufe. „Meistens werden die Rahmenlehrpläne
angepasst und auch der Name“, sagt Scharner. So sei der Fahrzeuginnenausstatter etwa zum Fahrzeuginterieur-Mechaniker geworden. Zum Beispiel, weil angesichts von High-Tech-Sitzen mehr mechanisches Fachwissen vonnöten sei, sagt Scharner. Vor allem im Feld der Digitalisierung seien immer wieder Anpassungen nötig. Der Fachinformatiker könne sich jetzt in weiteren Teilbereichen spezialisieren, etwa bei der Vernetzung von Produkten und Maschinen.
Aber: Es würden auch Berufe wegfallen. „Das hält sich die Waage.“In den 70er Jahren traf es etwa Etuimacher und Fischräucherer oder 2011 den Handschuhmacher.