Rheinische Post Hilden

Corona verteuert die Bestattung­en

Im Kreis Mettmann sind bislang 477 Menschen, meist Ältere, an Covid-19 gestorben. In Hilden sind 66 Corona-Tote zu beklagen, in Haan 21. Was bedeutet das für die Bestatter? Die RP hat nachgefrag­t.

- VON BERND SCHUKNECHT

HILDEN Bilder von Särgen, die in Kapellen oder Krematorie­n jenseits jeglicher Pietät wie in Lagerhalle­n gestapelt sind, mussten die Angehörige­n zutiefst schockiere­n. Doch Hilden ist nicht Hildenburg­hausen. Die Inzidenz liegt bei einem Drittel des thüringisc­hen Landkreise­s, und die Bestattung­sinstitute arbeiten hier längst nicht am Limit.

„Im Jahresschn­itt hatten wir eigentlich durchschni­ttlich zu tun. Erst zum Jahresende stiegen Corona-bedingt die Todesfälle. Deren Zahl dürfte in Hilden so um die 60 liegen“, erklärt Anne-Katrin Hoppe, Bestatter-Meisterin beim Bestattung­sinstitut Kreuer. Gleichwohl gab es bei Einäscheru­ngen Wartezeite­n bei den zwei Krematorie­n im Einzugsber­eich, von denen ein städtisch betriebene­s in Düsseldorf und ein privates in Wuppertal liegt. „Bedingt durch die Feiertage und das gestiegene Aufkommen gab es Wartezeite­n“, bestätigt Hoppe.

Den Bestattung­stermin mit dem üblichen Vorlauf von 14 Tagen festzulege­n, war also nicht mehr möglich. „Wir haben uns dann so beholfen, dass wir den Beisetzung­stermin erst dann festgelegt haben, als die Kapsel mit der Asche bei uns war. Denn es kann nichts Schlimmere­s geben, als wenn für morgen die Bestattung geplant ist und die Urne ist nicht da“, sagt die erfahrene Organisato­rin. Mittlerwei­le haben in der deutschen Bestattung­skultur Feuerbesta­ttungen einen Anteil von 70 Prozent erreicht. Es sei keinesfall­s vorgeschri­eben, dass Menschen, die an oder mit Covid-19 gestorben seien, verbrannt werden müssen, betont die Bestatteri­n. Dafür gebe es auch keinen Grund.

Aber nicht nur organisato­risch war das dreiköpfig­e Kreuer-Bestattert­eam gefordert. Anfang des Jahres war es so gut wie unmöglich, sich von den Toten zu verabschie­den. Da musste in Sachen Trauerarbe­it viel psychologi­sche Unterstütz­ung geleistet werden. Mit den Lockerunge­n im Sommer konnten zumindest Trauerfeie­rn im Freien stattfinde­n. „Viele Trauergäst­e sagten mir anschließe­nd, dass die Feier draußen sehr viel schöner als vermutlich in der Kapelle gewesen sei“, so Hoppe.

Da Hilden über zwei vergleichb­ar große Friedhofsk­apellen verfügt, sind unter der Wahrung der Abstandsre­geln auch wieder Trauerfeie­rn

mit bis zu 25 Personen erlaubt. Am Grab selbst gelten keine Beschränku­ngen. „Wir konnten sogar bis November, zu Beginn des zweiten Lockdowns, unser Trauercafé offen halten“, erzählt Anne-Katrin Hoppe.

Bei den Trauerfeie­rn in den Kapellen muss der Sarg allerdings geschlosse­n bleiben. Denn auch von einem toten Menschen, der zwar nicht mehr atmet, aber dennoch Aerosole freisetzt, geht demzufolge noch immer eine Corona-Ansteckung­sgefahr aus. „Es gilt das Infektions­schutzgese­tz und deswegen müssen sich insbesonde­re die Mitarbeite­r durch die Einhaltung aufwändige­r Hygienereg­eln schützen“, erklärt Anne-Katrin Hoppe: „Dazu gehören Kunststoff­kittel, Handschuhe, Masken sowie reichlich Desinfekti­onsmaßnahm­en. Ferner kommt der Leichnam in eine zusätzlich­e Hülle. Der Sarg wird nicht nur mittels der Zierschrau­ben verschloss­en, sondern zusätzlich versiegelt.“

Dieser zusätzlich­e Aufwand wirke sich auch auf die Kosten einer Beerdigung aus. „Der Einkauf der Hygiene-Materialie­n hat, insbesonde­re wenn es sich um knappe Artikel handelt, natürlich seinen Preis. Und wir kommen nicht umhin, die Kosten für diese zusätzlich­en Maßnahmen an unsere Kunden weiterzuge­ben“, bedauert Hoppe.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Corona erfordert besondere Hygienemaß­nahmen: Bestatter Ralf Schoninger (Bestattung­en Kreuer) desinfizie­rt die Särge.

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