Politik kann haarig sein
Der Frisur kommt in CoronaZeiten auch im Regierungsviertel eine wichtige Rolle zu.
Dass man langsam grau wird, damit muss man dann leben“, sagte Angela Merkel auf die Frage in einem Interview, wer sich denn um ihre Frisur so kümmere. Die Bundeskanzlerin stellte bei diesem Anlass klar, dass sie eine Assistentin habe, die „unter allen sanitären Bestimmungen“dafür sorge, dass die Frisur bei der Regierungschefin sitzt – egal bei welcher Videoschalte. Das Färben überlässt aber auch die Regierungschefin offenbar den professionellen Vertretern des Friseurhandwerks.
Beim bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder ist wiederum davon auszugehen, dass sich in der Krise niemand um seine Frisur kümmert. Der bayerische Vielleicht-Kanzlerkandidat
KERSTIN MÜNSTERMANN
der Unionsparteien lässt einfach wachsen. Und bei manch einer Ministerin sieht man ebenfalls, dass die Blond-Töne nicht mehr ganz so intensiv sind wie zu Beginn der Krise – was irgendwie sympathisch wirkt. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, geht ganz offensiv mit ihrer wilden Mähne um: „Ich sehe aus wie ein Wischmopp.“Sie sei trotzdem glücklich, dass sie „mehr Haare als im ersten Shutdown“habe, schreibt sie bei Twitter weiter. Stimmt, möchte man ihr beipflichten – durch ihre Brustkrebserkrankung kamen die Haare erst allmählich wieder zurück.
Dass die Haarpracht und -farbe von Politikern zum Gegenstand öffentlicher Debatten wurden, gab es übrigens schon vor Corona. Altkanzler
Gerhard Schröder prozessierte einst gegen eine Nachrichtenagentur, weil diese in einem Interview eine Imageberaterin hatte zu Wort kommen lassen, die behauptete, der Kanzler töne seine Schläfen. Was, wie in dem Rechtsstreit unstrittig war, nicht den Tatsachen entsprach. Der Fall landete vor dem Bundesverfassungsgericht, Schröder bekam recht. Das Gericht machte deutlich, dass der Streit um des Kanzlers Haarfarbe zwar nicht von großer politischer Tragweite, aber für die Öffentlichkeit dennoch nicht unbedeutend gewesen sei.
Politik ist eben manchmal eine haarige Angelegenheit.
Unsere Autorin ist Leiterin des Berliner Parlamentsbüros. Sie wechselt sich hier mit Jan Drebes und Elisabeth Niejahr ab.