Kohlestrom verliert an Bedeutung
Eine Studie legt nahe, dass die Pandemie den Kohleausstieg beschleunigen könnte.
BERLIN Die Corona-Pandemie könnte den Ausstieg aus dem Kohlestrom beschleunigen. Vom sinkenden Energiebedarf in der Krise sei die Kohle stärker als andere Stromquellen betroffen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), die die Auswirkungen der Krise auf den Energiesektor untersucht. „Wenn die Nachfrage nach Strom sinkt, werden in der Regel zuerst die Kohlekraftwerke abgeschaltet“, sagt Christoph Bertram, der Leitautor der Studie. Der Prozess der Verbrennung verursache laufend Kosten, da Kraftwerksbetreiber jede einzelne Tonne Kohle bezahlen müssten, erläutert Bertram. Erneuerbare Energien wie Wind- und Solaranlagen würden wegen ihrer geringeren Betriebskosten auch bei sinkender Nachfrage weiterlaufen.
Der rückläufige Anteil der fossilen Energieträger im Stromerzeugungsmix könnte laut dem Forscherteam die Pandemie überdauern. Im Jahr 2020 seien die CO2-Emissionen des Stromsektors weltweit um sieben Prozent gesunken. Nimmt man Indien, die USA und die europäischen Länder zusammen, seien die monatlichen CO2-Emissionen um bis zu 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken – bei einem
Rückgang der Stromnachfrage um 20 Prozent. „Unsere Studie zeigt, dass es nicht nur ökologisch unverantwortlich, sondern auch ökonomisch sehr riskant ist, in fossile Energieträger zu investieren“, sagte Ottmar Edenhofer, Co-Autor und Direktor des PIK.
Damit der sinkende Kohleanteil nach der Pandemie nachhaltig stabilisiert werden kann, fordern die Studienautoren verstärkte politische Bemühungen. „Um den Anteil des Kohlestroms dauerhaft zu reduzieren eignet sich eine Bepreisung der CO2-Emissionen mit vorhersehbar steigenden Preisen am verlässlichsten“, sagte Bertram unserer Redaktion. Helfen könnte hier gegebenenfalls die Förderung der erneuerbaren Energien. Auch die Förderung einer effizienteren Stromnutzung könne den Kohlestrom weiter verdrängen, so Bertram.
Im Bundesumweltministerium spricht man mit Blick auf die Kohle von einem „Auslaufmodell“. Spätestens seit der Reform des europäischen Zertifikatehandels werde die Kohle als Energieträger für die Betreiber „immer unwirtschaftlicher“, teilte ein Sprecher des Ministeriums mit.