Was ein Gymnasium erfolgreich macht
Bei den Anmeldungen zu den Gymnasien ändern sich die Vorlieben der Viertklässler und ihrer Eltern von Jahr zu Jahr. Ist es das Profil, die Nähe zum Wohnort, der Ganztagsbetrieb oder der Auftritt im Netz? Eine Spurensuche.
DÜSSELDORF In diesem Jahr ist das Goethe-Gymnasium mit 198 Erstanmeldungen der Spitzenreiter unter den städtischen Gymnasien. Mit einem Plus von 51 Anmeldungen im Vergleich zum Vorjahr löst die Schule an der Lindemannstraße das Gerresheimer Gymnasium Am Poth (2020: 195 Anmeldungen) sowie das davor erfolgreiche Humboldt-Gymnasium (2019: 202 Anmeldungen) ab. Die Gründe für die Schwankungen sind vielfältig.
Die Zuzüge
Neue Wohngebiete oder Nachverdichtungen in bestimmten Quartieren beeinflussen die Anmeldezahlen unmittelbar. Das dürfte auch beim Goethe-Gymnasium eine entscheidende Rolle gespielt haben. Bereits in den vergangenen Jahren waren die Zahlen der Grundschüler im Stadtbezirk 2 (Flingern, Düsseltal) gestiegen. „Die hohe Zahl der Anmeldungen ist eine logische Folge aus dieser Entwicklung“, sagt Schuldezernent Burkhard Hintzsche. Dabei spielten die Neubaugebiete im Umfeld der Schule eine Rolle.
Das Einzugsgebiet
An den Gymnasien, die in klassischen Wohngebieten liegen und ein großes Einzugsgebiet haben, ist die Nachfrage in aller Regel überdurchschnittlich. Rund um Gerresheim wird das alljährlich zum Problem. Denn das Einzugsgebiet des Marie-Curie- und des Gymnasiums Am Poth reicht bis Knittkuhl, Unterbach, Eller und an den Rand von Flingern. Entsprechend erhalten beide Gymnasien durchweg mehr Anmeldungen, als sie Schüler aufnehmen können. In den vergangenen Jahren hat das für Frust gesorgt, weil Schüler per Losverfahren ausschieden und auf weiter entfernte Schulen umberaten wurden.
„Hier könnten neue Standorte wie das geplante Gymnasium Grafental für Entlastung sorgen“, sagt Raphael Flaskamp, Schulleiter Am Poth. Ob sich die Neueröffnung am Ende bemerkbar mache, sei allerdings offen, „denn parallel entsteht ja in unserem Bezirk das neue Glasmacher-Viertel.“Mit dem umgekehrten Effekt müssen Innenstadt-Standorte wie das Görres- und das Luisen-Gymnasium klar kommen. In der Nähe wohnen nur wenige Jugendliche, beide Schulen müssen durch besondere Angebote um Pendler werben. Zuletzt ist das den beiden Traditionsgymnasien wieder besser gelungen.
Der Ping-Pong-Effekt
Bei Gymnasien, die im selben Bezirk liegen, kommt es häufig zu einem PingPong-Effekt. „Wenn an einem Standort viele Schüler abgelehnt werden, weil Plätze fehlen, weichen verunsicherte Eltern im Folgejahr oft auf den Parallelstandort aus. Noch ein Jahr später ist es dann wieder umgekehrt“, meint Flaskamp. Ähnliche Effekte gibt es auch im Linksrheinischen, wo das Comenius- und das Cecilien-Gymnasium kommunizierende Röhren bilden.
Weiche und harte Faktoren
Ralf Schreiber, der das Goethe-Gymnasium leitet, sieht weitere Faktoren, die einen Trend verstärken können. So sei digitale Kompetenz in Zeiten der Pandemie wichtiger geworden. „Wir haben eine Homepage, die das den Interessenten spiegelt, und haben in diesem Jahr auch die Anmeldung digital abgewickelt“, sagt der Pädagoge. Hinzu käme ein Teamgeist und ein Wir-Gedanke, der auf flache Hierarchien setze. „Am Ende spricht es sich so etwas herum“, sagt Schreiber, der betont, dass „vieles am Ende eben doch Spekulation bleibt“.
Klar scheint, dass öffentlich gewordene Querelen (wie vor einigen Jahren am Görres) oder längerfristige Schulleiter-Vakanzen der Beliebtheit schaden können. Und was ist mit Profilen und Spezialisierungen? „Das sollte, vielleicht mit Ausnahme der klassischen Schwerpunkte im musischen und sportlichen Bereich, nicht überschätzt werden“, sagt Flaskamp. Oft kooperierten Nachbarschulen sehr konstruktiv. So biete seine Schule Italienisch in der Oberstufe an. „Wer aber lieber Spanisch machen will, geht rüber ins Marie-Curie. Wir öffnen unsere Schwerpunkte für die Heranwachsenden der jeweils anderen Schule.“
Überraschend am diesjährigen Ranking: Bauarbeiten oder Provisorien scheinen die Eltern kaum zu beeinflussen: So erzielte das im Aufbau befindliche Wim-Wenders-Gymnasium mit 161 Anmeldungen ein Plus von 42 und das zurzeit im Container angesiedelte Rückert-Gymnasium mit 114 einen Zuwachs von 25 Anmeldungen.