Evangelische Kirche fühlt Düsseldorfern auf den Zahn
Im Projekt Bürgergutachten sollen 200 Düsseldorfer bis zum Herbst gemeinsam erarbeiten, was sie bewegt.
DÜSSELDORF Die evangelische Kirche will es wissen: Wie ticken die Düsseldorfer im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts? Was erwarten sie von der Stadt, in der sie leben? Und was von einer Gemeinschaft, deren Charakter als Volkskirche in einer zunehmend säkularen Metropole der Vergangenheit angehört? Mit einem Pilot-Projekt, das für einen evangelischen Kirchenkreis bundesweit eine Neuheit darstellt, suchen die Protestanten gemeinsam mit zufällig ausgewählten Bürgern in den kommenden Monaten
nach Antworten. Rund 200.000 Euro lässt sich der Kirchenkreis das von der Universität Wuppertal wissenschaftlich begleitete Bürgergutachten kosten.
„Wir rechnen damit, dass wir auch Antworten erhalten, die uns womöglich hart treffen, aber wir wollen keinen Innovationspuderzucker mehr, sondern echte Erneuerung“, sagt Superintendent Heinrich Fucks. Eigentlich hatte die Kirche das Projekt unter dem Titel „Glauben in der Stadt“bereits 2020 umsetzen wollen. Doch bevor es seinerzeit richtig beginnen konnte, brach die Corona-Pandemie aus. Nun wird es mit rund einem Jahr Verzögerung in angepasster Form, zu der beispielsweise digitale Arbeitsgruppen („Planungszellen“) gehören, stattfinden.
Und so erhalten ab dem kommenden Montag 4000, zufällig über das Melderegister ausgewählte Bürger Post vom Kirchenkreis und der Wuppertaler Uni. Angeschrieben werden Menschen aller Altersgruppen, unabhängig davon, ob sie zur Kirche gehören oder überhaupt gläubig sind. „Natürlich ist die Teilnahme freiwillig, wer sich angesprochen fühlt, kann sich bei uns melden“, sagt Yazgülü Zeybek, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin des
Instituts für Demokratie- und Partizipationsforschung das Projekt koordiniert.
Jeweils 100 Menschen sollen an mehreren Tagen im April und Juni miteinander diskutieren. Dafür können Arbeitnehmer Bildungsurlaub beantragen. Geplant sind in beiden Monaten vier Gruppen mit 25 Teilnehmern. „Eine Planungszelle ist jüngeren Menschen zwischen 14 und 28 Jahren vorbehalten und im Juni dominieren Teilnehmer mit evangelischem Hintergrund“, sagt Zeybek. Gesprochen wird über eine große Bandbreite an Themen. „Wertevorstellungen, wichtige Rituale,
Freizeitgestaltung, Sonntagsruhe, Klima und Digitalisierung gehören dazu“, sagt Fucks. Am Ende gehe es um zentrale Fragen wie „Wo stehen wir?“oder „Wer sind wir?“. Die Kirche wolle so ein Gespräch initiieren, das der ganzen Stadtgesellschaft helfe und am Ende den Zusammenhalt fördere.
Fragen zum Bürgergutachten können beim virtuellen Auftakt am Freitag, 12. Februar, um 18 Uhr gestellt werden. Die Gesprächsrunde wird auf dem Youtube-Kanal der Evangelischen Kirche Düsseldorf übertragen. Infos unter www. wieviel-kirche-braucht-die-stadt.de