Betrug mit Fantasie-Rechnungen
102 Unternehmer zahlten für nicht existente Einträge in ein Handelsregister.
DERENDORF Als Betrüger in mindestens 102 Fällen muss sich am Dienstag ein 40-jähriger Familienvater aus Derendorf vor dem Amtsgericht verantworten. Innerhalb von sieben Monaten soll er laut Anklage unzählige amtlich aussehende Briefe an Firmengründer verschickt und darin „Gebühren“für die angebliche Aufnahme in ein Handelsregister verlangt haben.
Mehr als hundert Firmen sollen die geforderten Beträge überwiesen haben – insgesamt kamen so laut den Ermittlungen fast 100.000 Euro zusammen. Alleiniger Chef der Absender-Firma, einer Gesellschaft für Datenverarbeitung, soll der Angeklagte gewesen sein. Er gab bisher aber nur zu, dass er Konten besaß, auf denen die Gelder eingingen.
Schreiben von Bundesbehörden tragen in der Regel einen vollständigen Bundesadler. Auf den Schreiben an Firmengründer, die bundesweit verschickt wurden, war dagegen nur ein halber Adler aufgedruckt. Und doch wirkte die Post aus Düsseldorf auf mindestens hundert Empfänger offenbar echt – halbamtlich sozusagen. Die Unternehmer glaubten demnach, durch Zahlung des geforderten Betrages mit den Daten ihrer Firmen ordnungsgemäß in ein amtsgerichtliches Handelsregister und den Bundesanzeiger aufgenommen zu werden.
Laut Anklage sollen die Schreiben sollen sogar den Eindruck erweckt haben, die Gründer seien zur Zahlung verpflichtet. Die Palette der dadurch geprellten Firmen reicht laut Anklage von Bäckereien über Makler, Hotels, Taxi-Betriebe, Immobilien-Verwaltungen und Fitness-Clubs bis hin zu Senioren-Domizilen und einer Hebammengemeinschaft. Auch die Verantwortlichen eines süddeutschen Eishockey-Clubs überwiesen gutgläubig den verlangten Betrag. Den Ermittlungen zufolge wurden „Gebühren“von 727 bis fast 5200 Euro auf die Konten des Angeklagten eingezahlt. Die Gegenleistung dafür soll allerdings gleich Null gewesen sein.
Faktisch war der Angeklagte der einzige, der bei der Absender-Gesellschaft für Datenverarbeitung als Geschäftsführer und bei den Konten als Inhaber aufgeführt war. Ob er jene gefälschten „Amtsschreiben“aber auch selbst entworfen und verschickt hat, ist derzeit noch unklar. Er soll nach seiner Festnahme lediglich eingeräumt haben, dass er auf die Konten der Datenverarbeitungsgesellschaft Zugriff hatte. Sollten die Vertreter aller geschädigten Firmen jetzt als Zeugen benötigt werden, könnte der Prozess gegen den 40-Jährigen zu einem Mammut-Verfahren werden.