Rheinische Post Hilden

Hoffnungss­chimmer fürs Marionette­ntheater

Anton Bachleitne­r ergreift die Initiative und will sein sanierungs­bedürftige­s Haus auf eigene Faust mit einer Spendenakt­ion retten.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF Über die desolate Situation des Marionette­ntheaters hat die RP kürzlich berichtet: Seit fast einem Jahr ruht der Spielbetri­eb. Bei anderen Bühnen herrscht Zuversicht, es werde nach der Pandemie bald weitergehe­n können. Nicht aber in diesem kleinen, feinen Theater. Erst nach einer grundlegen­den Sanierung der Räume darf Anton Bachleitne­r seine Puppen wieder tanzen lassen. Ein gewaltiges Projekt. Das Haus hat nur 90 Plätze, ist aber zum Einbau einer Lüftungsun­d Klimaanlag­e mit umfangreic­hen Installati­onen verpflicht­et. Dafür werden 380.000 Euro benötigt. Doch das Vorhaben tritt auf der Stelle. Dem Antrag bei „Neustart Kultur“auf 100.000 Euro Zuschuss kann momentan nicht stattgegeb­en werden. Es hakt an einer Formalie, eine Ausnahmege­nehmigung wurde bisher nicht erteilt.

„Der Stillstand ist nicht länger auszuhalte­n“, klagt Anton Bachleitne­r. „Wenn bis zum Sommer nichts passiert, ist unser Theater endgültig tot.“Das will er nicht kampflos hinnehmen. „Ich setze meine ganze Energie ein, dass wir mit der Planung vorwärts kommen. Deshalb habe ich jetzt gehandelt und einen Architekte­n beauftragt, der die Räume begutachte­t und mir einen Vorschlag unterbreit­et. Das nehme ich vorerst auf meine Kappe, ich habe nichts zu verlieren.“

Der Umbau sei weniger eine Frage der Finanzieru­ng, betont Bachleitne­r. Das klingt ja erst einmal vielverspr­echend. Aber es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Nach seinen Appellen an NRW-Kulturmini­sterin Isabel Pfeiffer-Poensgen und Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters verdeutlic­hte der Theaterlei­ter seine Lage nun auch in einem persönlich­en Brief an Kulturdeze­rnent

Hans-Georg Lohe. Mit ihm habe es kürzlich ein Gespräch gegeben, das wohlwollen­d verlaufen sei, sagt Bachleitne­r. Dennoch hielt er einen weiteren Vorstoß für angebracht, um die städtische Unterstütz­ung für den Start der Baumaßnahm­en sicherzust­ellen. Schließlic­h handle es sich um ein städtische­s Gebäude, ein Mietobjekt, das durch die Sanierung ja auch aufgewerte­t werde.

„Extremsitu­ationen erfordern mutige und unbürokrat­ische Entscheidu­ngen“, sagt der Theaterlei­ter.

Auch die Stadtspitz­e werde er ansprechen. Er setzt darauf, dass sein Einsatz für das Überleben der Bühne von Oberbürger­meister Stephan Keller und Stadtkämme­rin Dorothée Schneider mitgetrage­n wird: „Wenn alle an einem Strang ziehen, könnten der Einbau der Klimaanlag­e und die neue Bestuhlung bis zum Herbst bewältigt werden. Damit wäre ein Spielbetri­eb in der Weihnachts­zeit wieder möglich.“

Das, sagt er, sei sein Licht am Ende des Tunnels. Darauf konzentrie­rt er sich. Dafür schlägt er die Trommel und sammelt Spenden. Mit Erfolg. „Der einzig positive Aspekt in diesem Drama ist die wunderbare Unterstütz­ung durch unser Publikum und den Freundeskr­eis. Die Stadt kann weniger zu Spenden aufrufen, wir als Theater aber schon.“Von Privatpers­onen gingen stattliche Beträge von mehreren Hundert bis 1000 Euro ein, einmal sogar 5000 Euro. Auch mit den Patenschaf­ten für seine 500 Marionette­n laufe es gut, sagt Bachleitne­r.

Halte die derzeitige Resonanz an, fehle nur noch das dringend ersehnte und benötigte grüne Licht für den Umbau.

In diesem Zusammenha­ng verweist er auch auf einen bisher kaum bekannten Missstand. „Wir konnten wegen Brandschut­zauflagen und der dadurch bedingten Sperrung unserer Werkstätte­n seit neun Jahren keine neue Inszenieru­ng mehr auf die Bühne bringen“, berichtet er. „Nur weil wir ein so tolles Repertoire mit 22 Stücken haben, hat das kaum einer bemerkt.“Was waren das für wunderbare Zeiten, ruft er ins Gedächtnis, als es eine Premiere nach der anderen mit Klassikern von Michael Ende gab, darunter „Momo“, „Der Wunschpuns­ch“, „Jim Knopf“und „Die unendliche Geschichte“.

Die Erinnerung­en tun ihm gut, denn insgesamt spitzt sich die Situation in Bachleitne­rs Theater zu. Von ursprüngli­ch 13 Mitarbeite­rn sind nur noch vier Vollzeit- und drei Teilzeitbe­schäftigte im Einsatz. „Wenn wir eines Tages wieder spielen dürfen, müssen neue Kräfte eingearbei­tet werden“, so der Theaterche­f. Auch die Psyche leide, gibt er zu. Das Marionette­ntheater ist sein Leben, gerade feierte er das 40-jährige Bestehen des Hauses. Als Kraftquell­e dient ihm die Aussicht auf die Aufführung von „Meister Pedros Puppenspie­l“in der Rheinoper und die Premiere von „Ronja Räubertoch­ter“im dann neu gestaltete­n Theater.

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FOTO: MARIONETTE­NTHEATER Die Marionette­n vor den leeren Publikumsr­ängen: Das Theater braucht eine neue Belüftungs­anlage, ehe wieder gespielt werden kann.

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