Viel Kritik an uneinheitlichen Regeln
BERLIN (mar, mün, jwo) Trotz deutlich sinkender Infektionszahlen haben sich Bund und Länder auf eine Verlängerung des bestehenden Corona-Lockdowns bis 7. März geeinigt. Eine Ausnahme soll für Friseure gelten. Sie sollen unter strikter Einhaltung von Hygieneregeln bereits am 1. März wieder öffnen dürfen. Die besonders strittige Frage der Schul- und Kitaöffnungen sollen die Bundesländer nach eigenem Ermessen regeln.
Genau das hatte jedoch der Deutsche Philologenverband abgelehnt. „Wenn die Bundesländer entscheiden, wie und wann sie den Schulbetrieb wieder aufnehmen, muss klar sein, dass dies nach einheitlichen Regeln zu erfolgen hat“, sagte die Verbandsvorsitzende Susanne Lin-Klitzing unserer Redaktion. Auch der Deutsche Lehrerverband (DL) signalisierte Bedauern darüber, dass die Bundesländer sich bei den Schulöffnungen nicht auf eine gemeinsame Öffnungsstrategie einigten. Es werde nicht einheitlich nach dem Infektionsgeschehen, „sondern nach politischen Erwägungen gehandelt“, sagte DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unserer Redaktion. Wenn Schulen geöffnet würden, erwarte er den „massenhaften Einsatz von regelmäßigen Selbsttestungen bei Schülern und Lehrkräften, eine qualifizierte Maskenpflicht auch für Schülerinnen und Schüler, die Beschaffung von Raumluftfilteranlagen und Anstrengungen, Lehrkräfte früher als bisher vorgesehen zu impfen“, so Meidinger.
Auch Städte und Gemeinden bedauerten, dass es keinen einheitlichen Plan für Öffnungen gibt. „Wenn unterschiedliche Länder jetzt unterschiedliche Stufenpläne umsetzen, wird das noch unübersichtlicher. Wir brauchen kein Orchester von unterschiedlichen Stufenplänen, sondern bundeseinheitliche Leitplanken, wie es weitergehen wird“, sagte der Hauptgeschäftsführer
des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg. Dies gelte auch für die Öffnungen von Schulen.
Gemäß Bund-Länder-Beschluss soll geprüft werden, ob Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher früher geimpft werden können. Konkret geht es darum, die Betroffenen in der zweiten statt der dritten Prioritätsstufe für Impfungen einzuordnen.
Der Marburger Bund begrüßte grundsätzlich die Verlängerung der Kontaktbeschränkungen, jedoch gehen die Pläne aus Sicht der Ärztevertretung nicht weit genug. „Ich vermisse einen klaren Plan für die Zeit der schrittweisen Öffnung, wenn niedrige Infektionszahlen Lockerungen möglich machen“, sagte die Vorsitzende Susanne Johna. „Wir müssen nicht nur massenhaft testen und bei positiven Testergebnissen die Isolierung anordnen, sondern diese dann auch konsequent durchsetzen“, so Johna. Kontaktpersonen von positiv Getesteten müssten so lange in Quarantäne bleiben, bis ein negatives Testergebnis vorliege.
Scharfe Kritik an den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz kam aus der FDP. „Wer erwartet hat, dass heute das Versprechen eingelöst wird, den Menschen eine klare Perspektive zu geben, der wurde bitter enttäuscht“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki unserer Redaktion. „Eine wirkliche Strategie, die über die einfältige Schließung und Verbote hinausgeht, fehlt nach über einem Jahr Pandemie noch immer“, sagte der Bundestagsvizepräsident. „Die Runde der Regierungschefs hat heute ein Beschäftigungsprogramm für Anwälte vorgelegt. Es ist davon auszugehen, dass viele Unternehmer und Selbstständige ihre verfassungsmäßigen Rechte einklagen werden. Der Unmut ist bei denen, die nicht jeden Monat automatisch ihr Geld überwiesen bekommen, zu Recht groß“, sagte Kubicki.