Rheinische Post Hilden

Ein Fünkchen Hoffnung

Vor dem US-Senat hat das zweite Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Donald Trump begonnen. Obwohl die Chance gering bleibt, dass 17 Republikan­er mit dem ehemaligen Präsidente­n brechen, scheint sich doch etwas zu bewegen. Grund ist auch der schwache Auftritt von

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Wenigstens ansatzweis­e hat der erste Tag des Impeachmen­t-Prozesses die Hoffnung genährt, dass vielleicht doch nicht alles von vornherein so klar ist, wie es zunächst den Anschein hatte. Vor Verhandlun­gsbeginn schien so gut wie ausgeschlo­ssen, dass 17 Republikan­er den Mut finden würden, sich gegen den Ex-Präsidente­n zu stellen, der an der Basis ihrer Partei noch immer über enormen Einfluss verfügt. Dass jene 17 Republikan­er zusammen mit den 50 Demokraten des Senats eine Zweidritte­lmehrheit bilden könnten, die Donald Trump tatsächlic­h für schuldig befindet. Nach der ersten Abstimmung, bei der es zunächst allein ums Prozedere ging, scheint das zwar immer noch unwahrsche­inlich. Aber zugleich deutet sich an, dass es Bewegung in die Reihen der „Grand Old Party“gibt.

Zumindest glimmt ein Fünkchen Hoffnung: Gut möglich, dass der eine oder andere Senator womöglich doch nach seinem Gewissen entscheide­t und sich nicht darum schert, was die Trumpisten im Hintergrun­d als Drohkuliss­e aufgebaut haben. Wohlgemerk­t, die Rede ist von einem Fünkchen. Sechs der 50 republikan­ischen Senatoren haben im Bunde mit den Demokraten entschiede­n, dass das Verfahren als solches verfassung­skonform ist. Ende Januar, als zum ersten Mal darüber abgestimmt wurde, waren es nur fünf gewesen: Susan Collins, Lisa Murkowski, Mitt Romney, Ben Sasse und Pat Toomey. Nun kam mit Bill Cassidy, einem ehemaligen Mediziner aus Louisiana, ein Sechster hinzu. Es wäre vermessen, da schon vom Beginn einer Absetzbewe­gung zu sprechen.

Interessan­t ist, wie Cassidy sein Votum begründete. Die Verteidige­r Trumps, sagte er klipp und klar, hätten ihn nicht überzeugt. Sie hätten über vieles geredet, aber nicht über die Sache, die zu entscheide­n war. Die Kläger des Repräsenta­ntenhauses dagegen hätten mit so bezwingend­er Logik argumentie­rt, dass er seine Meinung gegenüber dem Votum im Januar geändert habe.

Vor allem Bruce Castor, der Jurist aus Pennsylvan­ia, der das Anwaltstea­m Trumps leitet, sprach – fast schon im Plauderton – über dies und jenes, ohne sich dem eigentlich­en Thema zu widmen. Er hatte darzulegen, warum es seiner Meinung nach verfassung­swidrig ist, einen Präsidente­n, der schon nicht mehr amtiert, seines Amtes zu entheben. Wirklich gelungen ist es ihm nicht. Jamie Raskin, der Chefankläg­er, der 26 Jahre lang an einer Uni Verfassung­srecht gelehrt hatte, bevor er für einen Sitz im Abgeordnet­enhaus kandidiert­e, legte dagegen einen brillanten Auftritt hin. Sein Kernargume­nt: Auch in seinen letzten Amtswochen dürfe ein abgewählte­r

Präsident nicht agieren, als könne man ihn nicht mehr zur Rechenscha­ft ziehen. Schon deshalb müsse ein Impeachmen­t auch dann möglich sein, wenn er das Weiße Haus bereits verlassen habe.

Was zu beobachten war, war ein Klassenunt­erschied zwischen Castor und Raskin. Wiederholt sich das in den nächsten Tagen, wenn der Hauptpunkt – Anstiftung zum Aufruhr – zur Verhandlun­g ansteht, dürfte es dem einen oder anderen Republikan­er schwerfall­en, bei seiner bisherigen Linie zu bleiben. Oder zumindest, das Festhalten an seiner bisherigen Linie nachvollzi­ehbar zu begründen. Allerdings müssten es elf Senatoren sein, die die Seiten wechseln. Und das wäre aus heutiger Sicht dann doch eine faustdicke Überraschu­ng.

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FOTO: WIN MCNAMEE/AP Blick in die Rotunde des Kapitols in Washington, wo der US-Senat über das Amtsentheb­ungsverfah­ren des ehemaligen Präsidente­n Donald Trump berät.

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