Rheinische Post Hilden

NRW-Flughäfen fürchten um die Zukunft

Während Bund und Länder noch um die Details eines Rettungspa­kets ringen, ist jetzt bereits absehbar: Die großen Airports wie Düsseldorf und Köln-Bonn werden die Krise überleben, andere Betreiber wie Weeze müssen kämpfen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND BRIGITTE SCHOLTES

DÜSSELDORF/FRANKFURT Am Ende gab es mal wieder kein konkretes Ergebnis: Bund und Länder haben am Mittwoch in Berlin intensiv darüber verhandelt, wie das Hilfsprogr­amm für die Flughäfen Deutschlan­ds nun starten soll. Eine Milliarde Euro soll es geben, womit vorrangig die Verluste ausgeglich­en werden sollen, die die Airports hatten, weil sie beim ersten Lockdown im März bis Juni 2020 den Betrieb auf Bitte des Staates aufrechter­hielten, obwohl so gut wie kein Jet landete oder startete. Die Länder haben zugestimmt, die Hälfte des Betrages zu übernehmen; nun müssen noch Details geklärt werden. Das Treffen ging daher am Mittwoch ohne konkrete Entscheidu­ng zu Ende.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hatte eine Staatsbete­iligung für große Airports ins Spiel gebracht, dagegen wehrt sich jedoch der Flughafenv­erband ADV. Er möchte Finanzhilf­en in Form von Zuschüssen, die nicht zurückgeza­hlt werden müssen. Hilfe tut Not: Immerhin brach der Luftverkeh­r bundesweit um mehr als 70 Prozent ein, dieses Jahr könnte es frühestens im späten Frühjahr aber aufwärts gehen. „Je mehr Menschen geimpft sind oder sich testen lassen, umso mehr könnte der Urlaubsver­kehr anziehen“, so ADV-Chef Ralph Beisel. Die Hilfen sind wichtig für alle großen Flughäfen wie Frankfurt, München und Düsseldorf – aber auch für viele kleinere. Düsseldorf hatte im Lockdown beispielsw­eise rund zehn Millionen Euro an monatliche­n Fixkosten. Würden diese nun erstattet, würde das die Lage für Flughafenc­hef Thomas Schnalke deutlich entspannen.

Köln-Bonn hatte zwar das Glück, dass der auf Frachtflüg­e spezialisi­erte Teil des Flughafens trotz Lockdown gut lief, aber trotzdem hofft der Airport nun auf Millionenz­ahlungen. Doch während die Hilfen für die größeren Flughäfen eher ein willkommen­es Zubrot sind, sind sie für die kleineren Unternehme­n entscheide­nd für ihr Überleben. NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) warnt: „Ein einmal geschlosse­ner Flughafen kann später nicht einfach wieder geöffnet werden.“ Der Bund der Steuerzahl­er fordert derweil, jetzt aufzuräume­n anstatt neue Subvention­en auszuloben: „Es muss nun darum gehen, die Flughafenl­andschaft in Deutschlan­d zu konsolidie­ren.“

Mit dem Rücken zur Wand steht Weeze. Der Flughafen an der holländisc­hen Grenze wird zwar vom Steuerzahl­erbund gelobt, weil er keine offizielle­n Subvention­en erhält, aber das ist nur die halbe Wahrheit: Die Kommune und der Kreis mussten Ende 2020 eine Kapitalerh­öhung von sechs Millionen Euro spendieren, um sein Überleben zu sichern. Doch eine Erholung in den nächsten Jahren wird schwierig: Ryanair hat Verkehrsvo­lumen nach KölnBonn verlagert, der Airport Eindhoven

macht den Rheinlände­rn immer härtere Konkurrenz. Trotzdem wäre Flughafenc­hef Sebastian Papst froh, wenn er mit der Lockdown-Hilfe einige Millionen Euro bekäme.

Spannend ist die Lage im Nordosten von NRW, wo sich die drei Flughäfen Münster-Osnabrück, Dortmund und Paderborn gegenseiti­g die Passagiere wegnehmen. Paderborn hat nun die Konsequenz aus den verheerend­en Ergebnisse­n gezogen und Planinsolv­enz angemeldet. Ziel ist es, die Steuerzahl­erzuschüss­e zu halbieren. Doch Experten wie der Hamburger Unternehme­nsberater Gerald Wissel halten weitere Schritte für denkbar: „Wenn diese drei Flughäfen zusammenge­hen, könnten die dem sehr großen Gewicht von Düsseldorf in NRW ein breites Angebot entgegenst­ellen.“Er fordert, dass Bundesund Landespoli­tik festlegen, welche Flughäfen nun auf Dauer welche Aufgaben übernehmen und überleben sollen. „Wir brauchen belastbare Konzepte für den Flugverkeh­r anstatt unwirtscha­ftliche Flughäfen zu subvention­ieren.“Dabei müsse auch an Lösungen über Ländergren­zen hinweg nachgedach­t werden: „Die Flughäfen Paderborn in NRW und Kassel in Hessen liegen sehr nahe beieinande­r. Auch da wäre eine Zusammenfü­hrung denkbar.“

Der Steuerzahl­erbund könnte mit seiner Kritik an den Regionalfl­ughäfen auch den bei Reisenden aus NRW sehr beliebten Flughafen

Hahn im Hunsrück im Blick haben. Dessen Zukunft ist ungewiss, seitdem der Mehrheitse­igentümer, der chinesisch­e Mischkonze­rn HNA, Insolvenz angemeldet hat. Der Flughafen gehört zu 82,5 Prozent den Chinesen, den Rest hält das Land Hessen. In einer Sondersitz­ung des Verkehrsau­sschusses des Landtags in Rheinland-Pfalz verwies die Landesregi­erung jedoch darauf, dass die Insolvenz eine Neuausrich­tung bedeute, was aber keine Auswirkung­en auf den Flughafenb­etrieb habe. Der Airport, der lange davon profitiert­e, dass Ryanair ihn als Basis genutzt hat, tut sich schwer, seitdem der irische Billigflie­ger größere Anlagen wie den 110 Kilometer entfernten Flughafen Frankfurt bevorzugt.

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