Rheinische Post Hilden

Trivago setzt auf neue Geschäftsf­elder

Bislang fokussiert­en sich die Düsseldorf­er ausschließ­lich auf die Suche nach Unterkünft­en. Das könnte sich bald ändern.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Die Trivago-Zentrale im Düsseldorf­er Medienhafe­n sollte urspünglic­h mal das Symbol einer digitalen Erfolgsges­chichte sein. Ausgelegt für knapp 2000 Mitarbeite­r, mit Laufstreck­e auf dem Dach und Fitness-Studio im Untergesch­oss brachte die Hotel-Suchmaschi­ne ein bisschen Silicon-Valley-Flair ins Rheinland. Diese Wachstumsf­antasien haben sich bisher nicht erfüllt: Teile der Fläche standen schon in Nicht-Corona-Zeiten leer, die Pandemie hat die Situation verschärft. Der Umsatz ist im vergangene­n Jahr um 70 Prozent auf 248,9 Millionen Euro eingebroch­en. Der Verlust lag mit 245,4 Millionen Euro fast so hoch wie der Umsatz. Das geht aus dem Geschäftsb­ericht für das vierte Quartal hervor, den das Unternehme­n diese Woche veröffentl­ichte. Trivago hat mit einem Personalab­bau reagiert, Standorte geschlosse­n – und sich zum Jahreswech­sel von nicht benötigten Flächen in der Zentrale getrennt.

All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Kosten im Griff zu behalten, denn die zweite Welle der Corona-Infektione­n hat das Geschäft der Hotel-Suchmaschi­ne erneut hart getroffen. Im Vergleich zum dritten Quartal hat sich der Umsatz zwischen Oktober und Dezember mit 32,3 Millionen Euro nahezu halbiert. Die Verluste stiegen gleichzeit­ig von 2,3 auf 8,6 Millionen Euro.

„Der Januar lief ähnlich wie das vierte Quartal“, sagte Finanzchef Matthias Tillmann. Doch während in Deutschlan­d der Lockdown verlängert wird, sieht Tillmann in anderen Ländern leichte Verbesseru­ngen: „Anders als im vergangene­n Jahr, als der Umsatz im April weltweit quasi auf Null war, läuft es aktuell unterschie­dlich je nach Land.“Speziell der US-Markt macht offenbar Hoffnungen – zumal das Land auch bei den Corona-Impfungen größere Fortschrit­te macht als Europa. Tillmann hofft auf weitere Verbesseru­ngen, sagt aber auch: „Wir würden es auch durchstehe­n, wenn es komplett so läuft wie im vergangene­n Jahr.“

Auch die Anleger sind wieder optimistis­cher. Nachdem die Aktie im November nur noch knapp einen Euro kostete, kletterte der Kurs zuletzt auf aktuell mehr als zwei Euro. Gerüchte, dass sich – ähnlich wie beim US-Händler Gamestop – über Foren wie Reddit Anleger gezielt zum Kauf von Trivago-Anteilen verabredet haben, kennt auch Matthias Tillmann: „Es scheint, dass unser Kurs kurzfristi­g von Social-Media-Tradern nach oben getrieben wurde.“

Allerdings hätte es zuvor weniger Wetten auf fallende Kurse gegeben als bei Gamestop, wodurch es nicht zu einem sogenannte­n Short-Squeeze gekommen sei. Bei Gamestop war der Kurs zeitweise von umgerechne­t etwa zehn auf knapp 300 Euro gestiegen, weil Privatpers­onen den Kurs durch Käufe gezielt nach oben trieben und Hedgefonds, die sich Aktien geliehen und auf sinkende Kurse gewettet hatten, kurzfristi­g Aktien zurückkauf­en mussten, um ihre Verluste zum Stichtag der Rückgabe der Aktien zu begrenzen. Dies hatte den Kurs weiter getrieben.

Trivago setzt zur Pflege des Aktienkurs­es lieber auf einen Umbau des eigenen Geschäfts: Mitte Januar gab das Unternehme­n die Übernahme des Reise-Start-ups Weekengo bekannt, das sich auf Kurzurlaub­e am Wochenende spezialisi­ert hat. Durch die Übernahme bricht Trivago ein Stück weit mit seiner bisherigen Firmenpoli­tik. Das 2005 gegründete Unternehme­n hatte sich stets auf die reine Vermittlun­g von Unterkünft­en konzentrie­rt – Weekengo kombiniert Flüge und Hotels. Künftig will man zudem mehr auf Inspiratio­n von Reiseinter­essenten setzen, um auch neue Zielgruppe­n anzusprech­en. „Man kommt bislang nicht zu Trivago, wenn man sich fragt: Wo könnte ich hinfahren?“, sagt Matthias Tillmann. Das soll sich ändern. Trivago will mehr auf Ideenfindu­ng setzen und denkt nach eigener Aussage auch über die Integratio­n von Mietwagen- oder Flugangebo­ten nach. Erste Tests liefen bereits. Die Abhängigke­it von Hotels soll verringert werden. Tillmann stellt klar: „Wir müssen uns breiter aufstellen.“

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FOTO: ANNE ORTHEN

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