Stunker auch ohne Publikum mit Biss
Die Sitzung an Weiberfastnacht soll den TV-Zuschauern Mut in der Krise machen.
KÖLN Ohne Corona können auch die Stunker nicht. Die Krise ist ihr Thema. Dennoch bietet die TV-Sitzung, was sich so mancher an Altweiber ersehnt: Ein bisschen Spaß darf sein – an der Freud und an den Gags einer wunderbaren Truppe, die auch in der Pandemie ihren Humor nicht verloren hat. Wer schon mal live im Kölner E-Werk dabei war, kennt die tolle Stimmung und sehnt sich sicher nach Stampfen, Johlen, Lachen als Reaktion auf die oft zuspitzenden und nicht selten zielgerichtet politisch unkorrekten Darbietungen. Aber mit Stadionatmosphäre ist diesmal nichts. Biggi Wanninger führt ohne Publikum durchs Programm. Damit entfällt das gruppendynamische Element der Stunksitzung. Reaktion wird bestenfalls eingespielt. Und selbst beim urkomischen Calli-Zitat biegt sich niemand vor Lachen.
So hat auch der TV-Zuschauer keine Möglichkeit, sich am Publikum zu orientieren: Gut, besser, Wahnsinn? Das bleibt seine alleinige, einsame Entscheidung. Ein lautstarkes Buh-Konzert ist zumindest bei einer Nummer notwendig. Nicht, weil der Sketch so schlecht wäre, sondern weil die Vision so furchterregend ist. Kanzler „Heil Höcke“, nach dem Sturm auf den Reichstag an die Macht gekommen, hält mit seinem Horrorkabinett Sitzung im (brennenden) Reichstag. Reichskulturminister ist der Wendler.
Wer danach durch den Wind ist, darf mit Köbes Underground aufatmen. Mit Abstand wird musiziert. Mit Blödsinn wird überzeugt. Mit „Et weed widder besser“wird am Ende gar die Pandemie verabschiedet. Und das ist die frohe Botschaft der Stunker: Den Kopf nicht hängen lassen! Nur eine macht sich nach Pflicht und Kür planmäßig davon. Angela Merkel zieht es, wie schon früher von den Stunkern thematisiert, auf eine Insel (Samoa, frei von Corona und allen Stänkern). Sie sagt endlich „du“zu ihrem Mann und wechselt von der einfarbigen Kostümjacke zur bunten Hawaiibluse.
Für schöne Erinnerungen sorgen zwischendurch die Stunker mit Einspielern aus längst ausgestrahlten TV-Sitzungen: Wieder einmal wird der FC gerettet, in der Oper erschallen Ballermann-Lieder, die Höhner haben nichts zu lachen und der Gardist liebt wie das Hündchen sein Frauchen. Lustig? Klar, einfach nur schön, weil geboten wird, was an Wieverfastelovend Tradition ist: Frohsinn.
Die Stunker, selbst von der Krise stark getroffen, machen Mut, brauchen aber auch selbst Beistand. Wer will, kann dem Ensemble mit dem so genannten Solidaritätsticket (zu haben im Internet) unter die Arme greifen. Damit Biggi Wanninger 2022 wieder vor Publikum loslegen kann und alle am Schluss grammatikalisch falsch, aber im Herzen richtig anstimmen „wegen dem Brauchtum“!
Kanzler „Heil Höcke“im Reichstag
TV-Tipp Die etwas andere Stunksitzung, WDR-Fernsehen, Donnerstag, 22.15 Uhr