Bürger verweigern Grundstücke für RRX
Die Bahn benötigt die Flächen für die zusätzlichen Gleise und die Schallschutzmauer. Anwohner erwägen Klagen.
ANGERMUND Seit 2014 ist bekannt, dass die Deutsche Bahn für die Gleiserweiterung für den RRX und die dabei geplanten Schallschutzwände Grundstücke von privaten Anliegern benötigt. Dennoch war es für viele Anwohner der Bahnstrecke in Angermund unerwartet und ein kleiner Schock, dass dieses Verlangen plötzlich konkret wird und nun schriftlich vorliegt. So hat die Bahn vor einigen Tagen an die Eigentümer von 152 Grundstücken Schreiben versandt, um sie über die geplante Inanspruchnahme von Teilen ihrer Grundstücke zu informieren. Einige Flächen sollen dauerhaft abgekauft, andere sollen vorübergehend beispielsweise für Baustraßen genutzt werden.
Dieser Schritt der Bahn ruft bei vielen Bürgern Verärgerung hervor. Denn der Rat der Stadt hat erst vor einer Woche beschlossen, 150.000 Euro bereitzustellen, um die Machbarkeit einer Einhausung des RRX erneut und tiefergehend überprüfen zu lassen. Bei einer Einhausung wird die Bahnstrecke tiefer gelegt und verschwindet unter einem Betondeckel. Die Deutsche Bahn sollte deshalb die Planungen solange nicht weiter führen. „Es ist unsäglich, dass die Bahn nun die Füße nicht still hält, sondern mit aller Macht Fakten schaffen will. Damit wird nur erreicht, dass die Bürger aufgebracht werden“, sagt Ratsherr Andreas Auler (CDU). Damit bestünde auch die Gefahr, dass die Bürger klagten, was wiederum das wichtige Projekt verzögere.
Auch die Bürgerinitiative Angermund geht davon aus, dass das Verhalten der Bahn komplizierte Eigentumsverhandlungen und Klagen provoziere. Kritisiert wird von der Initiative zudem, dass nun 152 private Grundstücke betroffen sind „Dies ist weit mehr, als die Bahn der Öffentlichkeit bislang Glauben machen wollte.“So war ursprünglich von rund 50 Grundstücken die Rede gewesen.
Ein Anlieger, der 54 Quadratmeter von seinem Grundstück abgeben soll, kündigt bereits an, dies zu verweigern. „Ich bin mit der Schallschutzmauer nicht einverstanden, deshalb verkaufe ich nicht. Bei einer Einhausung, die ich als die optimale Lösung ansehe, wäre ich dazu bereit.“Der Angermunder fühlt sich zudem nicht ausreichend informiert, ebenso wie eine Anliegerin. „Wir mussten uns selbst um Auskünfte bemühen und immer wieder nachfragen“, sagt sie. Ihr Grundstück, von dem sie 66 Quadratmeter abgeben soll, liegt an der schmalsten Stelle der Bahnstrecke. Die Bahnanlage
würde nach dem Ausbau auf rund 3,5 Meter an ihr Haus heranrücken, die Stellplätze für Autos wegfallen. „Da fährt die Bahn quasi durch mein Wohnzimmer, ohne die Stellplätze kann man dort kein Büro mehr betreiben und das Haus verliert massiv an Wert.“Sie will deshalb auch kein Teilgrundstück verkaufen. „Dann soll die Bahn mein ganzes Eigentum erwerben und zwar für einen anständigen Preis.“
Die Bahn weist daraufhin, dass der notwendige Ankauf von Grundstücken sich nicht vermeiden lasse, da für die Gleiserweiterung, die Lärmschutzwand und einen Rettungsweg ein zusätzlicher Streifen von rund 5,4 Meter Breite benötigt werde. Die von der Initiative Angermund vorgeschlagene Einhausung habe einen zusätzlichen Platzbedarf von über elf Metern, die Betroffenheit würde sich damit mehr als verdoppeln, erklärt die Bahn. „Für die Einhausungsvariante müssten mehrere Einfamilienhäuser komplett abgerissen bzw. Familien umgesiedelt werden“, sagt eine Bahnsprecherin.
Solche massiven Eingriffe bestreitet die Initiative aber bislang. „Ob diese Aussage der Bahn überhaupt valide ist und wie die Grundstücksbetroffenheiten bei einer Einhausung aussehen werden, soll ja jetzt erst noch geprüft werden“, sagt CDU-Ratsherr Auler. Die Bürgerinitiative bezweifelt, ob die Einhausungsvariante seinerzeit mit der notwendigen Sorgfalt geprüft worden ist.