Auf Stippvisite im Paradies
Kontaktbeschränkungen, Lockdown und Schließungen – normale Freizeitaktivitäten, viele Hobbys und Kurztrips sind momentan nicht so richtig möglich. Unser Vorschlag: Machen Sie aus der Not eine Tugend und lernen Sie den Kreis Mettmann besser kennen. Heute:
HEILIGENHAUS Es gibt Adressen, die könnten sich Tourismuswerber und Marketingexperten schöner nicht malen: „Im Paradies“– das wäre so eine. Aber was heißt „wäre“? Schließlich gibt es sie in Wirklichkeit. Nachzuprüfen ist das ohne große Mühe auf einem kleinen Rundgang durch den Grüngürtel im nördlichen Heiligenhaus. Der lohnt sich auf alle Fälle. Nicht nur für die Freunde hochspezieller, postalischer Adressen. Und nicht nur, aber gern auch für Tourismus- und Marketingexperten, die sich im Neanderland umtun möchten. Immerhin ist das Thema „Tourismus“seit jüngster Zeit auch im Rathaus der Stadt Heiligenhaus angesiedelt. Weil man dort festgestellt hat: Speziell die „Wiege der Stadt“, mit anderen Worten, alles städtische Grün in etwa einem zwei Kilometer weiten Kreis rund um den Abtskücher Teich, bietet Pfunde, mit denen sich trefflich wuchern lässt.
Dabei hilft seit Jüngstem ein besonderes Buch, herausgegeben vom Heiligenhauser Geschichtsverein. Der Titel mag noch nach gewohnter Ortsgeschichtsschreibung klingen: „Historischer Rundgang durch Heiligenhaus“. Der Untertitel aber schon nicht mehr. „Begleitbuch zu den QR-Schildern“lautet der. Knapp 70 Objekte sind schon oder werden zügig mit solchen Schildern ausgestattet. Sie ermöglichen eine besondere Art der Spurensuche per Smartphone. Aber auch der, der allein mit dem Buch in der Tasche unterwegs ist, kann auf die vergnüglichste Art eine Menge lernen.
Zum Beispiel über die Wiege der Stadt, wie das Areal der Abtsküche gern genannt wird. So ist es kein Wunder, dass das Ensemble, bestehend aus
Jakobuskapelle und Museum Abtsküche (4)
gleich zu Anfang des Bandes gewürdigt wird. Historisch führt der Weg zurück in das Jahr 847. Aus diesem Jahr stammt eine Schenkungsurkunde eines fränkischen Adligen. Der übertrug der Abtei Werden sein gesamtes Erbe, so weit es heute auf Heiligenhauser Stadtgebiet liegt. Dass es mit „Ländereien, Wäldern, Weiden, Gewässern und Wasserläufen“(so in der Schenkungsurkunde verzeichnet) eine besondere, weil frühe touristische Bewandtnis hatte, zeigt schon die Tatsache, dass die Werdener Äbte bereits im 18. Jahrhundert einen „Abtsküche“genannten Hof für die Sommerfrische nutzten.
Biegt man mit dem Auto, von der Innenstadt über die Westfalenstraße kommend, nach links in die Abtskücher Straße ab, dann wird hügelabwärts schnell eines klar: Hier ist allenthalben Geschichtsträchtigkeit
angesagt. Und das sogar – wohl eher unvermutet – bei Einrichtungen wie den Heiligenhauser
Rechterhand liegt der imposante Hof zum Hof,
Stadtwerken (2).
Dienstsitz des Dienstleisters. Kuriose Parallele zu lang vergangenen Zeiten: Die Bezeichnung Hof zum Hof deutet, so steht es im historischen Rundgang, auf „den Haupthof eines Hofverbandes hin, in den gewöhnlich die Abgaben gebracht werden mussten“. Die Chronik des Hofs reicht zurück bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts. „1458 war der Hof dem Kloster in Werden zehntpflichtig“, heißt es weiter. Vorläufig letzte Chronik-Station: 1979 kaufte die Stadt den Hof, seit 1981 steht er in der Denkmalliste, seit 1982 nutzen ihn die Stadtwerke.
Ein Stück weiter oberhalb, auf der gleichen Straßenseite, ist man vor Erreichen der Stadtwerke bereits an einem anderen wichtigen Stück Heiligenhaus vorbeigefahren: Da wäre das Feuerwehrdepot mitsamt dem direkt angrenzenden Umweltbildungszentrum
Auch mit diesem Bau hat es seine besondere Bewandtnis. Dort, wo jetzt Förster Hannes Johannsen und sein Team jährlich eine fünfstellige Zahl Gäste zu Camps und Führungen begrüßen, war zuvor eine Rettungsassistentenschule untergebracht. Vom Büro des UBZ aus laufen Fäden zu den übrigen Teilen der Heiligenhauser
(1).
Museumslandschaft. Nicht zuletzt, weil Johannsen eine beträchtliche naturkundliche Sammlung hütet.
Museumslandschaft – das klingt schon wieder nach einem Stückchen Marketing. In Nicht-Coronazeiten aber ist es weit mehr als ein Begriff. Von dem kann sich der ein Bild machen, der einen der Parkplätze vor dem Museum Abtsküche ergattert hat oder einen schräg gegenüber nahe dem Ufer des Abtskücher Teichs. Das Museum ist untergebracht in einer alten Volksschule, gebaut ab 1907, bezogen im Juni 1908. 1968 schließlich, „im Zuge der Schulreform“, wie das Buch des Geschichtsvereins vermerkt, kam das Aus. Damit gingen über 185 Jahre Schulgeschichte zu Ende, die Historie der „Schule Abtsküche“reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück.
Weit in die Vergangenheit zurück reicht auch die Geschichte des Dessen Wetterfahne trägt die Jahreszahl 1537. Wie weit es in diesem Fall her ist mit historischer Präzision, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit klären. Die Fahne wurde 2002 ausgetauscht. Und weiter schreiben die Experten des Geschichtsvereins: „Auf jeden Fall muss man bei einer vor 1997 durchgeführten Sanierung irgendetwas gefunden haben, was auf diese spätmittelalterliche Jahreszahl verwiesen hat.“
Hat man anschließend die empfehlenswerte Runde um den Abtskücher Teich hinter sich, bietet sich ein Abstecher zum
an, das wirklich die Postadresse „Im Paradies“trägt. Inzwischen ist in dem Haus, Baubeginn 1909 (diese Jahreszahl ist ganz ungeheimnisvoll), das Waldmuseum untergebracht. Das Haus war ursprünglich der erste Bau zur eigenen Heiligenhauser Wasserversorgung. Erst 1982 wurde die Förderung an dieser Stelle eingestellt.
Wer mag, kann sich vom Wasserwerk aus aufmachen zum Herberger
am Herberger Weg, in Nicht-Coronazeiten mit angeschlossenem Cafébetrieb. Die Geschichte des Anwesens reicht bis ins Jahr 1150 zurück, seit 1991 steht er unter Denkmalschutz. Dem Forschungsstand nach soll er vom 13. bis zum 18. Jahrhundert dem mitreisenden Tross der Werdener Äbte als Unterkunft gedient haben. Der historische Stadtrundgang verzeichnet noch mehr: Im Hof „nächtigten auch andere Gäste, nämlich Kohletreiber“. Sie brachten Kohle auf Packpferden in die Stadt.
Wehrturms am Flurweg (3). (6) Hof (5) Alten Wasserwerk