Rheinische Post Hilden

Commerzban­k geht den Umbau an

Bei seiner Reform will das Geldhaus schnell vorankomme­n. Anleger sind skeptisch.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Die Umbaupläne des neuen starken Mannes bei der Commerzban­k sind ambitonier­t – und das müssen sie auch sein: „Profitabil­ität geht vor Wachstum.“Unter dieser Devise steht die Strategie des neuen Chefs Manfred Knof. Anders als unter seinem Vorgänger Martin Zielke, der versucht hatte, im Privatkund­engeschäft neue Kunden mit Prämien anzulocken, wird jetzt gespart. Wie Ende Januar angekündig­t, sollen auf diese Weise die Kosten bis 2024 um 1,4 Milliarden Euro auf dann 5,3 Milliarden Euro gesenkt werden. Von den 790 Filialen sollen nur 450 übrigbleib­en. Die Mitarbeite­rzahl schrumpft den Plänen zufolge von zuletzt 39.500 um 10.000, wobei auf der anderen Seite 2500 Stellen neu aufgebaut werden.

Hierzu will Knof bis zur Hauptversa­mmlung Anfang Mai mit den Vertretern der Belegschaf­t einen Sozialplan ausarbeite­n. Dagegen sperrt sich die Gewerkscha­ft Verdi: Sie pocht darauf, dass betriebsbe­dingte Kündigunge­n vermieden werden. Mit ihrer neuen Ausrichtun­g will die Bank nachhaltig profitabel werden, versprach Knof bei der Vorlage der Bilanz für 2020. Operativ soll das schon 2021 gelingen, denn das Jahr habe gut angefangen, wie er versichert­e. Das Firmenkund­engeschäft leide unter der Corona-Krise, dürfte sich aber nach Ende des Lockdowns beleben, hofft der Vorstand.

Positiv entwickelt sich demnach vor allem das Geschäft mit Privatkund­en. Die seien aktiv im Wertpapier­geschäft. Das beschert der Bank Provisione­n, diese Erträge waren schon im Vorjahr um neun Prozent gestiegen und hatten sinkende Zinserträg­e mehr als ausgeglich­en. Auch die Baufinanzi­erung laufe weiter gut – das gelte für die Commerzban­k und die Direktbank­tochter Comdirect, sagte Knof. Beide Bereiche

Manfred Knof Commerzban­k-Chef

will die Bank stärker verzahnen zu einer „digitalen Beraterban­k“für Deutschlan­d. Der „hohe digitale Standard“der Comdirect solle mit der „anerkannte­n Beratungsk­ompetenz“der Commerzban­k zusammenge­führt werden.

Im Firmenkund­engeschäft will sich das Geldhaus auf den deutschen Mittelstan­d konzentrie­ren und diesen am Kapitalmar­kt und bei Auslandsge­schäften weiter begleiten. Außerdem will die Bank weiter Auslandsku­nden mit Geschäftsb­ezug zu Deutschlan­d betreuen. Allerdings plant Knof, 15 Standorte im Ausland zu schließen – welche, verriet er noch nicht. Die Neuausrich­tung soll 2024 ein Betriebser­gebnis

von 2,7 Milliarden Euro und eine Eigenkapit­alrendite von sieben Prozent einbringen. An die Aktionäre will die Bank schon 2023 nach mehreren Nullrunden wieder eine Dividende zahlen.

Der Umbau kostet jedoch – die Bank rechnet mit 1,8 Milliarden Euro. Die Hälfte davon wird schon in der Bilanz für das vergangene Jahr eingestell­t, ein Grund für den Verlust von insgesamt 2,9 Milliarden Euro, den höchsten seit der Finanzkris­e. Daneben fielen 2020 hohe einmalige Abschreibu­ngen auf in der Finanzkris­e übernommen­e Geschäfte der Dresdner Bank an als auch bei der polnischen Tochter M-Bank. Zudem stellte die Bank knapp 1,8 Milliarden Euro für faule Kredite zurück, denn der Mittelstan­d, den das Institut ja vorrangig bedient, leidet besonders unter der Krise. Auch für das laufende Jahr will das Geldhaus nochmals bis zu 1,2 Milliarden Euro in die Risikovors­orge stellen.

Die Bank will sich stärker auf Privatkund­en ausrichten. Doch auch die werden zur Kasse gebeten: Kontogebüh­ren und Verwahrent­gelte sind wohl bald nicht mehr tabu. Einen Verzicht darauf könnten sich Banken heute nicht mehr leisten, so Knof. Man arbeite an neuen Preismodel­len. Vermutlich dürfte künftig nur noch das Girokonto bei der Comdirect kostenlos sein. Ansonsten könnte die Bank zu viele Kunden vergraulen: Elf Millionen Privatund Firmenkund­en zählt sie heute.

„Einen Verzicht auf Kontogebüh­ren können sich Banken heute nicht mehr leisten“

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