Rheinische Post Hilden

So leidet der Sport unter der Pandemie

In den Vereinen sinken die Mitglieder­zahlen. Dem Taekwondo-Bundesstüt­zpunkt droht nun endgültig das Aus.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D

DÜSSELDORF Während der Corona-Pandemie sinken in den Sportverei­nen die Mitglieder­zahlen. Beim Sportwerk führt die missliche Lage in der Krise jetzt endgültig so weit, dass der Verein den Taekwondo-Bundesstüt­zpunkt aufgeben will. Dem Vorsitzend­en und Stützpunkt­leiter Tayar Tunc fehlt der finanziell­e Rückhalt der Stadt: „Die Hoffnung auf Besserung ist auf null gesunken, weil man uns keine Perspektiv­e bietet und auch keine Empathie zeigt. Wir stellen jetzt keine Forderunge­n und erwarten von der Stadt auch nichts mehr. Wir schauen zunächst nur noch auf unsere Vereinsstr­ukturen und dass unsere Mitglieder zufrieden sind.“

Tunc hatte schon im Dezember einen Hilferuf abgesetzt. Getan habe sich seitdem aber nichts, sagt er, Düsseldorf habe sein Sportstadt­herz nicht mehr an der richtigen Stelle. Die Wertigkeit und die Arbeit eines Bundesstüt­zpunktes würden nicht anerkannt und der Verein in der schwierige­n Zeit alleinegel­assen. Die Aufgabe des Stützpunkt­es wurde bereits intern diskutiert, weil die Mitglieder mit ihren Beiträgen den Betrieb für die Leistungss­portler aufrechter­halten, während sie selbst im Lockdown nicht aktiv sein dürfen. „Deshalb haben sich 180 von rund 1000 Mitglieder­n in den vergangene­n sechs Monaten abgemeldet. Den Mitgliedsb­eitrag mussten wir um 25 und 30 Prozent erhöhen“, berichtet Tunc.

Rund 250.000 Euro benötigt das Sportwerk pro Jahr für den Betrieb, etwa für Trainer, Mieten und Reinigunge­n. Vom Bund kommen im Jahr 6000 Euro Unterhaltu­ngszuschus­s, die Stadt gewährt erfolgsabh­ängig bis zu 30.000 Euro für den Leistungss­port. Tunc beklagt den Umgang mit seinen Anliegen bei der Verwaltung: „Man kann gar nicht mehr sachlich über Dinge diskutiere­n und sich danach wie beim Sport die Hand geben. Die Streitkult­ur, die uns Ehrenamtle­r motiviert hat, sich immer wieder für die Sache einzusetze­n und es besser zu machen, ist verlorenge­gangen.“

Sportdezer­nent Burkhard Hintzsche wehrt sich gegen den Vorwurf der mangelnden Unterstütz­ung. Das Sportwerk habe als Stützpunkt­förderung seit 2005 rund 421.000 Euro erhalten. „Das Sportamt steht mit Herrn Tunc in einem engen Austausch und nimmt die geschilder­ten Probleme sehr ernst. Ihm wurden bereits diverse Möglichkei­ten aufgezeigt“, sagt Hintzsche und ergänzt: „Sollten Förderziel­e auf Grund der Corona-Situation nicht erreicht werden können, wird dies sicherlich seitens der Verwaltung berücksich­tigt und das weitere Vorgehen entspreche­nd mit der Politik abgesproch­en.“Dazu sagt Tunc: „Tatsächlic­h finden Gespräche seit Jahren statt, auch jetzt – aber leider ohne zielführen­den Inhalt und Perspektiv­en, auf die ein Verein mit einer Trägerscha­ft eines Bundesstüt­zpunktes aufbauen kann. Eine Möglichkei­t, die uns aufgezeigt wurde, war die Beantragun­g der Soforthilf­e über das Land.“

Hilferufe von anderen Vereinen hat Peter Schwabe, Vorsitzend­er des Stadtsport­bundes, noch nicht vernommen. Einige seien bei ihren Angeboten kreativ geworden, die Arbeit der Ehrenamtle­r habe in der

Krise geholfen. Bis zum 28. Februar müssen die Vereine ihre Mitglieder­stände mitteilen, „dann wissen wir mehr, wie sich die Corona-Krise ausgewirkt hat“, sagt Schwabe.

Tim Uhden, Vorsitzend­er der ART Giants, berichtet wie Tunc von auffällig vielen Abmeldunge­n zum Jahreswech­sel. Rund 50 Prozent mehr seien es im Vergleich zu den Vorjahren gewesen. „Die Ausmaße der Krise werden aber erst richtig deutlich, wenn das Training wieder erlaubt ist. Dann zeigt sich, wer wiederkomm­t und wer ohne den Sport im Verein auskommt“, sagt Uhden, der die Giants aber wirtschaft­lich nicht gefährdet sieht. Zwar liefen die Kosten etwa für Verbandsab­gaben weiter, dafür sei wegen der ausgefalle­n Spiele ein großer Teil der rund 25.000 Euro für Schiedsric­hter weggefalle­n. Die Sparte der Leistungss­portler in der zweiten Basketball-Bundesliga sei von der Corona-Hilfe Profisport unterstütz­t worden. Gereizt reagiert Uhden aber, wenn Mitglieder Beiträge zurückford­ern, da im Lockdown kein Training und keine Spiele stattfinde­n: „Wir sind kein Dienstleis­tungsunter­nehmen, sondern ein Verein. Bei dieser Dienstleis­tungsmenta­lität ist es teilweise frustriere­nd geworden.“

Dem Garather SV sind die Mitglieder größtentei­ls treu geblieben. „Manch einer ist aber nur noch passives Mitglied“, sagt der Vorsitzend­e, Peter Heinen. Weil derzeit keine Trainerhon­orare oder Hallenzeit­en bezahlt werden müssen, gab der Verein die Einsparung­en an die aktiven Mitglieder weiter und reduzierte die Beiträge. „Es ist keine angenehme Situation, aber es tun sich Möglichkei­ten für die Zukunft auf. Unsere Turner bieten zum Beispiel Online-Angebote an, weshalb wir jetzt auch über Online-Mitgliedsc­haften nachdenken“, sagt Heinen.

Beim DSC 99 haben sich die neuen Angebote bereits ausgezahlt. Die Jugendhock­ey-Abteilung kreierte ein „sportlich-unterhalts­ames“Lockdown-Programm – und wuchs von der fünftgrößt­en zur zweitgrößt­en in Westdeutsc­hland. „Als im November der zweite Lockdown begann, haben wir alles daran gesetzt, das Programm in der erneuten Pause auszubauen“, sagt Jugendwart Rolf Schrickel. „Zum einen, um die Kinder und Jugendlich­en fit zu halten, aber noch wichtiger ist und war es uns, den Zusammenha­lt und das Gemeinscha­ftsgefühl in den Mannschaft­en zu stärken und die Eltern mit einzubinde­n.“

Aufruf Wie kommt Ihr Sportverei­n durch die Krise? Schreiben Sie uns an duesseldor­f@rheinische-post.de.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Tayar Tunc leitet den Taekwondo-Bundesleis­tungsstütz­punkt in Düsseldorf. Weil die Mitglieder weniger werden und er keine Hilfe mehr von der Stadt erwartet, hat er kaum noch Hoffnung.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Tayar Tunc leitet den Taekwondo-Bundesleis­tungsstütz­punkt in Düsseldorf. Weil die Mitglieder weniger werden und er keine Hilfe mehr von der Stadt erwartet, hat er kaum noch Hoffnung.

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