So leidet der Sport unter der Pandemie
In den Vereinen sinken die Mitgliederzahlen. Dem Taekwondo-Bundesstützpunkt droht nun endgültig das Aus.
DÜSSELDORF Während der Corona-Pandemie sinken in den Sportvereinen die Mitgliederzahlen. Beim Sportwerk führt die missliche Lage in der Krise jetzt endgültig so weit, dass der Verein den Taekwondo-Bundesstützpunkt aufgeben will. Dem Vorsitzenden und Stützpunktleiter Tayar Tunc fehlt der finanzielle Rückhalt der Stadt: „Die Hoffnung auf Besserung ist auf null gesunken, weil man uns keine Perspektive bietet und auch keine Empathie zeigt. Wir stellen jetzt keine Forderungen und erwarten von der Stadt auch nichts mehr. Wir schauen zunächst nur noch auf unsere Vereinsstrukturen und dass unsere Mitglieder zufrieden sind.“
Tunc hatte schon im Dezember einen Hilferuf abgesetzt. Getan habe sich seitdem aber nichts, sagt er, Düsseldorf habe sein Sportstadtherz nicht mehr an der richtigen Stelle. Die Wertigkeit und die Arbeit eines Bundesstützpunktes würden nicht anerkannt und der Verein in der schwierigen Zeit alleinegelassen. Die Aufgabe des Stützpunktes wurde bereits intern diskutiert, weil die Mitglieder mit ihren Beiträgen den Betrieb für die Leistungssportler aufrechterhalten, während sie selbst im Lockdown nicht aktiv sein dürfen. „Deshalb haben sich 180 von rund 1000 Mitgliedern in den vergangenen sechs Monaten abgemeldet. Den Mitgliedsbeitrag mussten wir um 25 und 30 Prozent erhöhen“, berichtet Tunc.
Rund 250.000 Euro benötigt das Sportwerk pro Jahr für den Betrieb, etwa für Trainer, Mieten und Reinigungen. Vom Bund kommen im Jahr 6000 Euro Unterhaltungszuschuss, die Stadt gewährt erfolgsabhängig bis zu 30.000 Euro für den Leistungssport. Tunc beklagt den Umgang mit seinen Anliegen bei der Verwaltung: „Man kann gar nicht mehr sachlich über Dinge diskutieren und sich danach wie beim Sport die Hand geben. Die Streitkultur, die uns Ehrenamtler motiviert hat, sich immer wieder für die Sache einzusetzen und es besser zu machen, ist verlorengegangen.“
Sportdezernent Burkhard Hintzsche wehrt sich gegen den Vorwurf der mangelnden Unterstützung. Das Sportwerk habe als Stützpunktförderung seit 2005 rund 421.000 Euro erhalten. „Das Sportamt steht mit Herrn Tunc in einem engen Austausch und nimmt die geschilderten Probleme sehr ernst. Ihm wurden bereits diverse Möglichkeiten aufgezeigt“, sagt Hintzsche und ergänzt: „Sollten Förderziele auf Grund der Corona-Situation nicht erreicht werden können, wird dies sicherlich seitens der Verwaltung berücksichtigt und das weitere Vorgehen entsprechend mit der Politik abgesprochen.“Dazu sagt Tunc: „Tatsächlich finden Gespräche seit Jahren statt, auch jetzt – aber leider ohne zielführenden Inhalt und Perspektiven, auf die ein Verein mit einer Trägerschaft eines Bundesstützpunktes aufbauen kann. Eine Möglichkeit, die uns aufgezeigt wurde, war die Beantragung der Soforthilfe über das Land.“
Hilferufe von anderen Vereinen hat Peter Schwabe, Vorsitzender des Stadtsportbundes, noch nicht vernommen. Einige seien bei ihren Angeboten kreativ geworden, die Arbeit der Ehrenamtler habe in der
Krise geholfen. Bis zum 28. Februar müssen die Vereine ihre Mitgliederstände mitteilen, „dann wissen wir mehr, wie sich die Corona-Krise ausgewirkt hat“, sagt Schwabe.
Tim Uhden, Vorsitzender der ART Giants, berichtet wie Tunc von auffällig vielen Abmeldungen zum Jahreswechsel. Rund 50 Prozent mehr seien es im Vergleich zu den Vorjahren gewesen. „Die Ausmaße der Krise werden aber erst richtig deutlich, wenn das Training wieder erlaubt ist. Dann zeigt sich, wer wiederkommt und wer ohne den Sport im Verein auskommt“, sagt Uhden, der die Giants aber wirtschaftlich nicht gefährdet sieht. Zwar liefen die Kosten etwa für Verbandsabgaben weiter, dafür sei wegen der ausgefallen Spiele ein großer Teil der rund 25.000 Euro für Schiedsrichter weggefallen. Die Sparte der Leistungssportler in der zweiten Basketball-Bundesliga sei von der Corona-Hilfe Profisport unterstützt worden. Gereizt reagiert Uhden aber, wenn Mitglieder Beiträge zurückfordern, da im Lockdown kein Training und keine Spiele stattfinden: „Wir sind kein Dienstleistungsunternehmen, sondern ein Verein. Bei dieser Dienstleistungsmentalität ist es teilweise frustrierend geworden.“
Dem Garather SV sind die Mitglieder größtenteils treu geblieben. „Manch einer ist aber nur noch passives Mitglied“, sagt der Vorsitzende, Peter Heinen. Weil derzeit keine Trainerhonorare oder Hallenzeiten bezahlt werden müssen, gab der Verein die Einsparungen an die aktiven Mitglieder weiter und reduzierte die Beiträge. „Es ist keine angenehme Situation, aber es tun sich Möglichkeiten für die Zukunft auf. Unsere Turner bieten zum Beispiel Online-Angebote an, weshalb wir jetzt auch über Online-Mitgliedschaften nachdenken“, sagt Heinen.
Beim DSC 99 haben sich die neuen Angebote bereits ausgezahlt. Die Jugendhockey-Abteilung kreierte ein „sportlich-unterhaltsames“Lockdown-Programm – und wuchs von der fünftgrößten zur zweitgrößten in Westdeutschland. „Als im November der zweite Lockdown begann, haben wir alles daran gesetzt, das Programm in der erneuten Pause auszubauen“, sagt Jugendwart Rolf Schrickel. „Zum einen, um die Kinder und Jugendlichen fit zu halten, aber noch wichtiger ist und war es uns, den Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl in den Mannschaften zu stärken und die Eltern mit einzubinden.“
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