Richtig sparen trotz Negativzinsen
Beim Geldanlegen ist heute nichts mehr so sicher, wie es früher mal schien. Wir geben einen Überblick, worauf zu achten ist.
DÜSSELDORF Viele Jahre hat das Geldanlegen bei der Bank oder Sparkasse gut und einfach funktioniert. Die Kunden investierten beispielsweise einen Betrag X in eine bestimmte Sparform und bekamen das angelegte Geld verzinst – mal mehr, mal weniger hoch. Doch dieses Anlage-Grundprinzip hat längst keinen Bestand mehr, weil heutzutage immer mehr Institute Negativzinsen verlangen – die sie gerne auch Verwahrentgelt nennen, damit das mit den negativen Zinsen nicht so schnell auffällt.
Die Begründung für den Negativzins ist schnell genannt. Die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt seit Jahren eine Niedrigzinspolitik, mit deren Hilfe Europas Wirtschaft angeschoben werden sollte. Der Grundgedanke: Wenn die Zinsen niedrig sind, werden mehr Kredite vergeben, die Unternehmen investieren mehr. Banken, die ihr Geld dennoch lieber bei der EZB parken, als es an Kunden zu verleihen, müssen bei der EZB einen Strafzins (derzeit 0,5 Prozent) zahlen, den sie an ihre Kunden weitergeben. Oder sie erhöhen die Kontogebühren. Das wirkt weniger strafend, bringt dem Geldhaus aber trotzdem Einnahmen. Und es gibt einen Staffelzins, der den Banken einen Freibetrag verschafft, auf den sie keine Negativzinsen an die EZB zahlen müssen.
Aber was macht der Kunde, der Geld anlegen, aber keine Negativzinsen zahlen will? Ein Überblick:
Aktien Der Deutsche Aktien-Index (Dax) ist zwar gerade nach dem Höhenflug zum Jahresende wieder unter die 14.000-Punkte-Marke gerutscht, aber Analysten sehen das nur als kurzen Rückschlag auf dem Weg zu weiteren Höchstständen. Sie rechnen mit steigenden Unternehmensgewinnen und weisen darauf hin, dass enorm viel Liquidität vorhanden sei. Wem das zu unsicher ist, dem sei gesagt: Ja, manche haben sich an der Börse schon verzockt; ja, auch Dividenden können gekürzt werden. Aber viele verlieren auch an der Börse Geld, weil sie zum falschen Zeitpunkt kaufen oder verkaufen. Unser Tipp: niemals Geld anlegen, das man schnell wieder benötigt. So kann man auch Verluste aussitzen. Die Rendite vergangener Jahre und Jahrzehnte liegt weit über dem, was bei Tages- oder Festgeldkonten und anderen festverzinslichen Produkten herausspringt.
Kosten Wer Geld investieren will, sollte immer auch auf die Kosten der Anlage achten. Das gilt sowohl für Lebensversicherungen, bei denen man Abschluss- und Verwaltungskosten vergleichen sollte, als auch bei Fonds-Angeboten. Börsennotierte Exchange Traded Funds (ETF) beispielsweise kosten weniger als andere Fonds. Auch wer sich den Traum von der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus erfüllen möchte, sollte nicht aus den Augen verlieren, dass er ein attraktives Zinsangebot bekommt, sondern gleichzeitig auf die Maklerund sonstigen Kreditkosten schauen. Alles zusammen kann auf die Gesamtsumme und die gesamte Laufzeit gesehen fünfstellige Beträge ausmachen.
Edelmetalle Gold oder Silber gefällig? In Barren oder Münzen – oder als Aktie einer Goldminenfirma? Wer das erwägt, der sollte genauso über Kursrisiken nachdenken wie bei Aktien (also auch bei Kursverlusten nicht panisch werden). Seit Jahresbeginn hat Gold leicht verloren, aber über die vergangenen zwölf Monate mehr als vier Prozent gewonnen. Das Edelmetall gilt als die Währung, die man wählt, wenn die Wirtschaft nicht läuft, als ein sicherer Hafen in Krisenzeiten. Aber je mehr Menschen gegen Corona geimpft werden, umso stärker werden die Lockerungen, umso normaler wird das Wirtschaftsleben. Das muss den Goldpreis nicht drücken, aber man sollte ihn im Auge haben. Experten raten dazu, nur einen Teil des Ersparten – um die zehn Prozent – in das Edelmetall zu investieren. Auf physisches Gold gibt es übrigens weder Zinsen noch Dividenden. Dafür ist der Kauf von Goldmünzen und Goldbarren in Deutschland von der Mehrwertsteuer befreit.
Kryptowährungen Bei Bitcoin und Co. hat es in den vergangenen Jahren die spektakulärsten Aufschwünge und die schlimmsten Kursabstürze gegeben. Wem Aktien schon zu riskant sind, der sollte von Bitcoins unbedingt die Finger lassen – zumal dieser Markt nicht reguliert ist. Wem bei solchen Gedanken nicht gleich angst und bange wird, der sollte auf jeden Fall die Technologie verstehen: Kryptogeld ist der Oberbegriff für virtuelle Währungen, die als digitales Zahlungsmittel dienen können. Aber fürs Bezahlen braucht niemand eine Bank oder ein Konto. An deren Stelle rückt ein dezentrales Netzwerk, dessen Teilnehmer
Transaktionen verwalten und über den Computer neues digitales Geld schaffen. Der Schlüssel dazu ist die Blockchain-Technologie, die jeder Kryptowährung zugrunde liegt – eine Art Buchführungssystem, das in verschlüsselten Informationen Aufschluss darüber gibt, welche Transaktionen mit dem Kryptogeld durchgeführt worden sind.
Crowd-Investments gehören zu den jüngsten Finanzierungs- und Anlagemöglichkeiten für potenzielle Investoren. Ganz neu sind sie freilich auch nicht mehr. Das Anlagemodell ist einfach: Viele Anleger beteiligen sich mit in der Regel kleinen Beträgen über das Internet an Unternehmen. Dies geschieht in vielen Fällen über stille Beteiligungen oder Genussrechte. Die gängigen Investments sind Start-ups, oft auch kleine und mittelständische Unternehmen, große Immobilien-Projekte und solche aus dem Bereich der erneuerbaren Energien.
All das ist oft besser, als Negativzinsen hinzunehmen, die Banken und Sparkassen meist damit rechtfertigen, dass sie Zinsen an die EZB abführen müssen, wenn sie ihr Geld dort parken. Auch dieser Einlagenzins liegt bei 0,5 Prozent. Aber: „Diese Argumentation ist wahrscheinlich nicht ganz sauber. Denn auch für Banken gibt es bei der EZB Freibeträge“,
sagt David Riechmann, Referent für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Verbraucherzentrale NRW. Zudem würden die Banken nicht alles Geld bei der Zentralbank lagern.
Die Verbraucherschützer sehen den Negativzins dagegen äußerst kritisch. Kunden zahlten bereits Kontoführungsgebühren, heißt es von ihrer Seite. Warum zusätzlich ein „Verwahrentgelt“nötig sei, wie es im Jargon der Institute oft heißt, werde nicht klar. „Gerichte müssen in letzter Instanz klären, ob das rechtens ist“, so Riechmann. Der Negativzins sei mittlerweile ein Faktor, der beim Kontowechsel zu beachten ist. Teilweise gebe es niedrige Kontogebühren, aber dafür vergleichsweise hohe Negativzinsen ab einem geringen Freibetrag.
In den allermeisten Fällen gelten die Negativzinsen nur für Neukunden. Bei Bestandskunden werden nach Angaben der Institute individuelle Vereinbarungen getroffen, was auch gar nicht anders möglich ist. „Hier kann man durchaus auch selbstbewusst verhandeln“, sagt Riechmann. Kunden und Kundinnen sollten jedoch im Hinterkopf behalten, dass Beratungsgespräche oft auch Verkaufsgespräche seien. Und: Um Negativzinsen zu umgehen, kann man auch sein Geld auf Konten bei verschiedenen Banken aufteilen. Für viele Verbraucher ist ein solcher Negativzins laut Riechmann
aber auch egal, weil die Kunden den Freibetrag ohnehin nicht erreichten. Dann entstünden auch keine zusätzlichen Kosten.
Was übrigens auch hilft, wenn man Negativzinsen vermeiden will: größere Geldbeträge fürs Schuldentilgen einsetzen, zum Beispiel beim Kauf einer Immobilie. Denn wer sich Geld geliehen hat, zahlt dafür normalerweise mehr Zinsen, als er für sein Erspartes bekommt (wenn er nicht beispielsweise in erfolgreiche Aktien investiert). So wird man seine Schulden schneller los und kann umso schneller mit dem Sparen beginnen – für Zeiten, in denen Banken und Sparkassen vielleicht doch wieder mehr Zinsen zahlen und keine mehr verlangen. Auch wenn solche Konditionen derzeit noch in weiter Ferne zu liegen scheinen.