Obdachlose findet in Hilden Arbeit
Nicole G. hat nach vielen Jahren auf der Straße wieder den Weg in ein normales Leben gefunden. Unternehmer Markus Rübsam gab der 38-Jährigen eine Chance – und eine feste Anstellung im Büro.
HILDEN Obdachlos? Chancenlos! – So könnte der Titel der Geschichte lauten, die es über Nicole G. zu erzählen gibt – hätte sie nicht ein Happy End! Bei dem wiederum spielen zwei sehr unterschiedliche Menschen mit. In der Hauptrolle: Nicole G., die viele Jahre ihres Lebens als Obdachlose auf der Straße verbrachte.
Mit Rücksicht auf ihre Kinder möchte sie ihren Familiennamen nicht nennen. In einer für ihre Zukunft bedeutungsvollen Rolle kommt Markus Rübsam ins Spiel, der als Unternehmer und sozial engagierter Mensch mit Vertrauen auf die Probleme eines Menschen reagierte, der sich ganz unten in unserer Gesellschaft bewegte.
Heute arbeitet die 38-jährige Frau mit dem außergewöhnlichen Haarschnitt als kaufmännische Mitarbeiterin in seinem Hildener Unternehmen. Sie hat seit Juni 2019 einen festen Vertrag. Acht Stunden täglich sitzt sie im Büro der Firma Vmaxx im Hülsenfeld und erledigt Auftragsarbeiten, für den Autozubehör-Zulieferungs-Betrieb.
Der Weg in ein normales Arbeitsleben war nicht leicht: Nicki, wie sie alle nannten, hatte eine problematische Kindheit. Die Eltern leben zwar ein bürgerliches Leben, arbeiten beide viel, haben aber keine Zeit für die überaktive Tochter, die sich nicht genug beachtet fühlt und manchmal provoziert.
Es kommt zu Streitereien, in der Folge auch manchmal zu Schlägen im Vorstadt-Reihenhaus. In der Pubertät fängt das Mädchen an zu revoltieren. Sie klaut (Zigaretten), sie gerät in der 7. Klasse des Gymnasiums in eine Clique von Älteren und in Kontakt mit Cannabis – und auch anderen Drogen.
Kurz vor ihrem 14. Geburtstag haut sie von zu Hause ab, lebt bei einer Freundin und wird auch äußerlich ein „Punk“. Die abrasierten und bunt gefärbten Haare, dieser „Undercut“sind auch heute noch ihr besonderes Merkmal.
Mit 19 Jahren wird Nicki ungeplant schwanger, trennt sich aber von dem nur ein Jahr älteren Vater nach nur vier Monaten. Ab jetzt meidet sie Drogen und schafft in dieser Zeit auch ihr Fachabitur, weil ihre Eltern sie unterstützen.
Aber: Der Kontakt hält nicht. Sie zieht endgültig aus und findet einen neuen Partner, mit dem sie im Alter von 24 Jahren noch einen zweiten Sohn bekommt. Als der in den Kindergarten kommt, startet sie eine Ausbildung zur Industrie-Kauffrau. Der Lebenspartner zahlt die Miete – denkt sie.
Eines Tages aber legt er alle Mahnungen auf den Tisch – und verschwindet. Nicki bleibt mit Schulden und einer Räumungsklage zurück, ohne abgeschlossene Ausbildung, mit zwei Kindern. Denen muss sie eines Tages erklären, dass sie nicht mehr bei ihr bleiben können. Der jüngere, der heute 14 Jahre alt ist, lebt in einer Wohngruppe in Köln. Der ältere Sohn, heute 18 Jahre alt, lebt beim Vater in Bonn und macht demnächst Abitur.
„Mittlerweile habe ich zu beiden
wieder Kontakt. Zu dem Jüngeren ein enges Verhältnis“, erzählt Nicole mit einem Strahlen im Gesicht. Ihr Weg führte damals zunächst auf die Straße, in eine Gruppe junger Bettler, die alle mit Hund unterwegs sind. Nickis bester, vierbeiniger Freund ist damals ein Schäferhundmix, Snoopy. Mit der Gruppe übernachtet sie unter einem Pavillon
am Museum Ehrenhof. Sogar in einer selbstgebauten Hütte im Wald hat sie gelebt. Medien berichtete über die jungen Obdachlosen, die Stadt Düsseldorf reagierte schließlich.
„Heute bin ich einem Wohnhaus aus den 50er Jahren untergebracht, das nicht mehr vermietet werden kann. Zusammen mit fünf Mitbewohnern. Ich habe ein großes Zimmer mit Terrassenzugang. Wir teilen Küche und Bad, und zahlen dafür alle zusammen eine Nutzungsgebühr.“Ihr Leben sei jetzt viel leichter und sicherer geworden.
Nicki war zuvor auf Markus Rübsam getroffen, einen Mann, der seit 2016 ehrenamtlich den Gute-NachtBus durch Düsseldorf steuert. Er wurde bei einer seiner abendlichen Essensausgaben auf sie aufmerksam. „Ich hätte einen Job für Dich“, sagte er zu der Frau, die eine fast abgeschlossener Ausbildung vorweisen konnte. Den Kreislauf: Kein Job – keine Wohnung, keine Wohnung – kein Job, wollte er durch sein Angebot unterbrechen. „Ich wurde von vielen belächelt, wollte ihr aber eine Chance geben.“Auch wenn der Abschluss nicht mehr nachgeholt werden kann, überzeugen beide beim gemeinsamen Gespräch. „Sie wird es schaffen“, sagt der Chef. Für Nicole G. hat sich der Job als große Chance, als Ausstieg aus einer schlechten Lebensphase gelohnt. Sie fährt jetzt täglich fast eine Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln an ihren Arbeitsplatz. Inzwischen betreut sie drei Hunde und „Nixxon“darf sogar jeden Tag mit nach Hilden.
Wenn sie zwei Wünsche frei hätte, dann wären das später einmal eine eigene Wohnung und ein eigenes Fahrzeug. Auf die Frage, was sie in ihrem vergangenen Leben wirklich bereut hat, antwortet die so sympathische Frau ganz ungeschminkt: „Ich war so blauäugig, den falschen Partnern zu vertrauen.“