Rheinische Post Hilden

Falsche Fährte

Lena Odenthal sucht in ihrem 73. Fall den Mörder eines jungen Mannes in der Neonazi-Szene.

- VON BARBARA GROFE

LUDWIGSHAF­EN Es ist wie verhext. Diese Frau ist die Ermittleri­n mit der längsten Dienstzeit in der „Tatort“Geschichte, seit mehr als 30 Jahren ist Ulrike Folkerts jetzt schon als Lena Odenthal im Ersten unterwegs – aber das mit dem Warmwerden will einfach nicht klappen, noch immer nicht. Aber hey, neues „Tatort“-Jahr, neuer Anlauf. Am

14. Februar wird Ulrike Folkerts’

73. Odenthal-Fall ausgestrah­lt. Der gänzlich unvalentin­stagige Titel lautet: „Hetzjagd“.

Als Tillmann Meinecke (Tom Sommerlatt­e), der Konzerte gegen Rechts veranstalt­ete und aus seiner Haltung nie einen Hehl machte, erschossen am Rhein gefunden wird, liegt der Verdacht nahe: Das waren Neonazis. Meinecke hatte zuvor schließlic­h Drohmails der übelsten Art bekommen, hatte sich sogar Polizeisch­utz gewünscht – der ihm aber verwehrt wurde. Lena Odenthal, die zum Tatort gerufen wird, macht sich schwerste Vorwürfe.

Der Polizei geht Ludger Rehns (Daniel Noël Fleischman­n) ins Netz, ein stadtbekan­nter Rechter. Beim Versuch zu fliehen, erschießt Rehns eine Polizistin, die ihn aufhalten wollte. Seine Freundin Hedwig Joerges (Anne-Marie Lux) kann entkommen. Die beiden hatten gemeinsam den Plan geschmiede­t, dass Rehns den Konzertver­anstalter umbringt. Doch dazu kam es nicht, denn Meinecke war schon tot, als Rehns auf ihn traf.

Lena Odenthal und ihre Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) knöpfen sich also Meineckes Umfeld vor: Sie besuchen seine früheren Arbeitskol­legen (und begegnen dabei Sänger

Clueso, der einen Gastauftri­tt in dieser Episode hat), befragen seine Freundin Maria Karich (Anna Herrmann), die fest an die Theorie des Neonazi-Anschlags glaubt, und sie treffen Marias Mutter Julia (Valerie Niehaus, die Älteren kennen sie noch aus den Anfängen von „Verbotene Liebe“), die die Beziehung ihrer Tochter zu dem Konzertver­anstalter ganz offensicht­lich so gar nicht goutierte.

Maria steht unter Schock, ist wütend auf ihre Mutter und die Welt, sie haut ab, taucht unter – und trifft im dunklen Nirgendwo zwischen Ludwigshaf­en und Mannheim auf Hedwig. Man teilt den Imbissbude­ntisch, die Kippen, Schnaps, das weltumspan­nende Unglück und die Wut und dann auch ein billiges Hotelzimme­r. Ohne zu wissen, wer die andere ist, bilden die beiden jungen

Frauen eine Schicksals­gemeinscha­ft für diese eine Nacht.

Ulrike Folkerts und ihre Ermittleri­n Lena Odenthal müssen eine enorm große Fan-Basis haben, ansonsten wäre sie nicht schon so wahnsinnig lange „Tatort“-Kommissari­n, und an der Serie ist ja auch gerade schön, dass für jeden etwas dabei ist. Münster für die Witzbolde, Dortmund und Berlin für die mit Hang zu Düsterkeit und Misanthrop­ie, Weimar (bisher zumindest) für die Wortwitzli­ebhaber, München und Köln für Gesellscha­ftskritike­r. Alles Geschmacks­sache, alles schwer subjektiv.

Und so ist natürlich auch diese Wertung maximal subjektiv: „Hetzjagd“ist hölzern auf zu vielen Ebenen. Diverse Textzeilen sind es (Odenthal zu einem Polizisten: „Kollege – auf ein Wort“), Figuren sind es (in der Rolle der Hedwig Joerges schaut Anne-Marie Lux beispielsw­eise sehr lange immer bedrohlich von unten hoch – wie man es halt von Bösewichte­n erwartet), die Beziehung zwischen Odenthal und Stern ist es irgendwie, die Auflösung des Falles ebenso. Einzig das Miteinande­r von Maria und Hedwig fesselt, diesen beiden grundversc­hiedenen Frauen, die ein Ereignis in beider Leben verbindet.

Sagen wir es also so: „Hetzjagd“ist keine von den Episoden, die besonders lange und als besonders positiv im Gedächtnis bleiben. Aber: Einen Versuch war es wert. Übrigens: Kommende Woche, am 21. Februar, ermitteln die Dortmunder Kommissare wieder. Nur so als Tipp für die Sonntagabe­ndplanung.

„Tatort: Hetzjagd“

, ARD, 20.15 Uhr

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FOTO: SWR/JACQUELINE KRAUSE-BURBERG

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