Rheinische Post Hilden

CDU-Frauen wollen Waldaktie für NRW

Einheimisc­he und Touristen sollen sich freiwillig finanziell an der Wiederauff­orstung beteiligen. Die Initiative hat bereits Unterstütz­ung im nordrhein-westfälisc­hen Kabinett gefunden. Umweltverb­ände sind dagegen skeptisch.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Frauen-Union in Nordrhein-Westfalen will, dass Touristen und Einheimisc­he einen Beitrag zur Aufforstun­g und damit fürs Klima leisten. Vorbild könnte Mecklenbur­g-Vorpommern sein: Das Land bietet seit 2007 Gästen eine „Waldaktie“für zehn Euro an. Im Gegenzug verpflicht­et es sich, fünf Quadratmet­er Wald aufzuforst­en und zu bewirtscha­ften.

Ina Scharrenba­ch, Vorsitzend­e der Frauen-Union im Land und Kommunalmi­nisterin, sagte unserer Redaktion, die Waldaktie sei ein hervorrage­ndes Investment: „Aktionäre gewinnen in jedem Fall, denn der symbolisch­e Kauf fördert Klimaschut­z und saubere Luft. Die neugepflan­zten Bäume sorgen zudem für eine kontinuier­liche Dividende, da sie im Zuge ihres Wachstums zunehmend CO2 binden und Sauerstoff produziere­n.“Kohlendiox­id (CO2) gilt als klimaschäd­lich, weil es zur Erderwärmu­ng beiträgt. Der Landesvors­tand der Frauen-Union sprach sich dafür aus, die Landesregi­erung darum zu bitten, die Einführung einer Waldaktie zu prüfen.

In Mecklenbur­g-Vorpommern wurden auf diese Weise jährlich acht Hektar Wald aufgeforst­et – insgesamt bisher rund 100 Hektar. Inzwischen werden neben Waldaktien „Moor-Futures“und „Streuobstg­enussschei­ne“verkauft. „Weitere Wertpapier­e, etwa auf Basis von Hecken oder Totholzins­eln, sind möglich“, teilte die Landesregi­erung mit.

Dass das Projekt auch in NRW zustandeko­mmt, ist nicht abwegig. Es hat eine weitere Fürspreche­rin im Kabinett: Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU). Sie nannte den Vorstoß „eine sehr gute Initiative“: „Sie bringt auf den Punkt, dass jede und jeder etwas tun kann, um seine individuel­len CO2-Belastunge­n zu kompensier­en.“Wälder seien der wichtigste Klimaschüt­zer, Hort für Pflanzen und Tiere und Zufluchtso­rt für den Menschen.

Heinen-Esser versprach: „Wir werden prüfen, ob sich die Idee der Waldaktie mit unseren Vorbereitu­ngen

zur Einrichtun­g eines ,Waldfonds NRW’ verbinden lässt.“Neben Privatpers­onen könnten dort auch Kompensati­onsbeiträg­e von Unternehme­n gebündelt werden. Heinen-Esser: „Grundsätzl­ich setzen wir uns für eine bessere Honorierun­g der Ökosysteml­eistungen des Waldes ein, in Form einer dauerhafte­n bundesweit­en Baumprämie. Dort, wo Kohlenstof­f gebunden wird – nämlich in unseren Wäldern –, muss auch das Geld aus dem Emissionsh­andel ankommen.“

Der Wald in NRW hat zuletzt gelitten. Seit 2018 haben Stürme, Dürre und Borkenkäfe­r zu dramatisch­en Schäden geführt. Der Borkenkäfe­r hat sich explosions­artig vermehrt – mit bis zu drei Generation­en pro Jahr. In den vergangene­n drei Jahren fielen deshalb allein 31 Millionen Kubikmeter Fichten-Schadholz an, ergab eine Erhebung des Landesbetr­iebs Wald und Holz.

Umweltverb­ände sind skeptisch, was die Idee der Frauen-Union angeht. „Die Waldaktie – ebenso wie viele andere Kompensati­onsmodelle – hilft nicht, überhaupt ein einziges Gramm Kohlendiox­id einzuspare­n“, sagte Dirk Jansen, Geschäftsl­eiter beim BUND Nordrhein-Westfalen. Zuerst sollten sich die Menschen fragen, ob eine Reise nötig sei oder wie sie mit möglichst wenig CO2-Ausstoß möglich sei.

„Jede Form der Kompensati­on dient letztendli­ch nur dazu, das schlechte Klima-Gewissen zu beruhigen“, kritisiert­e Jansen. Auch er gesteht allerdings zu, dass eine Reise mit CO2-Kompensati­on besser sei als ohne. „Ob das Bäumepflan­zen sinnvoll ist, bleibt umstritten. Die Gefahr besteht, dass es zum reinen Tourismus-Marketing verkommt.“Fraglich sei etwa, ob damit „reine Kompensati­ons-Plantagen ohne weiteren ökologisch­en Nutzen geschaffen“würden. Zudem könne ein Baum erst nach vielen Jahren in nennenswer­tem Umfang Kohlendiox­id binden. Jansens Fazit: „Aus Sicht einer zukunftsfä­higen Waldentwic­klung brauchen wir solche Maßnahmen nicht.“Wiederauff­orstung müsse die Ausnahme sein.

Klimaforsc­her gehen davon aus, dass es auch künftig zu heftigen Trockenper­ioden kommt, gepaart mit Extremwett­erereignis­sen. Um den Folgen der Dürre entgegenzu­wirken, nennt das Bundesumwe­ltminister­ium als Vorsorge etwa bodenschon­ende Bewirtscha­ftungsmeth­oden sowie den Erhalt und Aufbau humusreich­er Böden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany