CDU-Frauen wollen Waldaktie für NRW
Einheimische und Touristen sollen sich freiwillig finanziell an der Wiederaufforstung beteiligen. Die Initiative hat bereits Unterstützung im nordrhein-westfälischen Kabinett gefunden. Umweltverbände sind dagegen skeptisch.
DÜSSELDORF Die Frauen-Union in Nordrhein-Westfalen will, dass Touristen und Einheimische einen Beitrag zur Aufforstung und damit fürs Klima leisten. Vorbild könnte Mecklenburg-Vorpommern sein: Das Land bietet seit 2007 Gästen eine „Waldaktie“für zehn Euro an. Im Gegenzug verpflichtet es sich, fünf Quadratmeter Wald aufzuforsten und zu bewirtschaften.
Ina Scharrenbach, Vorsitzende der Frauen-Union im Land und Kommunalministerin, sagte unserer Redaktion, die Waldaktie sei ein hervorragendes Investment: „Aktionäre gewinnen in jedem Fall, denn der symbolische Kauf fördert Klimaschutz und saubere Luft. Die neugepflanzten Bäume sorgen zudem für eine kontinuierliche Dividende, da sie im Zuge ihres Wachstums zunehmend CO2 binden und Sauerstoff produzieren.“Kohlendioxid (CO2) gilt als klimaschädlich, weil es zur Erderwärmung beiträgt. Der Landesvorstand der Frauen-Union sprach sich dafür aus, die Landesregierung darum zu bitten, die Einführung einer Waldaktie zu prüfen.
In Mecklenburg-Vorpommern wurden auf diese Weise jährlich acht Hektar Wald aufgeforstet – insgesamt bisher rund 100 Hektar. Inzwischen werden neben Waldaktien „Moor-Futures“und „Streuobstgenussscheine“verkauft. „Weitere Wertpapiere, etwa auf Basis von Hecken oder Totholzinseln, sind möglich“, teilte die Landesregierung mit.
Dass das Projekt auch in NRW zustandekommt, ist nicht abwegig. Es hat eine weitere Fürsprecherin im Kabinett: Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Sie nannte den Vorstoß „eine sehr gute Initiative“: „Sie bringt auf den Punkt, dass jede und jeder etwas tun kann, um seine individuellen CO2-Belastungen zu kompensieren.“Wälder seien der wichtigste Klimaschützer, Hort für Pflanzen und Tiere und Zufluchtsort für den Menschen.
Heinen-Esser versprach: „Wir werden prüfen, ob sich die Idee der Waldaktie mit unseren Vorbereitungen
zur Einrichtung eines ,Waldfonds NRW’ verbinden lässt.“Neben Privatpersonen könnten dort auch Kompensationsbeiträge von Unternehmen gebündelt werden. Heinen-Esser: „Grundsätzlich setzen wir uns für eine bessere Honorierung der Ökosystemleistungen des Waldes ein, in Form einer dauerhaften bundesweiten Baumprämie. Dort, wo Kohlenstoff gebunden wird – nämlich in unseren Wäldern –, muss auch das Geld aus dem Emissionshandel ankommen.“
Der Wald in NRW hat zuletzt gelitten. Seit 2018 haben Stürme, Dürre und Borkenkäfer zu dramatischen Schäden geführt. Der Borkenkäfer hat sich explosionsartig vermehrt – mit bis zu drei Generationen pro Jahr. In den vergangenen drei Jahren fielen deshalb allein 31 Millionen Kubikmeter Fichten-Schadholz an, ergab eine Erhebung des Landesbetriebs Wald und Holz.
Umweltverbände sind skeptisch, was die Idee der Frauen-Union angeht. „Die Waldaktie – ebenso wie viele andere Kompensationsmodelle – hilft nicht, überhaupt ein einziges Gramm Kohlendioxid einzusparen“, sagte Dirk Jansen, Geschäftsleiter beim BUND Nordrhein-Westfalen. Zuerst sollten sich die Menschen fragen, ob eine Reise nötig sei oder wie sie mit möglichst wenig CO2-Ausstoß möglich sei.
„Jede Form der Kompensation dient letztendlich nur dazu, das schlechte Klima-Gewissen zu beruhigen“, kritisierte Jansen. Auch er gesteht allerdings zu, dass eine Reise mit CO2-Kompensation besser sei als ohne. „Ob das Bäumepflanzen sinnvoll ist, bleibt umstritten. Die Gefahr besteht, dass es zum reinen Tourismus-Marketing verkommt.“Fraglich sei etwa, ob damit „reine Kompensations-Plantagen ohne weiteren ökologischen Nutzen geschaffen“würden. Zudem könne ein Baum erst nach vielen Jahren in nennenswertem Umfang Kohlendioxid binden. Jansens Fazit: „Aus Sicht einer zukunftsfähigen Waldentwicklung brauchen wir solche Maßnahmen nicht.“Wiederaufforstung müsse die Ausnahme sein.
Klimaforscher gehen davon aus, dass es auch künftig zu heftigen Trockenperioden kommt, gepaart mit Extremwetterereignissen. Um den Folgen der Dürre entgegenzuwirken, nennt das Bundesumweltministerium als Vorsorge etwa bodenschonende Bewirtschaftungsmethoden sowie den Erhalt und Aufbau humusreicher Böden.