Kopf hoch bis nach dem Lockdown
Selbst Karnevalsverweigerer könnten jetzt vermissen, was sie in früheren Jahren massiv genervt hat: Der geballte rheinische Frohsinn – auf allen Straßen, in vielen Sendungen, an jeder Ecke – fällt aus. Das werden die Insichgekehrten noch verschmerzen. Was aber allgemein fehlt, ist ein bisschen Abwechslung, das Loslassen vom tristen Alltag, das Weglachen der allzu ernsten Lage. Jetzt wird manchem klar, dass Jecksein mehr sein kann als organisierte Ruhestörung und verordneter Alkoholgenuss.
Brauchtum ist im Rheinland Herzenssache – für viele, nicht für alle. Aber natürlich feiern Rosenmontag einige Millionen begeisterte Zuschauer am Straßenrand oder vorm Fernseher mit: weil Spaß an der Freud stärkend wirkt und Mut macht. Psychologen vermelden nach fast einem Jahr in der Pandemie eine zunehmend depressive Grundstimmung. Aus diesem Tief hilft der Karneval diesmal nicht heraus, wenn sich auch viele Vereine mühen, positive Signale auszusenden. Die virtuellen Angebote können aber kaum ersetzen, wonach sich die Menschen sehnen: mit Gleichgesinnten in eine andere Welt einzutauchen.
Die Wege zum Glücklichsein sind unterschiedlich. Dazu reist die eine in ferne Länder, sucht der andere die Nähe der Theke nebenan. Vonnöten ist eine Perspektive: Wann wird es endlich wieder besser? Ach, gäbe es doch nur, wie jetzt für die Friseure, ein konkretes Datum! Unter rheinischen Brauchtumsfreunden kursieren derzeit Ankündigungen, die Mut machen sollen: Vielleicht schunkeln die einen oder anderen wenigstens virtuell. Aber versprochen, das nächste gemeinsame Bier trinken wir am Tag nach dem Lockdown! Bis dahin gilt das trotzige Motto: Kopf hoch! Jammern hilft nicht. Auch wenn Rosenmontag einstweilen nur jeder für sich einen trinkt: dann eben einen auf bessere Zeiten. In diesem Sinne: Helau!
BERICHT ZÜGE ROLLEN VIRTUELL (...), NORDRHEIN-WESTFALEN