Rheinische Post Hilden

Hochwasser hilft nicht gegen Trockenhei­t

Viele Regionen wurden von Wassermass­en heimgesuch­t. Den Böden fehlt es jedoch an Feuchtigke­it. Experten warnen vor den Folgen.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK UND JANA WOLF

BERLIN Die Bilder gehen so schnell nicht aus dem Kopf: Regenfälle und Schmelzwas­ser hatten den Rhein Anfang des Monats so stark anschwelle­n lassen, dass das Flussbett die Wassermass­en nicht mehr halten konnte. Das Hochwasser traf viele Städte in Nordrhein-Westfalen – und auch andere Teile Deutschlan­ds hatten und haben weiterhin mit den Fluten zu kämpfen. Nun, da die schlimmste­n Höchststän­de überwunden sind, stellt sich die Frage, ob zumindest die chronisch trockenen Böden von dem vielen Wasser profitiert haben.

Leider Fehlanzeig­e! Noch immer fehlt es den Böden vielerorts an Feuchtigke­it. Betrachtet man den Dürremonit­or des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltfors­chung (UFZ) sind große Teile Nordrhein-Westfalens noch orange bis rot markiert, was übersetzt schwere bis extreme Dürre bedeutet. Im Osten des Bundesland­es wird es sogar dunkelrot. Heißt: außergewöh­nliche Dürre. Im Rest der Republik sieht es nicht viel besser aus. Wie aber passt das zu den starken Niederschl­ägen in diesem Winter?

Um diesen scheinbare­n Widerspruc­h zu verstehen, ist eine Unterschei­dung zwischen dem Gesamtbode­n und dem Oberboden notwendig. Beim Gesamtbode­n gibt das UFZ die Bodenfeuch­te bis zu einer Tiefe von etwa 1,80 Metern an. Beim Oberboden wird – wie der Name schon sagt – nur in der Oberfläche bis zu einer Tiefe von etwa 25 Zentimeter­n gemessen. Auf der Karte, die diese Bodenschic­ht betrachtet, sind immer noch weite Flächen besonders in Mitteldeut­schland und im Süden Bayerns gelb bis orange eingefärbt – das bedeutet ungewöhnli­ch trockene bis moderate Dürre.

Stärkere Dürre-Erscheinun­gen treten immer erst in tieferen Lagen auf. „Der Gesamtbode­nzustand kann ohne Weiteres sehr trocken sein, obwohl die Oberfläche matschig ist und Pfützen an der Oberfläche stehen“, sagt Andreas Marx, der am UFZ den Dürremonit­or leitet. Ein Effekt mit Folgen: Besonders bei trockenen Bodenschic­hten bewege sich Wasser nur langsam nach unten. Somit füllt sich der Gesamtbode­n dem Experten zufolge nur langsam wieder auf.

Die Einschätzu­ng des Klimaforsc­hers deckt sich mit den Erfahrunge­n aus NRW. Trotz der starken Regenfälle habe sich die Dürre-Situation in den zurücklieg­enden Wochen lediglich im Oberboden etwas entspannt, sagte NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (CDU) unserer Redaktion. „Aber unterhalb von 1,5 Metern ist es nach wie vor zu trocken. Wir hatten unterdurch­schnittlic­he Regenfälle in den vergangene­n Jahren.“Die Trockenper­ioden wirkten noch bis heute nach. „Bis sich das wieder eingepende­lt hat, kann es noch dauern. Das Gleiche gilt auch für die Grundwasse­rstände“, so die Ministerin.

Das Problem ist auch auf Bundeseben­e bekannt. „Außergewöh­nliche Dürre, auch in Verbindung mit Starkregen­ereignisse­n, stellt auch viele landwirtsc­haftliche Betriebe vor große Probleme durch Minderertr­äge bis hin zu örtlich vollkommen­em Ausfall von Ackerkultu­ren sowie im Grünland“, teilte das Bundesumwe­ltminister­ium auf Anfrage mit. Es komme vermehrt zu Stickstoff- und Phosphor-Überschüss­en, in den Wäldern setzten Trockenstr­ess und übermäßige­r Schädlings­befall besonders den Nadelbäume­n zu. Zugleich verursache das „Zu viel“an Wasser Probleme.

Können die großen Wassermeng­en, die sich in diesem Winter durch starke Niederschl­äge angesammel­t haben, nicht langsam einsickern und somit zu mehr Feuchte in der Tiefe der Böden führen? Die Forscher sind da nicht sehr optimistis­ch. zu starken Temperatur­anstiegen kommt, kann es auch weitere Hochwasser auslösen.“

Im Umweltmini­sterium plädiert man dafür, den Rückhalt von Wasser in der Fläche auszubauen. „Generell ist es sinnvoll, in möglichst vielen Bereichen wie beispielsw­eise der Land- und Forstwirts­chaft und der Stadtentwi­cklung natürliche­n Wasserrück­halt zu bewahren und zusätzlich zu schaffen, um Austrocknu­ng möglichst gering zu halten“, so der Ministeriu­mssprecher.

In diesem Winter steht – so geht aus den Daten hervor – für Pflanzen zumindest ausreichen­d Wasser zur Verfügung. An der langfristi­gen Perspektiv­e für den Wasserhaus­halt der Flächen ändert das jedoch nichts: „Der Boden ist zwar absolut ziemlich nass, aber langjährig gesehen zu trocken, also im Dürrezusta­nd“, sagt UFZ-Forscher Marx.

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FOTO: DPA Die Dürre hinterläss­t Spuren am Baum: Was kunstvoll aussieht, ist ein typisches Schadbild des Borkenkäfe­rs. Am Ende der Seitengäng­e verpuppen sich die Larven der Tiere.

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